(Bildnachweis: S. Hofschlaeger pixelio.de)
(Bildnachweis: S. Hofschlaeger pixelio.de)

Der Arbeitnehmerüberlassung betreibende beklagte Arbeitgeber (Verleiher) setzte die Klägerin (Leiharbeitnehmerin) als Sachbearbeiterin bei Entleihern ein. 

Unabhängig von ihrer tatsächlichen Einsatzzeit erhielt die Klägerin eine regelmäßige monatliche Vergütung auf Grundlage der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit. Die tatsächlichen Arbeitszeiten wurden in einem Arbeitszeitkonto erfasst. 

Verleiher rechnete immer zu Lasten der Arbeitnehmerin

Der Arbeitgeber berücksichtigte in dem Arbeitszeitkonto Zeiten, in denen er die

Arbeitnehmerin nicht einsetzen konnte, zu Lasten der Klägerin. Hierdurch versuchte er sein Unternehmerrisiko auf die Klägerin zu verlagern. Ein Vorgehen dass vom LAG, als gesetzeswidrig gewertet wurde, denn § 11 Abs. 4 Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) lässt eine Beschränkung oder Aufhebung durch Vertrag auf Vergütung bei Annahmeverzug des Verleihers nicht zu. Im Klartext bedeutet dies, dass es Verleihern untersagt ist, Plusstunden des Leiharbeitnehmers wegen mangelnder Einsatzmöglichkeiten einseitig mit Minusstunden zu verrechnen, die deshalb entstanden sind, da der Verleiher dem seine Arbeitskraft anbietenden Leiharbeitnehmer keine Arbeit zuweisen konnte.

Tarifregelungen, die Verrechnung von Arbeitsstunden zulassen, sind unzulässig

Des Weiteren wies das LAG darauf hin, dass auch bestehende tarifliche Regelungen, die einen Abbau von Plusstunden aus dem Arbeitszeitkonto wegen fehlender Einsatzmöglichkeit beim Entleiher vorsehen, unzulässig sind.

Das LAG Berlin-Brandenburg hat die Revision an das Bundesarbeitsgericht (BAG) wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.

Anmerkung:

Fast schon an der Tagesordnung ist es, dass Entleiher, denen es vorübergehend nicht möglich ist, Leiharbeitnehmern Arbeiten im vertraglich geschuldeten Sinne zuzuweisen, versuchen, diese Zeit des „Leerlaufs“ mit von dem Leiharbeitnehmer erarbeiteten Plusstunden auszufüllen. Hierauf sollten sich Leiharbeitnehmer nicht einlassen. Plusstunden werden nicht erarbeitet, um das unternehmerische Risiko des Verleihers zu mindern, sondern um dem Leiharbeitnehmer einen erarbeiteten Freizeitausgleich zu verschaffen oder, falls dies nicht möglich sein sollte, Vergütung für die geleistete Mehrarbeit zu erhalten. Die einseitige Verrechnung von Plusstunden durch den Verleiher für Zeiten, in denen er dem Leiharbeitnehmer keine Arbeit zuweist, muss nicht hingenommen werden.

Um vertragsgemäße Vergütung für die Dauer eines vorübergehenden Nichteinsatzes durchsetzen zu können, muss der Leiharbeitnehmer seine Arbeitskraft dem Verleiher persönlich anbieten. Kann der Arbeitgeber keine Beschäftigung anbieten, ist dies sein eigenes Risiko und er muss die Vergütung trotzdem zahlen. Wird die Arbeitskraft nicht angenommen, sind die Vergütungsansprüche gegenüber dem Verleiher schriftlich geltend zu machen und im Falle einer nicht fristgemäßen Zahlung einzuklagen. Dabei müssen tarifliche oder arbeitsvertragliche vereinbarte Ausschlussfristen unbedingt eingehalten werden. Werden die Fristen versäumt, so gehen die Vergütungsansprüche ersatzlos unter. 


Es empfiehlt sich, die Geltendmachung von Ansprüchen aus Annahmeverzug über die in den Gewerkschaften für Rechtsschutzsachen zuständigen Kolleginnen und Kollegen geltend machen zu lassen.

Zur Pressemitteilung Nr. 01/15 vom 08.01.2015 des Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg zum Urteil vom 17.12.2014 – Aktenzeichen: 15 Sa 982/14

Lesen sie auch hierzu unseren Beitrag "Bundesarbeitsgericht: „Zwangsfreizeit“ für Leiharbeitnehmer*innen unzulässig"