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Was ist das?
Nach § 2 Abs. 1 Ziff. 1 SGBVII sind »Beschäftigte« kraft Gesetzes in der gesetzlichen Unfallversicherung gegen die Folgen eines Arbeitsunfalles und einer Berufskrankheit (§ 7 Abs. 1 SGBVII) versichert.
Erleidet ein Arbeitnehmer eine Berufskrankheit, tritt der Unfallversicherungsträger (Berufsgenossenschaft/Unfallkasse) ein und erbringt die in §§ 26 bis 80a SGBVII vorgesehen Leistungen (Heilbehandlung, Rehabilitation, Pflege und Geldleistungen wie z.?B. Renten) an den Geschädigten bzw. seine Angehörigen und Hinterbliebenen.
Der Arbeitgeber oder Arbeitskollegen sind nach §§ 104 bis 106 SGBVII von der Haftung auf Schadensersatz und Schmerzensgeld befreit - auch dann, wenn sie die Berufskrankheit grob fahrlässig verursacht haben (sog. »Haftungsprivileg«).
Der Haftungsausschluss entfällt, wenn die Berufskrankheit vorsätzlich herbeigeführt wurde. Dabei reicht ein sog. bedingter Vorsatz aus (= der Schadenseintritt wird für möglich gehalten und billigend in Kauf genommen). In diesem Falle ist der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer gemäß § 280 Abs. 1 BGB i.?V.?m. §§ 241 Abs. 2, 618 Abs. 1 BGB und § 253 Abs. 2 BGB (ggf. auch nach §§ 823?ff. BGB) zum Schadensersatz verpflichtet. Außerdem hat er ihm ein angemessenes Schmerzensgeld zu zahlen (§ 253 Abs. 2 BGB).
Der Arbeitgeber haftet auch dann, wenn nicht er selbst, sondern etwa der Vorgesetzte die Berufskrankheit durch die Anweisung gesundheitsgefährdender/-schädlicher Arbeiten verschuldet und dabei mindestens bedingt vorsätzlich gehandelt hat. Das für die Schadensersatzhaftung notwendige Verschulden (= mindestens bedingt vorsätzliches Verhalten) des Vorgesetzten wird dem Arbeitgeber gem. § 278 Satz 1 BGB zugerechnet. Nach dieser Vorschrift hat der Arbeitgeber das Verschulden von Personen, derer er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeiten gegenüber dem Arbeitnehmer bedient (Erfüllungsgehilfen), in gleichem Umfange zu vertreten wie eigenes Verschulden.
So kann nach zutreffender Ansicht des BAG beispielsweise die Anweisung an einen Arbeitnehmer, mit asbesthaltigem Material ohne Schutzmaßnahmen zu arbeiten, die bewusste Inkaufnahme von Gesundheitsschäden des Arbeitnehmers beinhalten und einen Anspruch auf Schadenersatz und Schmerzensgeld begründen (BAG v. 20.06.2013 - 8 AZR 471/12; 28.04.2011 - 8 AZR 769/09, AiB 2012, 273).
Allein der Verstoß des Arbeitgebers oder des Vorgesetzten gegen Unfallverhütungsvorschriften indiziert nach Ansicht des BAG noch kein vorsätzliches Verhalten (BAG v. 19.02.2009 - 8 AZR 188/08, DB2009, 1134).
Der Haftungsausschluss nach §§ 104 bis 106 SGBVII scheidet auch aus, wenn der Versicherungsfall auf einem nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 versicherten Weg herbeigeführt wurde (sog. Wegeunfall; diese Fallkonstellation betrifft allerdings vor allem den Versicherungsfall Arbeitsunfall). Bei einem Wegeunfall haftet der Arbeitgeber nach §§ 823, 253 Abs. 2 BGB auch bei fahrlässiger Verursachung.
Wurde die Berufskrankheit vom Arbeitgeber (bzw. einem Vorgesetzten) oder Arbeitskollegen vorsätzlich oder grob fahrlässig verursacht, haften sie gemäß § 110 Abs. 1 SGBVII den Sozialversicherungsträgern (insbesondere der Berufsgenossenschaft) für die infolge des Versicherungsfalls entstandenen Aufwendungen, jedoch nur bis zur Höhe des zivilrechtlichen Schadenersatzanspruchs. Die Berufsgenossenschaft hat also einen Regressanspruch.
Statt einer aufgrund des zivilrechtlichen Schadensersatzanspruchs zu zahlenden Rente kann der Kapitalwert gefordert werden.
Das Verschulden (Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit) braucht sich nur auf das den Versicherungsfall verursachende Handeln oder Unterlassen zu beziehen.
Die Sozialversicherungsträger können nach billigem Ermessen, insbesondere unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Schuldners, auf den Ersatzanspruch ganz oder teilweise verzichten (§ 110 Abs. 2 SGBVII).
Quelle: Betriebsratspraxis von A bis Z (Christian Schoof); Berufskrankheit - Was ist das?
Betriebsratspraxis von A bis Z ist Bestandteil des Online-Moduls »Betriebsratswissen online«.
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