Das Mindestlohngesetz selbst regelt dazu nichts. Der Gesetzgeber hielt eine gesetzliche Regelung nicht für nötig. Klargestellt wurde, dass die Grundsätze zur Auslegung des Begriffs “Mindestentgeltsatz“ aus dem Arbeitnehmerentsendegesetz gelten, wie sie vom Europäischen Gerichtshof und dem Bundesarbeitsgericht aufgestellt wurden.
Ausgangspunkt: Zweckbestimmung der Zahlung
Um zu bestimmen, ob eine Zahlung des Arbeitgebers auf den Mindestlohn angerechnet werden kann, stellt sich die Frage, welchem Zweck die Zahlung dient. Denn Leistungen sind dann anrechenbar, wenn sie in ihrer Zwecksetzung dem Mindestlohn funktional gleichwertig sind. Das bedeutet, angerechnet werden kann der Lohnbestandteil, der die arbeitsvertraglich vereinbarte, also die normale Tätigkeit der Arbeitnehmer*innen vergütet.
Nicht anrechenbar sind Zahlungen, die eben nicht die Normaltätigkeit vergüten und dem Zweck nach keine Bestandteile des (Grund-)Lohns sind. Damit sind nicht anrechenbar Zulagen, die für zusätzliche und besondere Leistungen oder für besondere Arbeitsbedingungen gezahlt werden.
Nicht anrechnungsfähig sind
- Zuschläge Nachtarbeit
- Überstundenzuschläge
- Erschwerniszulagen (auch Wechselschichtzulage), Gefahrenzulagen, Schmutzzulagen
- Akkordprämien, Qualitätsprämien
- Vermögenswirksame Leistungen
- Aufwandsentschädigungen (Reise-, Verpflegungskosten, Kleider-, Reinigungsgeld)
- Wegegeld (wenn es für Fahrtkosten gezahlt wird, also nicht der Leistungsvergütung dient; etwas anderes gilt, wenn die Arbeitszeit während der Fahrt vergütet werden soll, da dann das Wegegeld Teil der Vergütung ist)
- Sonderzahlungen (Weihnachtsgeld, 13. Monatseinkommen, zusätzliches Urlaubsgeld)
- Trinkgelder
Anmerkung der Redaktion: Gesetzlicher Mindestlohn ist ein Grundlohn
Da es leider keine klare gesetzliche Regelung zur Anrechenbarkeit gibt, kann nicht mit Gewissheit gesagt werden, wie die Gerichte im Einzelfall entscheiden werden. (Höchstrichterliche) Rechtsprechung gibt es noch nicht, so dass wir bisher nur unsere Einschätzung wiedergeben können. Aber entscheidend für die (gerichtliche) Einschätzung muss sein, dass der gesetzliche Mindestlohn ein Grundlohn ist. Wir halten deshalb die Rechtsprechung, die zu den tariflichen Mindestlöhnen einzelner Branchen ergangen ist, nicht für übertragbar.
Betroffenen Arbeitnehmer*innen raten wir, sich zur Wehr zu setzen, wenn versucht wird, den Mindestlohn zu umgehen, indem Sonderzahlungen, Zuschläge oder andere zusätzliche Leistungen angerechnet werden.
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