Teilzeitantrag auch per E-Mail möglich
Arbeitnehmerin und Arbeitgeber stritten um die Frage, ob eine E-Mail als Angebot an den Arbeitgeber auszulegen ist, die vereinbarte Arbeitszeit zu ändern. Rechtsgrundlage für den Antrag ist § 8 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes (TzBfG).
Arbeitnehmerin will Teilzeit arbeiten
Die Arbeitnehmerin schrieb diese E-Mail an ihren Arbeitgeber: »Nach reiflicher Überlegung sind wir nun zu dem Entschluss gekommen, dass ich 5 x 6 Stunden, also von 8:00 bis 14:00 Uhr arbeiten möchte. Eine Pause würde ich dann nicht machen (braucht man ja nicht, wenn man nur 6 Stunden arbeitet).
Bezüglich der Elternzeitverlängerung habe ich momentan vor, am 11. Juni 2012 wiederzukommen. Ich hoffe, dass das auch Bs Vorstellungen entspricht und warte auf seine/Ihre Rückmeldung.«
Der Arbeitgeber äußerte sich zunächst nicht zu dieser E-Mail. Später machte die Arbeitnehmerin geltend, ihre Arbeitszeit habe sich kraft Gesetzes nach § 8 Abs. 5 TzBfG reduziert, weil der Arbeitgeber die Verringerung nicht bis zu einem Monat vor deren gewünschtem Beginn abgelehnt habe.
Arbeitgeber lehnt das Teilzeitverlangen ab
Weiterer Schriftverkehr folgte, unter anderem die Aufforderung seitens des Arbeitgebers, die 40-stündige Wochenarbeitszeit zu beachten. Denn dieser vertrat die Auffassung, die Voraussetzungen einer Fiktion nach § 8 Abs. 5 Satz 2 und Satz 3 TzBfG lägen nicht vor.
Die E-Mail der Klägerin vom 21. September 2011 enthalte nur ein Angebot, in Gespräche bezüglich der Arbeitszeit zu treten, nicht aber einen auf die Begründung eines Teilzeitarbeitsverhältnisses gerichteten Antrag.
Bundesarbeitsgericht (BAG) bejaht Antrag auf Änderung der Arbeitszeitregelung
Das BAG folgte dieser Auffassung nicht. Die regelmäßige Arbeitszeit der Klägerin beträgt 30 Wochenstunden, die sie an fünf Arbeitstagen in der Zeit von 8:00 Uhr bis 14:00 Uhr zu leisten hat. Der Arbeitsvertrag der Parteien wurde mit Wirkung zum 11. Juni 2012 entsprechend geändert.
Die Beklagte hat den Teilzeitantrag der Klägerin vom 21. September 2011 nicht binnen der in § 8 Abs. 5 Satz 1 TzBfG genannten Monatsfrist schriftlich abgelehnt mit der Folge, dass ihre Zustimmung zu dem Teilzeitbegehren gemäß § 8 Abs. 5 Satz 2 und Satz 3 TzBfG fingiert wird, heißt es im Urteil.
Entscheidend für diese Beurteilung sind die allgemeinen Regeln zur Auslegung von Willenserklärungen, wie das BAG erläutert. Das Verringerungsverlangen eines Arbeitnehmers nach § 8 Abs. 1 TzBfG ist eine auf die Änderung des Arbeitsvertrag gerichtete Willenserklärung, was sich nach der Rechtsgeschäftslehre des BGB richtet.
Das Änderungsangebot (§ 145 BGB), das dem Arbeitgeber spätestens drei Monate vor Beginn der begehrten Arbeitszeitreduzierung zugehen muss (§ 8 Abs. 2 Satz 1 TzBfG), muss nach allgemeinem Vertragsrecht regelmäßig so konkret sein, dass der Adressat des Angebots dieses mit einem einfachen »Ja« annehmen kann. Das sei durch die Mail erfüllt gewesen, wenn auch in etwas untypischer Form.
Der Arbeitgeber hätte schriftlich antworten müssen
Die Ablehnung eines von dem Arbeitnehmer geäußerten Teilzeitverlangens durch den Arbeitgeber ist dementsprechend ebenfalls eine empfangsbedürftige Willenserklärung. Ob der Arbeitgeber eine solche Erklärung abgegeben hat, ist im Wege der Auslegung zu ermitteln.
Eine – wie im Verfahren vorgetragen – mündliche Ablehnung ist wegen Formmangels nichtig (§ 125 Satz 1 BGB). Sie entspricht nicht der vom Gesetz in § 8 Abs. 5 Satz 1 TzBfG angeordneten Schriftform (§ 126 Abs. 1 BGB). Die Klägerin durfte folglich ihre Arbeitszeit auf 30 Wochenstunden reduzieren.
Anmerkung: Folgen für die Praxis
Eine interessante Entscheidung, die die Rechte der Arbeitnehmer stärkt. Im Rahmen des Antrags des Arbeitnehmers an den Arbeitgeber, die Arbeitszeit zu reduzieren (so genanntes Teilzeitverlangen) gibt es viele Fallstricke. Geregelt ist der Ablauf des Verfahrens in § 8 TzBfG.
Grundvoraussetzung des Teilzeitbegehrens ist, dass der Arbeitnehmer seit mindestens sechs Monaten beschäftigt ist und der Betrieb mehr als 15 Arbeitnehmer hat. Ferner muss das Teilzeitersuchen spätestens drei Monate vor dem gewünschten Beginn schriftlich beim Arbeitgeber eingereicht werden.
Teilzeitverlangen ist nicht an Form gebunden
Dies geht nun, so das BAG auch per E-Mail und unterliegt keinem weiteren Schriftformerfordernis. Dies entspricht auch dem praktischen Vorgehen im Betrieb, denn immer mehr Inhalte werden per E-Mail ausgetauscht, so dass es falsch wäre dem Arbeitnehmer hier mehr abzuverlangen.
Das Teilzeitbegehren fordert den Arbeitnehmer nämlich schon inhaltlich. Es muss so gestaltet sein, dass der Arbeitgeber nur mit »Ja« antworten muss, hieran scheitert es oft. Es lohnt sich also, sich vor Aussagen gegenüber dem Arbeitgeber rechtlich beraten zu lassen.
Arbeitgeber muss in einer bestimmten Frist antworten
Wie geht es nach dem Antrag des Arbeitnehmers weiter? Der Arbeitgeber muss bis spätestens einen Monat vor dem gewünschten Start der Teilzeit seine Zustimmung erteilen. Nur unter ganz engen Umständen kann der Arbeitgeber das Gesuch aber ablehnen.
Eine Ablehnung lässt sich aus betrieblichen Gründen nur rechtfertigen, wenn sich etwa der Arbeitsablauf mit Teilzeitkräften nicht organisieren lässt. Dies ist äußerst selten der Fall. Im Rahmen des Teilzeitverlangens hat der Arbeitnehmer oft gute Karten.
In der Praxis sollte wohl überlegt werden, ob man eine Reduzierung der Arbeitszeit verlangt. Denn wenn reduziert wurde, kann diese nur mit Zustimmung des Arbeitgebers wieder rückgängig gemacht werden. Darauf aber gibt das TzBfG dem Arbeitnehmer - anders als bei der Reduzierung- keinen Anspruch.
(Dieser Artikel ist zuerst erschienen in: „AiB-Newsletter, Rechtsprechung für den Betriebsrat“ des Bund-Verlags, Ausgabe 14 vom 17. August 2015, www.aib-web.de -> www.t1p.de/h26x )