Rechtssekretär Wolfgang Kullick
Rechtssekretär Wolfgang Kullick

Statt der tariflichen 729 Euro erhielt die Auszubildende nur 500 Euro brutto im Monat. Mit sechs Kollegen suchte sie Hilfe bei  der DGB Rechtsschutz GmbH. Zunächst scheiterte die Klage vor dem Arbeitsgericht. „Das Gericht begründete dies damit, dass das Krankenhaus eine öffentliche Einrichtung sei und durch die Ausgliederung keine unzulässige Umgehung der Tarifbindung nach § 242 BGB vorliege“, erklärt Rechtssekretär Wolfgang Kullick vom Büro Kiel, der den Fall bearbeitet hat. „Da die Entlohnung über dem Arbeitslosengeld-II-Satz liege, sei sie auch in dieser Höhe noch angemessen.“ Doch das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein revidierte das Urteil und entschied, die Vergütung sei unangemessen niedrig und damit gesetzwidrig. Recht bekamen die sieben Auszubildenden auch vor dem Bundesarbeitsgericht: „Ausbildungsvergütungen dürfen höchstens 20 Prozent unter Tarif liegen“, erläutert Kullick den Rechtsspruch, „es sei denn, es liegen extrem gute Gründe für eine geringere Vergütung vor.“ Das ist etwa der Fall, wenn Ausbildungsplätze für Personengruppen geschaffen werden, die sonst keinen oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten einen Ausbildungsplatz finden, und die Ausbildung durch öffentliche Gelder oder Spenden mitfinanziert wird.

 

Ein Urteil mit Signalwirkung

 

Diese Bestimmung des § 17 Berufsbildungsgesetz (vor 2005 § 10) ist erst mit dem neuen Krankenpflegegesetz in dieses aufgenommen worden (§ 12 KrPflG). „Die Übernahme der Grundsätze des alten § 10 BBiG hat jetzt sicher auch Signalwirkung auf Ausbildungen in anderen Berufen“, hofft Rechtssekretär Kullick – besonders deshalb, weil immer mehr Betriebe versuchen, die Kosten der Ausbildung in gemeinnützige Gesellschaften auszulagern. Diese sind nicht mehr an Tarifverträge gebunden. Auch das Kreiskrankenhaus Rendsburg hatte die Ausbildung der Krankenpflegeschüler auf eine solche Gesellschaft übertragen. Es ar­gumentierte damit, dass die Gesellschaft unter dem Druck des geringen Budgets nicht anders habe handeln können. „Man wollte hier ganz klar auf Kosten der Auszubildenden sparen.“ Doch das BAG erklärte dies für unzulässig: Eine Ausbildungsvergütung orientiere sich nicht am Budget, sondern muss immer angemessen sein. Die Klägerin hat ihre Ausbildung mittlerweile abgeschlossen. Einige Ansprüche waren bei der Einreichung der Klage leider verfallen, bedauert der Jurist, „trotzdem hatten wir einen schönen Erfolg“. Sie erhielt eine Nachzahlung von mehr als 9.000 Euro brutto.

Rechtliche Grundlagen

Die Ausbildungsvergütung ist nach Lebensalter der Auszubildenden angemessen zu berechnen und muss mit fortschreitender Berufsausbildung (mindestens jährlich) ansteigen. Wenn ein Tarifvertrag vorliegt, dürfen im Ausbildungsvertrag keine niedrigeren Vergütungssätze vereinbart sein. Wird die Ausbildungsvergütung durch eine ausgelagerte Gesellschaft gezahlt, die nicht der Tarifbindung unterliegt, darf sie bis zu 20% unter Tarif liegen – es sei denn, triftige Gründe erlauben eine niedrigere Entlohnung. Löhne, die 50% des Tarifes unterschreiten, sind sittenwidrig. Nur Gewerkschaftsmitglieder haben Anspruch auf 100-prozentige Ausbildungsvergütung.