Der Ausbildungsbetrieb warf seinem 19-jährigen Azubi im Berufsbild Glas- und Gebäudereiniger schwere Verstöße gegen den Ausbildungsvertrag vor und hatte im Oktober 2014 fristlos gekündigt. Der Azubi hatte bereits mehrere Abmahnungen wegen unentschuldigten Fehlens in der Berufsschule und Verstoßes gegen das Rauchverbot erhalten.

Als der Chef erfuhr, dass sein Auszubildender erneut an mehreren Tagen dem Berufsschulunterricht ganz oder stundenweise unentschuldigt ferngeblieben war, erklärte er die fristlose Kündigung des Ausbildungsverhältnisses.

Klage mit Hilfe der DGB Rechtsschutz GmbH

Der Azubi wandte sich an seine Gewerkschaft, die IG BAU, und klagte mit Hilfe des Dortmunder Büros der DGB Rechtsschutz GmbH gegen die Kündigung. Mit Erfolg in der ersten Instanz.

Wenn nicht ganz gravierende Verstöße, wie beispielsweise eine Straftat, vorliegen, könne bei einem Ausbildungsverhältnis regelmäßig erst nach einer ganzen Kette von Pflichtwidrigkeiten, vergeblichen Erziehungsversuchen und Abmahnungen an eine Kündigung gedacht werden, betonte das Arbeitsgericht Dortmund. 

Zwar könne auch unentschuldigtes Fehlen in der Berufsschule grundsätzlich eine Kündigung rechtfertigen. Vorliegend reiche die Kette der vorgeworfenen Verfehlungen jedoch nicht aus, so dass die Kündigung unwirksam war.

Mehrere einschlägige Abmahnungen vor der Kündigung notwendig

Dabei war zugunsten des Azubis zu berücksichtigen, dass eine der vorangegangenen Abmahnungen wegen eines Formfehlers unwirksam und die Abmahnung wegen Verstoßes gegen das Rauchverbot nicht einschlägig war. Da der Auszubildende bei weiteren vorgeworfenen Fehltagen eine bestehende Arbeitsunfähigkeit darlegen konnte und er außerdem kurz vor der Abschlussprüfung stand, reichten dem Gericht die verbliebenen Vorwürfe nicht aus, um darauf eine fristlose Kündigung zu stützen.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, der Ausbildungsbetrieb hat Berufung beim Landesarbeitsgericht Hamm eingelegt.

Anmerkung der Redaktion zur fristlosen Kündigung bei Ausbildungsverhältnissen:

Hier ist es für den Azubi gerade noch einmal gut gegangen, vorausgesetzt es verbleibt nach der Berufungsinstanz bei dem erstinstanzlichen Urteil.

Aber: Die Entscheidung des Arbeitsgerichts Dortmund ist kein Freibrief für Azubis. 

Richtig und in der Rechtsprechung unbestritten ist, dass für Ausbildungsbetriebe die Hürde für die Kündigung von Ausbildungsverhältnissen recht hoch liegt. Das gilt insbesondere bei nahem Ausbildungsende.

Gleichwohl sollte jeder Azubi seine Vertragspflichten ernst nehmen. Bei Klagen gegen Kündigungen ergehen immer Einzelfallentscheidungen, und jeder Arbeitsrichter hat eine eigene Sichtweise.

Hinzu kommt folgendes: Mit einer fristlosen Kündigung wird ein Auszubildender in aller Regel sofort von der Arbeit freigestellt. Er wird dann also auch nicht mehr weiter ausgebildet. Selbst wenn er später nach vielen Monaten vom Arbeitsgericht Recht bekommt, geht es meistens allenfalls noch um die finanzielle Abwicklung. Die berufliche Praxis, die er bis zur Prüfung dringend benötigt, geht dem Auszubildenden verloren. Somit gefährdet auch eine unberechtigte fristlose Kündigung die Berufsausbildung allemal.

Das vollständige Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund (vom 13.01.2015, 2 Ca 4062/14) hier zum Download


Siehe zur Kündigung von Ausbildungsverhältnissen auch unseren Beitrag:


Kündigung von Ausbildungsverhältnissen