Verlangen Auszubildende, die Mitglied der JAV sind, drei Monate vor dem Ende ihrer Ausbildung, dass sie weiterbeschäftigt werden möchten, so wandelt sich das Ausbildungsverhältnis in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis um. Der Arbeitgeber kann sich nur von diesen Auszubildenden trennen, wenn er vom Arbeitsgericht feststellen lässt, dass ihm eine Weiterbeschäftigung unzumutbar wäre. Vertreten Auszubildende die Mitglieder der JVA in dieser Zeit als Ersatzmitglied bei Sitzungen oder im Betriebsrat, so gilt diese Regelung auch für sie.

Mitglieder der JAV sind besonders geschützt

Vor dem Arbeitsgericht Erfurt versuchte der Arbeitgeber eines Auszubildenden, im Wege eines Beschlussverfahrens diese Unzumutbarkeit feststellen zu lassen, damit er den Auszubildenden nicht weiterbeschäftigen musste. Der Auszubildende war Ersatzmitglied der JAV und hatte zuvor den Antrag auf Weiterbeschäftigung gestellt.

Der Arbeitgeber war der Meinung, dass ein Ersatzmitglied nicht in den Genuss dieser gesetzlichen Regelung kommt. Während des Verfahrens hatte er gemutmaßt, dass diese Vertretung nur zum Schein erfolgte, damit der Auszubildende in den Genuss des Schutzes kommen kann.

Aufgrund der pandemiebedingten Einführung von Kurzarbeit stand aus Sicht des Arbeitsgebers kein Arbeitsplatz zur Verfügung. Die Kurzarbeit wurde ab Mai 2020 eingeführt und dauert, nach zweimaliger Verlängerung, bis Ende 2021 an.

Ersatzmitglieder genießen den gesetzlichen Schutz

Das Arbeitsgericht folgte dieser Ansicht nicht und stellte klar, dass der Schutz auch für Ersatzmitglieder gilt, wenn diese durch den Vertretungsfall Mitgliederrechte der JAV ausüben. Dieser Schutz entfällt erst dann, wenn die Vertretung offensichtlich zum Schein, nach vorheriger darauf gerichteter Absprache erfolgte. Hierfür gab es aber nach Überzeugung des Arbeitsgerichts keine Hinweise.

Kurzarbeit allein rechtfertigt keine Unzumutbarkeit

Zusätzlich führte das Arbeitsgericht aus, dass die pandemiebedingte Einführung von Kurzarbeit an sich keine Unzumutbarkeit begründet. Kurzarbeit stellt eine kurzfristige Maßnahme zur Sicherung von Arbeitsplätzen dar und ist darauf gerichtet, einen Abbau von Personal zu verhindern. Außerdem bestand die einfache Möglichkeit den Auszubildenden ebenfalls auf Kurzarbeit zu setzen.


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Beschluss des Arbeitsgericht Erfurt, Beschluss vom 25. Juni 2021, Az.: 2 BV 4/21 hier im Volltext


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Arbeitgeber und Beschäftigte können Kurzarbeit vereinbaren

Das sagen wir dazu:

Die pandemiebedingte Einführung von Kurzarbeit allein begründet keine Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung eines Auszubildenden, der sich zuvor in der JVA engagiert hat. Hier wurde das Recht der JAV und deren Mitglieder in Zeiten der pandemiebedingten Kurzarbeit gestärkt. Es lohnt sich daher eine abgelehnte, zuvor beantragte Weiterbeschäftigung überprüfen zu lassen.

 

Erfreulich ist, dass der Schutzbereich auch für engagierte Ersatzmitglieder gilt, wenn sie sich für die Rechte ihrer Kolleginnen und Kollegen einsetzen. Auch sie laufen somit nicht der Gefahr, durch ein solches Engagement nicht weiterbeschäftigt zu werden und können so beherzt für die Sache auftreten. Das ist ermutigend für alle, die sich engagieren wollen oder es bereits tun.

Rechtliche Grundlagen

§ 78a BetrVG – Schutz Auszubildender in besonderen Fällen

(1) Beabsichtigt der Arbeitgeber, einen Auszubildenden, der Mitglied der Jugend- und Auszubildendenvertretung, des Betriebsrats, der Bordvertretung oder des Seebetriebsrats ist, nach Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses nicht in ein Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit zu übernehmen, so hat er dies drei Monate vor Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses dem Auszubildenden schriftlich mitzuteilen.

(2) Verlangt ein in Absatz 1 genannter Auszubildender innerhalb der letzten drei Monate vor Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses schriftlich vom Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung, so gilt zwischen Auszubildendem und Arbeitgeber im Anschluss an das Berufsausbildungsverhältnis ein Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit als begründet. Auf dieses Arbeitsverhältnis ist insbesondere § 37 Abs. 4 und 5 entsprechend anzuwenden.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch, wenn das Berufsausbildungsverhältnis vor Ablauf eines Jahres nach Beendigung der Amtszeit der Jugend- und Auszubildendenvertretung, des Betriebsrats, der Bordvertretung oder des Seebetriebsrats endet.

(4) Der Arbeitgeber kann spätestens bis zum Ablauf von zwei Wochen nach Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses beim Arbeitsgericht beantragen,

1. festzustellen, dass ein Arbeitsverhältnis nach Absatz 2 oder 3 nicht begründet wird, oder
2. das bereits nach Absatz 2 oder 3 begründete Arbeitsverhältnis aufzulösen,

wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Arbeitgeber unter Berücksichtigung aller Umstände die Weiterbeschäftigung nicht zugemutet werden kann. In dem Verfahren vor dem Arbeitsgericht sind der Betriebsrat, die Bordvertretung, der Seebetriebsrat, bei Mitgliedern der Jugend- und Auszubildendenvertretung auch diese Beteiligte.

(5) Die Absätze 2 bis 4 finden unabhängig davon Anwendung, ob der Arbeitgeber seiner Mitteilungspflicht nach Absatz 1 nachgekommen ist.