„Ehrenamtliche Richter – eine bedeutende Säule in der Arbeits- und Sozialgerichtsbarkeit“
Wir beantworten Ihre Fragen:
Wie werde ich ehrenamtlicher Richter?
Wenn Sie Interesse an der Ausübung dieses Amtes in der Arbeits- oder Sozialgerichtsbarkeit haben, wenden Sie sich an die örtliche Verwaltungsstelle Ihrer Gewerkschaft. Nur Ihre Gewerkschaft kann Sie vorschlagen.
Muss ich eine Prüfung ablegen, wenn ich vorgeschlagen werde?
Nein!
Gibt es in allen Instanzen der Arbeits- und Sozialgerichtsbarkeit ehrenamtliche Richter?
Ja! Beim Sozialgericht, Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht ist die Spruchkammer mit einem Berufsrichter und zwei ehrenamtlichen Richtern (je einer von Arbeitnehmer- und Arbeitgeberseite) besetzt. Bei den Landessozialgerichten, dem Bundessozial- sowie dem Bundesarbeitsgericht urteilen aber drei Berufsrichter mit insgesamt zwei Ehrenamtlichen.
Darf ich während der Verhandlung Fragen an die Parteien oder Zeugen stellen?
Ja! Ein ehrenamtlicher Richter ist gleichberechtigtes Mitglied des Gerichtes und hat deshalb einen Anspruch darauf, dass alle seine Fragen beantwortet werden. Da aber der Berufsrichter die Verhandlung führt, sollte zunächst dessen Zustimmung eingeholt werden (kurze Frage oder Blickkontakt).
Sind alle Fragen erlaubt?
Grundsätzlich ja. Da aber insbesondere das Arbeitsgerichtsverfahren sehr formal ist und der Verhandlungsablauf vom Vortrag der Parteien abhängt, sind Fragen zur Ausforschung des Sachverhaltes unzulässig. Aber keine Sorge: Der Berufsrichter wird Sie bei einer unzulässigen Frage rechtzeitig freundlich unterbrechen.
Wie erfahre ich vor der Verhandlung, worum es in dem Verfahren überhaupt geht?
Vor jeder Verhandlung findet eine Vorbesprechung mit dem Berufsrichter statt. Wie lange diese dauert, bestimmen Sie! Die Verhandlung darf nämlich erst dann beginnen, wenn Sie sich umfassend informiert fühlen. Dabei dürfen Sie auch die Prozessakte einsehen. Wenn Sie vor dem Verhandlungstag Einsicht in die Akte oder die wesentlichen Schriftsätze nehmen wollen, müssen Sie dies mit Ihrem Gericht oder dem Ausschuss der ehrenamtlichen Richter besprechen.
Ab der Berufungsinstanz werden die wesentlichen Schriftsätze/Aktenauszüge immer übersandt.
Darf ich als ehrenamtlicher Richter auch mitentscheiden?
Ja, ein ehrenamtlicher Richter hat gleichberechtigte Entscheidungsbefugnis. In Kammern mit nur einem Berufsrichter können also die beiden ehrenamtlichen Richter von Arbeitnehmer- und –geberseite den Berufsrichter überstimmen.
Muss ich lückenlose Rechtskenntnisse haben?
Gute Rechtskenntnisse schaden natürlich nicht; lückenloses Wissen kann aber selbstverständlich nicht erwartet werden. Als ehrenamtlicher Richter sollen Sie Ihre Lebenserfahrung aus Betrieb oder Verwaltung mit in die Entscheidungsfindung einbringen, zum Beispiel bei der Bewertung des zu beurteilenden Sachverhaltes oder bei der Frage der Glaubwürdigkeit von Zeugen. Dazu sind Rechtskenntnisse zwar notwendig, die umfassenden Kenntnisse steuert aber der Berufsrichter zur Entscheidung bei. Sie müssen beurteilen, ob der Sachverhalt des jeweiligen Falles zu dem Rechtssatz oder Gesetz auch wirklich passt.
Wer schult mich als ehrenamtlicher Richter?
Nahezu überall in Deutschland organisiert der DGB zusammen mit der DGB Rechtsschutz GmbH örtliche Schulungen für ehrenamtliche Richter. Regelmäßig finden darüber hinaus auch bundesweite Weiterbildungen statt. Erkundigen Sie sich bei Ihrer Gewerkschaft. Über bundesweite Fortbildungen informieren wir auf dieser Homepage.
Schulungsveranstaltungen von Gerichten sind uns leider nicht bekannt.
Was mache ich, wenn ich zu einem geladenen Termin verhindert bin?
Wenn Sie wegen Urlaub oder Krankheit daran gehindert sind, einer Einladung des Gerichts zu folgen, sollten Sie dieses umgehend der Geschäftsstelle des Gerichts mitteilen, damit ein Ersatzrichter*in geladen werden kann.
Wie oft werde ich zu Sitzungen geladen?
Das ist von Gericht zu Gericht verschieden. Im Schnitt müssen Sie mit vier Ladungen pro Jahr rechnen.
Wer legt fest, wie oft ich zu Sitzungen gerufen werde?
Das Gericht führt eine Liste mit den Namen aller ehrenamtlichen Richter. Nach dieser Reihenfolge muss streng vorgegangen werden (§ 31 Absatz 1 Arbeitsgerichtsgesetz –ArbGG).
Daneben gibt es eine Liste mit schnell erreichbaren Richtern, falls der eigentlich geladene Richter plötzlich und unvorhergesehen verhindert ist (§ 31 Absatz 2 ArbGG)
Bin ich befangen, wenn ich eine der Parteien persönlich kenne?
Nicht jede Kenntnis einer Partei führt zur Befangenheit. Entscheidend ist, ob bei einer Partei bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Zweifel an einer Unvoreingenommenheit eines Richters entstehen können. Haben Sie daran Bedenken oder könnte der Eindruck einer Befangenheit entstehen, sollten Sie dies umgehend noch vor Verhandlungsbeginn dem Vorsitzenden mitteilen. Es wird dann gemeinsam entschieden, ob ein Ersatzrichter gerufen werden muss.
Muss mich mein Arbeitgeber freistellen, wenn ich als ehrenamtlicher Richter geladen werde und was ist mit meinem Verdienstausfall?
Ja, Sie haben einen Freistellungsanspruch.
Das Justizvergütungs- und –entschädigungsgesetz regelt die Entschädigung die zur Zeit wie folgt aussieht:
- Entschädigung für Zeitversäumnis: 6.- € pro Stunde
- Verdienstausfall: bis 24,- € pro Stunde
- Fahrtkosten: 0,30 € pro Kilometer bei Benutzung eines eigenen Autos
- notwendige Parkgebühren
Welche Voraussetzungen muss ich für das Richteramt mitbringen?
Dies ist zum Beispiel in § 21 ArbGG geregelt:
- Deutsche Staatsangehörigkeit
- Mindestalter 25 Lebensjahre
- Keine Aberkennung des Rechts zur Bekleidung öffentlicher Ämter
- Wohnsitz im zuständigen Gerichtsbezirk
Wie lange dauert meine Amtszeit als ehrenamtlicher Richter?
Die Berufung erfolgt für die Dauer von fünf Jahren ( § 20 ArbGG und § 13 Sozialgerichtsgesetz -SGG). Danach können Sie aber erneut vorgeschlagen werden.
Kann ich auch als Arbeitsloser ehrenamtlicher Richter werden?
Ja! Dies ist in § 23 Absatz 1 ArbGG und § 16 Absatz 3 SGG geregelt.
Verliere ich mein Amt, wenn ich Rentner werde?
Nein! § 21 Absatz 6 ArbGG regelt, dass Sie die jeweilige Amtsperiode noch beenden können. Sie können aber beantragen, früher von Ihrem Amt entbunden zu werden.
In der Sozialgerichtsbarkeit kann auch derjenige Richter sein, der eine Rente aus eigener Versicherung bezieht (§ 16 Absatz 3 SGG).
Hafte ich für ein Fehlurteil?
Ganz klar: Nein! Das ergibt sich aus dem Gebot der richterlichen Unabhängigkeit.
Wer ist mein Ansprechpartner bei Problemen?
Bei Problemen, die sich aus dem Richteramt ergeben, können Sie den Direktor oder Präsidenten Ihres Gerichts, den Berufsrichter oder die Geschäftsstelle ansprechen.
Bei den meisten Gerichten ist auch ein Ausschuss der ehrenamtlichen Richter gebildet.
Michael Mey - Onlineredakteur und Rechtsschutzsekretär - Hagen