Coronavirus: Was Beschäftigte wissen müssen
In verschiedenen Bundesländern sind in den letzten Tagen Fälle des Coronavirus bekannt geworden. In Italien hat dies dazu geführt, dass das öffentliche Leben an vielen Orten zum Erliegen gekommen ist. Wir erklären, was Beschäftigte beachten müssen, falls es auch in Deutschland soweit kommen sollte.
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In Deutschland treten derzeit nur vereinzelt Fälle des Coronavirus auf. Drastische Maßnahmen wie in China oder in Italien sind bislang nicht erforderlich. Vorsichtshalber klären wir schon mal, was Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beachten müssen.
Darf ich zu Hause bleiben, weil ich befürchte, mich bei der Arbeit anzustecken?
Die Befürchtung vor Ansteckung allein reicht nicht aus, der Arbeit fernbleiben zu können. Beschäftigte dürfen der Arbeit nur fernbleiben, wenn sie tatsächlich arbeitsunfähig sind; ansonsten sind sie zur Arbeit verpflichtet.
Die reine Angst davor, bei der Arbeit oder auf dem Weg dorthin krank zu werden, führt also nicht dazu, dass man nicht zur Arbeit erscheinen muss. Es gehört zum allgemeinen Lebensrisiko, sei es bei der Arbeit oder in der Freizeit, sich zu verletzen oder sich mit einer Krankheit anzustecken.
Darf mein Chef mich auf Dienstreise in ein Ansteckungsgebiet schicken?
Die Arbeitspflicht erstreckt sich grundsätzlich auch auf Dienstreisen. Auch hier reicht eine bloße Befürchtung, man könne sich mit einem Virus infizieren, nicht aus, um die Dienstreise zu verweigern.
Etwas Anderes gilt, wenn eine offizielle Reisewarnung des Auswärtigen Amtes vorliegt. Reisen in solche Gebiete oder Länder muss der Arbeitnehmer nicht antreten, da eine entsprechende Weisung unbillig wäre.
Muss mein Arbeitgeber Desinfektionsmittel und Ähnliches zur Verfügung stellen, um die Infektion am Arbeitsplatz zu verhindern?
Grundsätzlich hat der Arbeitgeber dafür zu sorgen, dass Verletzungs- und Erkrankungsrisiken im Betrieb so gering wie möglich sind. Er muss die erforderlichen Maßnahmen ergreifen. Hierzu kann auch das Bereitstellen von Desinfektionsmittel gehören.
Was im Einzelfall erforderlich ist, hängt sehr davon ab, um was für ein Betrieb es sich handelt und welche Infektionsrisiken bestehen. Bei Betrieben mit Kundenkontakt in höherem Maße der Fall als in Betrieben ohne Kundenkontakt.
Noch einmal ein erhöhtes Risiko besteht sicher in Betrieben, in denen man mit Personen aus den Ansteckungsgebieten zu tun hat.
Darf der Arbeitgeber mich nach Hause schicken?
So, wie der Arbeitnehmer grundsätzlich zur Arbeit verpflichtet ist, muss der Arbeitgeber den Arbeitnehmer grundsätzlich beschäftigen. Solange er arbeitsfähig ist, muss und darf er im Betrieb tätig sein. Der Arbeitgeber darf ihn erst nach Hause schicken, wenn er der Meinung ist, dass der Arbeitnehmer nicht arbeitsfähig ist.
Auch eine Zwangsbeurlaubung unter Fortzahlung der Vergütung kommt grundsätzlich nicht in Frage. Urlaub und Überstundenabbau sind nur dann möglich, wenn der Arbeitnehmer dies beantragt, also nicht gegen dessen Willen.
Sofern im Betrieb eine Regelung zum Home-Office besteht, kann der Arbeitgeber im Rahmen der bestehenden Regelungen seine Beschäftigten auch ins Home-Office schicken, damit sie von dort arbeiten. Hier sind die Regelungen des Einzelfalles zu beachten.
Entschließt sich der Arbeitgeber aus freien Stücken, den Betrieb vorübergehend zu schließen, kann er dies natürlich tun. Er muss dann aber das Entgelt weiterzahlen und darf auch nicht auf die Überstundenkonten zurückgreifen.
Kann ich selbst zu Hause bleiben, wenn ich keine Betreuungsmöglichkeit für meine Kinder habe?
Wenn die Behörden Kindertagesstätten aufgrund der Virusgefahr schließen, ist dies für arbeitende Eltern natürlich ein Problem, weil ihre Kinder dann unter Umständen unbeaufsichtigt sind. Dies führt jedoch nicht dazu, dass sie ihrerseits der Arbeit fernbleiben können.
Es liegt insbesondere kein Fall der vorübergehenden Arbeitsverhinderung gemäß § 616 BGB vor. Dieser berechtigt die Beschäftigten nur, aus persönlichen Gründen der Arbeit fern zu bleiben. Eine Kita-Schließung betrifft aber gerade nicht nur den Einzelnen, sondern eine Vielzahl von Menschen.
Ein Anspruch auf Kind-krank besteht schon deswegen nicht, weil das Kind selbst ja nicht erkrankt ist. Natürlich können Beschäftigte versuchen, kurzfristig Urlaub oder Überstunden frei zu nehmen. Eine kurzfristig anfallende Kinderbetreuung ist auf jeden Fall ein Grund, sodass der Arbeitgeber den Urlaub nicht ohne weiteres ablehnen kann. Dem kann aber der Urlaubswunsch anderer Beschäftigter entgegenstehen, deren Kinder ebenfalls ohne Betreuung sind.
Beschäftigten mit Kindern, die aufgrund einer Epidemie keine Betreuung haben, bleibt letztlich nur, die Situation offen mit dem Arbeitgeber anzusprechen und gemeinsam nach einer Lösung zu suchen. In erster Linie ist es aber Sache der Eltern, für die Betreuung zu sorgen.
Darf mein Arbeitgeber mich fragen, woran ich erkrankt bin?
Der Arbeitgeber hat kein Recht darauf zu erfahren, woran ein Arbeitnehmer erkrankt ist. Eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung attestiert nur, dass der Beschäftigte seine Tätigkeit nicht ausüben kann und wie lange dies voraussichtlich dauern wird.
Nur das ist für den Arbeitgeber maßgeblich. Mehr muss er nicht wissen, deswegen darf er auch nicht mehr wissen.
Was ist, wenn die zuständige Behörde den Betrieb dichtmacht?
Eine solche Maßnahme, wie sie in Italien bereits vollkommen ist, ist grundsätzlich auch in Deutschland möglich. Das Arbeitsministerium geht davon aus, dass es sich um einen Fall des Betriebsrisikos handelt.
Die Arbeitnehmer behalten ihren Entgeltanspruch, auch wenn sie nicht arbeiten können. Dies bestätigte ein Sprecher des Bundesarbeitsministeriums auf Anfrage des Redaktionsnetzwerks Deutschland.
Wie sieht es mit meinem Lohnanspruch aus, wenn ich selbst in Quarantäne bin?
Nach dem Infektionsschutzgesetz kann die zuständige Behörde ein Beschäftigungsverbot erlassen, wenn bei einem Beschäftigten der Verdacht besteht, dass er eine ansteckende Krankheit hat oder er einen Krankheitserreger in sich trägt.
Dieses Beschäftigungsverbot führt dazu, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht mehr arbeiten dürfen und damit auch ihren Lohnanspruch verlieren.
Im Gegenzug sieht das Infektionsschutzgesetz eine Entschädigung vor. Diese besteht in Höhe des Ver-dienstausfalls für die Dauer von sechs Wochen, anschließend in Höhe des Krankengeldes.
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DR. TILL BENDER
DGB Rechtsschutz GmbH
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