Preußen schützt den Rekrutennachwuchs
Vor allem mit Beginn der Industrialisierung wuchs der Regelungsbedarf. Als erster deutscher Staat verbot Preußen durch das Regulativ über die Beschäftigung jugendlicher Arbeiter in Fabriken und Bergwerken vom 9. März 1839 die Fabrikarbeit von Kindern unter neun Jahren. Die Arbeitszeit von Jugendlichen unter 16 Jahren wurde auf zehn Stunden täglich begrenzt, die Nachtarbeit wurde verboten.
Die Regelung ging zurück auf einen Bericht des Generalleutnants von Horn aus dem Jahre 1828, in dem es heißt, dass „wohl infolge der Nachtarbeit der Fabrikkinder“ die Industriebezirke Preußens nicht mehr den erfolgreichen Rekrutennachwuchs stellen könnten.
In einer Änderung des Regulativs von 1953 wurde das Alter für ein Beschäftigungsverbot von neun auf 12 Jahre angehoben, die Höchstarbeitsdauer für Kinder zwischen 12 und 14 Jahren wurde auf sechs Stunden begrenzt.
Vom Kaiserreich zum Nationalsozialismus
Im Kaiserreich untersagte das Arbeitsschutzgesetz (Novelle zur Reichsgewerbeordnung vom 1. Juni 1891) jegliche Beschäftigung von Kindern unter 13 Jahren in Fabriken. Kinder von 13 bis 14 Jahren durften sechs Stunden, Jugendliche von 14 bis 16 Jahren zehn Stunden täglich Arbeit verrichten. Zudem wurde eine Nachtruhe von 20 bis sechs Uhr eingeführt.
Diese Regelungen galten jedoch nur in Fabriken oder ähnlichen Einrichtungen, erst durch das Kinderschutzgesetz von 1903 wurden die Schutzvorschriften auf alle gewerblichen Betriebe und auch die Heimarbeit ausgedehnt.
In der Weimarer Republik profitierten auch die Jugendlichen von der Einführung des Acht-Stunden-Tages, der selbstverständlich auch für sie galt.
Im Jahr 1938 wurden im „Gesetz über Kinderarbeit und über die Arbeitszeit der Jugendlichen (Jugendschutzgesetz)“ vom 30. April 1938 Bestimmungen getroffen, die zwar eine erhebliche Besserstellung der Jugendlichen bedeutete, die jedoch vor dem Hintergrund der nationalsozialistischen Ideologie zu sehen sind.
So galt das Beschäftigungsverbot für Kinder unter 14 Jahren, das allgemeine Schutzalter wurde auf 18 Jahre angehoben. Die wöchentliche und tägliche Arbeitszeit wurden begrenzt, es bestand jetzt ein Anspruch auf ununterbrochene Freizeit von mindestens 12 Stunden täglich, es gab Pausenregelungen und ein Verbot von Sonn- und Feiertagsarbeit. Erstmals wurde auch ein Mindesturlaub von 12 bis 15 Tagen festgeschrieben.
Allerdings sah das Gesetz eine Reihe von Ausnahmen vor, etwa in der Land- und Forstwirtschaft, im Einzelhandel, in Bäckereien und im Friseurgewerbe.
Jugendarbeitsschutzgesetz von 1960
Nach Kriegsende schufen einzelne Bundesländer eigene Gesetze zum Jugendarbeitsschutz, diese wurden durch das Jugendarbeitsschutzgesetz der Bundesrepublik Deutschland vom 9. August 1960 abgelöst. Seitdem gilt ein bundeseinheitlicher Jugendarbeitsschutz.
Das JArbSchG sah für Jugendliche unter 16 Jahren eine Begrenzung der wöchentlichen Arbeitszeit auf maximal 40 Stunden, bzw. 44 Stunden bei über 18 Jährigen vor. Kinderarbeit sollte nach dem Willen des Gesetzgebers grundsätzlich bis auf wenige Ausnahmen ausgeschlossen sein.
Aus dem Vorgängergesetz übernahm das JArbSchG die Anrechnung der Berufsschulzeit als Arbeitszeit sowie den Gedanken der besonderen Pausenzeiten (30 Min bei Arbeitszeit bis 6 Stunden, 60 Minuten bei mehr als 6 Stunden) sowie den besonderen Erholungsurlaub (generell 24 Werktage).
Die umfangreichen Ausnahmen wurden drastisch reduziert, es blieb lediglich eine Ausnahme für Mitarbeit im elterlichen Betrieb und bei Beschäftigung zum Zwecke der Erziehung oder Heilung.
Zudem wurde das Gesetz den arbeitsphysiologischen Erkenntnissen angepasst, hierzu gehörte vor allem das Verbot von Akkord- und Fließbandarbeit, das Verbot von Arbeiten, die die körperlichen Kräfte übersteigen sowie eine Pflicht zu ärztlicher Untersuchung und Gefahrenbelehrung.
Jugendarbeitsschutzgesetz 1976 und Änderungen
Am 1. Mai 1976 trat ein neues Jugendarbeitsschutzgesetz in Kraft, das weitreichende Verbesserungen für jugendliche Beschäftigte vorsah.
Die Kinderarbeit unter 13 Jahren wurde weiter eingeschränkt. Es galt jetzt eine allgemeine 40-Stunden Woche mit 5 Werktagen, eine allgemeine Nachtruhe von 20 bis 7 Uhr und einen gestaffelten Urlaubsanspruch zwischen 25 und 30 Werktagen. Die Jugendlichen wurden für mindestens 5 Wochenstunden für die Berufsschule freigestellt.
Dagegen stellte das erste Änderungsgesetz von 1984 eine Verschlechterung der Position beschäftigter Jugendlicher dar. Die Einschränkungen wurden mit dem Beseitigen bürokratischer Hemmnisse und überflüssiger Reglementierungen begründet. Vorgeschriebene Pausenräume für Jugendliche entfielen. Jugendliche durften in einigen Ausbildungsberufen jetzt auch am Samstag sowie täglich maximal 8,5 Stunden beschäftigt sein. Bei Betrieben mit Schichtarbeit musste die Arbeitszeit Jugendlicher erst um 23 Uhr beendet sein.
1997 wurde das Gesetz in Umsetzung der Richtlinie 94/33/EG des Rates vom 22. Juni 1994 über den Jugendarbeitsschutz aktualisiert. Das zweite Änderungsgesetz sah die Ausdehnung des Kinderarbeitsverbotes auf 15 Jahre vor, die Beschäftigung von Kindern unter 13 Jahren war jetzt grundsätzlich nur bei leichten und geeigneten Tätigkeiten möglich und volljährige Berufsschüler durften auch nach der Schule noch beschäftigt werden.
Deregulierungsgesetz 2005
Eine letzte Änderung erfuhr der Jugendarbeitsschutz durch das Gesetz zur Umsetzung von Vorschlägen zu Bürokratieabbau und Deregulierung von 2005. Jugendliche dürfen seitdem in Betrieben, in denen sie großer Hitze ausgesetzt sind, in der warmen Jahreszeit schon ab 5 Uhr beschäftigt werden. Es besteht ein allgemeiner Anspruch auf arbeitsmedizinische Untersuchung.
Außerdem dürfen Jugendliche jetzt auch ohne behördliche Ausnahmegenehmigung bei Musikaufführungen, Theatervorstellungen und anderen Aufführungen sowie bei Aufnahmen bis 23 Uhr beschäftigt werden.