Elterngeldstelle berücksichtigt Provisionen nicht als „laufenden Arbeitslohn“. Sozialgerichtsbarkeit: Provisionen sind beim Elterngeld zu berücksichti
Elterngeldstelle berücksichtigt Provisionen nicht als „laufenden Arbeitslohn“. Sozialgerichtsbarkeit: Provisionen sind beim Elterngeld zu berücksichti


Mit Urteil vom 13.12.2016 kamen die Richter*innen des 11.Senats des Landessozialgerichts (LAG) Baden-Württemberg zu dem Ergebnis, dass auch nach der neuen, seit 01.01.2015 gültigen Rechtslage, regelmäßig gezahlte Provisionen beim Elterngeld zu berücksichtigen sind. Nach Auffassung des LSG haben entgegenstehende Verwaltungsvorschriften hieran nichts geändert.

Da das Bundeselterngeldgesetz den Zweck verfolgt, die Einkünfte (teilweise) zu ersetzen, die während des letzten wirtschaftlichen Dauerzustands den Lebensstandard der Elterngeldberechtigten geprägt haben, gehören hierzu auch regelmäßig gezahlte Provisionen.
 

Elterngeldstelle berücksichtigt Provisionen nicht als „laufenden Arbeitslohn“


Die als Marketing Managerin tätige 28jährige Klägerin arbeitet im Medienbereich. Neben einem monatlichen Grundgehalt von ca. 3.000 € erhält sie regelmäßig quartalsweise Provisionen in wechselnder Höhe, im maßgeblichen Bemessungsjahr vor der Geburt ihres Sohnes im Mai 2015 insgesamt ca. 6.800 €.

Bei der Elterngeldberechnung berücksichtigte die beklagte Elterngeldstelle (Landeskreditbank Baden-Württemberg) nur das Grundgehalt, nicht aber die Provisionen und bewilligte Elterngeld in Höhe von monatlich rund 1.230 €.

Denn, so die Begründung des Beklagten: Provisionen seien nach den Lohnsteuerrichtlinien nicht als „laufender Arbeitslohn“, sondern als „sonstige Bezüge“ anzusehen und damit für die Höhe des Elterngelds nicht maßgeblich.
 

Sozialgericht erkennt Provisionen als Arbeitslohn an


Schon erstinstanzlich vermochte das Sozialgericht (SG) Mannheim der Argumentation der beklagten Landeskreditbank Baden-Württemberg nicht zu folgten und hat der Klägerin Recht gegeben. Die Beklagte wurde verurteilt, höheres Elterngeld unter Berücksichtigung der Provisionen zu zahlen.
 

Landessozialgericht bestätigt erstinstanzliche Entscheidung


Die Richter*innen des baden-württembergischen LSG haben die Entscheidung des SG Mannheim bestätigt. Neben dem monatlichen Grundgehalt prägen auch die regelmäßig gezahlten Provisionen die wirtschaftlichen Verhältnisse der Klägerin im maßgeblichen Bemessungsjahr vor der Geburt, so der Senat.

Die Neufassung des Gesetzes zum 01.01.2015 stelle zwar darauf ab, dass Einnahmen nicht berücksichtigt werden, die im Lohnsteuerabzugsverfahren nach den lohnsteuerlichen Vorgaben als sonstige Bezüge zu behandeln sind und verweist auf die entsprechenden Verwaltungsanweisungen in den Lohnsteuerrichtlinien.

Nur dort  - und nicht im Elterngeldgesetz - sei parallel geändert worden, dass als „sonstige Bezüge“ auch „Zahlungen innerhalb eines Kalenderjahres als viertel- oder halbjährliche Teilbeträge“ gelten. Eine solche Verweisung auf Verwaltungsvorschriften, die jederzeit ohne Beteiligung des Gesetzgebers geändert werden könne, sei nicht ausreichend, um den gesetzlichen Anspruch einzuschränken, befand das LSG.

Die Regelung in den Lohnsteuerrichtlinien über die viertel- oder halbjährlichen Zahlungen passe auch nicht zum Zweck des Gesetzes, bei der Elterngeldberechnung diejenigen Einkünfte zu berücksichtigen, die während des letzten wirtschaftlichen Dauerzustands den Lebensstandard der Elterngeldberechtigten geprägt haben.

Wegen grundsätzlicher Bedeutung hat das Landessozialgericht die Revision zum Bundessozialgericht zugelassen.


Hier geht es zum Urteil des Landessozialgericht Baden-Württemberg vom 13.12.2016, Az. L 11 EG 1557/16:

Das sagen wir dazu:

Die Bestätigung der Entscheidung des SG Mannheim durch das LSG Baden-Württemberg ist begrüßenswert. Da es Sinn und Zweck des Bundeselterngeldgesetzes ist, die Einkünfte (teilweise) zu ersetzen, die während des letzten wirtschaftlichen Dauerzustands den Lebensstandard der Elterngeldberechtigten geprägt haben, kann es keinem vernünftigen Zweifel unterliegen, dass hierzu auch regelmäßig gezahlte Provisionen gehören. Es bleibt nunmehr abzuwarten, wie das Bundessozialgericht über die Sache entscheidet.
Über den weiteren Verlauf werden wir berichten.

Rechtliche Grundlagen

Auszug aus Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG)

§ 2 Abs. 1 BEEG

Elterngeld wird in Höhe von 67 Prozent des Einkommens aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt des Kindes gewährt. Es wird bis zu einem Höchstbetrag von 1 800 Euro monatlich für volle Monate gezahlt, in denen die berechtigte Person kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit hat. Das Einkommen aus Erwerbstätigkeit errechnet sich nach Maßgabe der §§ 2c bis 2f…

§ 2c Abs. 1 Satz 2 BEEG

Nicht berücksichtigt werden Einnahmen, die im Lohnsteuerabzugsverfahren nach den lohnsteuerlichen Vorgaben als sonstige Bezüge zu behandeln sind.