Augenmaß und Praxisnähe beim BAG, stellt Michael Mey, Hagen, fest.
Augenmaß und Praxisnähe beim BAG, stellt Michael Mey, Hagen, fest.

„Lass uns das doch auch beschließen!“ wird vielfach die Reaktion der anwesenden Betriebsratsmitglieder sein. Schließlich sitzt man doch ohnehin gerade zusammen. Und für einen einzigen Punkt extra eine neue Sitzung einberufen?

Ganz so einfach ist es nicht, denn der Gesetzgeber verlangt eine rechtzeitige Einladung zur Betriebsratssitzung. Und eben auch die Mitteilung der Tagesordnung.

Aber immerhin hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) in mehreren aktuellen Entscheidungen die Möglichkeit zur Ergänzung oder Änderung der Tagesordnung jetzt erleichtert: Es genügt, dass die anwesenden Betriebsratsmitglieder einstimmig beschließen, auch über den neuen Punkt zu beraten und abzustimmen. Nicht erforderlich ist, dass der vollzählig versammelte Betriebsrat einstimmig sein Einverständnis erklärt. Diese zusätzliche Voraussetzung hat das BAG jetzt aufgegeben.

Anmerkung der Redaktion:


Die Änderung der Rechtsprechung ist zu begrüßen. Das BAG zeigt Praxisnähe.
Zwar ist die Einhaltung von Formvorschriften wichtig. Man darf aber nichts übertreiben. Wenn im Ergebnis unnötige Förmelei herauskommt, ist keinem geholfen. Dem Betriebsrat wird die Arbeit unnötig erschwert, weil wichtige Entscheidungen blockiert werden können, wenn Einstimmigkeit des vollständig versammelten Betriebsrates verlangt wird. Ein einzelnes Betriebsratsmitglied könnte eine Abstimmung unterbinden, wenn es gar nicht erst zur Sitzung kommt und müsste sich dann nicht einmal den Argumenten seiner Kollegen stellen. Eine unnötige zusätzliche Betriebsratssitzung wäre die Folge.
Und dem Schutz eines Betriebsratsmitgliedes, das sich durch Aufnahme eines neuen Tagesordnungspunktes überrumpelt fühlt, wird auch Rechnung getragen. Wenn er sich noch keine abschließende Meinung gebildet hat, kann der einzelne Betriebsrat die Änderung der Tagesordnung ablehnen.

Michael Mey - Hagen

 

Die vollständigen Entscheidungen finden Sie hier:

Bundesarbeitsgericht am 15.4.2014, 1 ABR 2/13 (B)

Bundesarbeitsgericht am 22.1.2014, 7 AS 6/13 (A)

Bundesarbeitsgericht am 9.7.2013, 1 ABR 2/13