Während einer Schicht verließ der diensthabende Wachmann seinen Posten an dem Drehkreuz, ohne einen Kollegen zu informieren, damit dieser ihn vertreten konnte. Die Mitarbeiter aus der Produktion konnten ihren Arbeitsplatz über einen längeren Zeitraum ungehindert verlassen. Es wurde Gold im Wert von 74.000 Euro entwendet.
Das besondere Sicherheitsinteresse verletzt
In einem Betrieb zur Prägung von Münzen ist der Produktionsbereich besonders gesichert. Die Mitarbeiter müssen ein Drehkreuz passieren, wenn sie diese Abteilung verlassen möchten. Dabei werden nach dem Zufallsprinzip einige Arbeitnehmer durch das Wachpersonal überprüft.
Das Gericht hat die von der Arbeitgeberin ausgesprochene außerordentliche fristlose Kündigung bestätigt. Indem der Wachmann den Kontrollbereich verließ, hat er das besondere Interesse der Arbeitgeberin an effektiven Sicherheitsmaßnahmen verletzt.
Erschwerend kam hinzu, dass der gekündigte Arbeitnehmer zur gleichen Zeit ein Kunststoffrohr ohne Genehmigung aus dem Betrieb mitnahm. Der Arbeitgeberin war es nicht zuzumuten, den Arbeitnehmer zunächst abzumahnen und ihn anschließend wieder als Sicherheitsmitarbeiter zu beschäftigen. Die Verletzungen der Arbeitspflichten waren zu schwer.
Tipp für die Praxis: Anhörung des Betriebsrats bei Kündigungen
Der Arbeitgeber hat den Betriebsrat vor jeder Kündigung über die Gründe für die Kündigung zu unterrichten. Diese Pflicht zur Anhörung besteht in allen Betrieben, auch in sogenannten Kleinbetrieben. Durch dieses Verfahren bekommt der Betriebsrat die Gelegenheit, auf den Kündigungsentschluss des Arbeitgebers Einfluss zu nehmen.
Unterrichtung mit notwendigen Informationen
Damit der Betriebsrat entsprechende Vorschläge machen kann, müssen ihm die tragenden Gründe für die Kündigung mitgeteilt werden. Er muss so umfassend unterrichtet werden, dass er ohne zusätzliche eigene Nachforschungen in der Lage ist, selbst die Stichhaltigkeit der Kündigungsgründe zu prüfen. Zu den notwendigen Informationen gehören auch die Sozialdaten. In der Regel wird der Arbeitgeber den Betriebsrat schriftlich anhören, auch wenn dies nicht zwingend vorgeschrieben ist.
Gespräch mit dem Betroffenen
Insbesondere bei einer Kündigung aus verhaltensbedingten Gründen ist es zu empfehlen, den betroffenen Arbeitnehmer vor einer Stellungnahme durch den Betriebsrat anzuhören. Durch das persönliche Gespräch können sich neue Erkenntnisse ergeben, die die erhobenen Vorwürfe in einem anderen Licht erscheinen lassen.
Der Betriebsrat kann in seiner Stellungnahme der geplanten Kündigung widersprechen und vor allem auf andere Beschäftigungsmöglichkeiten hinweisen, bei denen die Gefahr einer Wiederholung ausgeschlossen werden kann. Zumindest die Einhaltung der Kündigungsfrist kann für das berufliche Fortkommen des Arbeitnehmers entscheidend sein. (Dieser Artikel ist zuerst erschienen in „AiB-Newsletter, Rechtsprechung für den Betriebsrat“ des Bund-Verlages Ausgabe 01/2016 vom 13.01.2016)
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Rechtliche Grundlagen
§ 102 Betriebsverfassungsgesetz, Mitbestimmung bei Kündigungen
(1) Der Betriebsrat ist vor jeder Kündigung zu hören. Der Arbeitgeber hat ihm die Gründe für die Kündigung mitzuteilen. Eine ohne Anhörung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung ist unwirksam.
(2) Hat der Betriebsrat gegen eine ordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber spätestens innerhalb einer Woche schriftlich mitzuteilen. Äußert er sich innerhalb dieser Frist nicht, gilt seine Zustimmung zur Kündigung als erteilt. Hat der Betriebsrat gegen eine außerordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von drei Tagen, schriftlich mitzuteilen. Der Betriebsrat soll, soweit dies erforderlich erscheint, vor seiner Stellungnahme den betroffenen Arbeitnehmer hören. § 99 Abs. 1 Satz 3 gilt entsprechend.
(3) Der Betriebsrat kann innerhalb der Frist des Absatzes 2 Satz 1 der ordentlichen Kündigung widersprechen, wenn
1. der Arbeitgeber bei der Auswahl des zu kündigenden Arbeitnehmers soziale Gesichtspunkte nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat,
2. die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 verstößt,
3. der zu kündigende Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz im selben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann,
4. die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen möglich ist oder
5. eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Vertragsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat.
(4) Kündigt der Arbeitgeber, obwohl der Betriebsrat nach Absatz 3 der Kündigung widersprochen hat, so hat er dem Arbeitnehmer mit der Kündigung eine Abschrift der Stellungnahme des Betriebsrats zuzuleiten.
(5) Hat der Betriebsrat einer ordentlichen Kündigung frist- und ordnungsgemäß widersprochen, und hat der Arbeitnehmer nach dem Kündigungsschutzgesetz Klage auf Feststellung erhoben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, so muss der Arbeitgeber auf Verlangen des Arbeitnehmers diesen nach Ablauf der Kündigungsfrist bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits bei unveränderten Arbeitsbedingungen weiterbeschäftigen. Auf Antrag des Arbeitgebers kann das Gericht ihn durch einstweilige Verfügung von der Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung nach Satz 1 entbinden, wenn
1. die Klage des Arbeitnehmers keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder mutwillig erscheint oder
2. die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers zu einer unzumutbaren wirtschaftlichen Belastung des Arbeitgebers führen würde oder
3. der Widerspruch des Betriebsrats offensichtlich unbegründet war.
(6) Arbeitgeber und Betriebsrat können vereinbaren, dass Kündigungen der Zustimmung des Betriebsrats bedürfen und dass bei Meinungsverschiedenheiten über die Berechtigung der Nichterteilung der Zustimmung die Einigungsstelle entscheidet.
(7) Die Vorschriften über die Beteiligung des Betriebsrats nach dem Kündigungsschutzgesetz bleiben unberührt.