Postunternehmen wollen Sonntagsarbeit durchsetzen

Post und DHL hatten bei der zuständigen Behörde in Düsseldorf beantragt, dass ihre Arbeitnehmer*innen an den beiden kommenden Sonntagen Pakete, Päckchen, Briefe und sonstige Postdienstleistungen austragen bzw. ausfahren dürfen. Die Behörde hatte die Erlaubnis dazu nicht erteilt. Gegen das Verbot der Behörde wandten sich daraufhin Post und DHL mit einem Eilantrag an das VG Düsseldorf. Sie verlangten die Sonntagsbeschäftigung mit der Begründung, im Interesse ihrer Kunden müsse möglichst schnell der Rückstand der Postsendungen, der durch den Streik entstanden sei, abgebaut werden. 

Keine Erlaubnis erhalten

Das Verwaltungsgericht Düsseldorf sah dies anders und wies den Antrag ab. Zum einen meinte es, den Postkunden seien die Nachteile bereits durch den am 08.06.2015 begonnenen Streik entstanden. Diese Nachteile könnten im Nachhinein auch durch Sonntagsarbeit nicht mehr verhindert werden. Zum anderen müsste die Allgemeinheit die mit einem Streik verbundenen nachteiligen Folgen grundsätzlich hinnehmen. Gegenüber den Nachteilen für die Postunternehmen überwiege die verfassungsrechtlich geschützte Sonntagsruhe und der Schutz der Arbeitnehmer*innen.

 

Anmerkung der Redaktion: 

Während des Streiks hatten Post und DHL in vielfältiger Weise versucht, die Streikfolgen abzumildern, unter anderem auch durch den Einsatz von Beamten und durch Sonntagsarbeit während des Streiks. Einen weiteren Versuch unternimmt die Post nun mit dem Antrag auf Sonntagsbeschäftigung sogar noch nach Ende des Streiks. Damit ist sie erfreulicherweise vorerst gescheitert. Post/ DHL können allerdings noch Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Münster gegen die Entscheidung des VG Düsseldorf einlegen. 

Sonn-und Feiertagsruhe verfassungsrechtlich geschützt

Mit guten Gründen hat das VG den Antrag abgewiesen. Sonn- und Feiertagsruhe sind ein hohes schützenswertes Gut. Deshalb dürfen Arbeitnehmer*innen an Sonn-und Feiertagen grundsätzlich nicht beschäftigt werden (§ 9 Arbeitszeitgesetz). Der Sonn- und Feiertagsschutz ist durch das Grundgesetz (Art.140 GG, Art. 139 Weimarer Reichsverfassung) gewährleistet und folgt aus einer christlich-religiösen Tradition. Die Normen des Grundgesetzes schützen aber nicht nur die Religionsfreiheit; die Arbeitsruhe dient auch dem Arbeitnehmerschutz. Arbeitnehmer*innen sollen sich zum einen regelmäßig physisch und psychisch am Ende der Arbeitswoche erholen können. Die Festlegung der Ruhe auf Sonn- und Feiertage soll zum anderen ermöglichen, dass vielgestaltiges soziales Leben außerhalb der beruflichen Arbeit gemeinsam mit anderen Menschen stattfinden kann. Nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts soll die Sonn-und Feiertagsgarantie auch vor einer weitgehenden Ökonomisierung des Menschen schützen und dazu dienen, dem ökonomischen Nutzendenken eine Grenze zu ziehen. Deshalb ist der Sonn-und Feiertagsschutz ein Wert von Verfassungsrang. Das Verbot von Sonn-und Feiertagsarbeit ist deshalb die Regel; sie kann nur ausnahmsweise erlaubt werden.

Nachteile durch Streik hinnehmen

Zu Recht hat das Verwaltungsgericht deshalb keinen sachlichen Grund für eine Ausnahme zum verfassungsrechtlich geschützten Sonntagsverbot gesehen. Würden allein streikbedingte Nachteile für Unternehmen und Allgemeinheit eine Ausnahmegenehmigung sachlich rechtfertigen, würde außerdem in unzulässiger Weise in die Tarifautonomie zu Gunsten eines am Arbeitskampf Beteiligten eingegriffen. Einschränkungen des Arbeitskampfes sind nur zur Sicherstellung einer unaufschiebbaren Versorgung etwa im Krankenhaus gerechtfertigt. Dies erfolgt während eines Arbeitskampfes durch Notstandsarbeiten. Es ist nicht bekannt, dass die Post sich während des Arbeitskampfes darauf berufen hätte, sie müsse für die Daseinsvorsorge existentiell wichtige Zustellungen vornehmen. Nach ihren Verlautbarungen während des Streiks ist außerdem davon auszugehen, dass Express-Sendungen ohnehin vorrangig zugestellt wurden. Allein das Interesse, dass liegen gebliebene Postsendungen nach Ende der Streikmaßnahme zügiger bearbeitet werden, ist aber kein ausreichender Grund, um Sonntagsarbeit zu erlauben. 

Lesen Sie hier die Pressemitteilung des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 09.07.2015
Das Grundsatzurteil des Bundesverfassungsgerichts zur Sonntagsarbeit (BVerfG 1.12.2009, 1 BvR 2857/07) können Sie hier nachlesen