Einen recht seltenen Sachverhalt hatte das Landesarbeitsgericht (LAG) Hamm am 21. Januar 2016 zu beurteilen. Der Fall wurde zwar letztendlich durch Berufungsrücknahme beendet, wirft jedoch Fragen auf, die grundsätzlich auf andere Situationen übertragbar sind. Er ist daher von nicht unerheblichem Interesse.
Kläger begehrt Schadensersatz für im Betrieb entwendeten Schmuck vom Arbeitgeber
Der Kläger, Mitarbeiter eines Krankenhauses im Ruhrgebiet, behauptete, im Sommer 2014 Schmuck und Uhren im Wert von rund 20.000,00 Euro in den Rollcontainer des Schreibtisches seines Büros eingelegt und diesen verschlossen zu haben. Er habe diese Wertsachen noch am selben Abend zur Bank bringen und dort in sein Schließfach einlegen wollen.
Diese Absicht sei jedoch aufgrund einer großen Arbeitsbelastung in Vergessenheit geraten. Erst einige Tage später habe er festgestellt, dass die üblicherweise verschlossene Tür zu seinem Büro aufgeschlossen gewesen sei. Der Rollcontainer sei aufgebrochen worden und die Wertsachen entwendet worden. Das Öffnen der Bürotür wäre nur mittels eines Generalschlüssels möglich gewesen, den eine Mitarbeiterin leichtfertiger Weise in ihrer Kitteltasche aufbewahrte.
Der Generalschlüssel sei nach Aufbrechen des Spindes der Mitarbeiterin entwendet worden. Mit seiner Klage begehrt der Kläger Schadensersatz. Denn, so dessen Begründung: Die Arbeitgeberin habe es unterlassen, durch klare Anweisungen oder Vorkehrungen für eine sichere Aufbewahrung des Generalschlüssels zu sorgen und dadurch den Diebstahl der Wertsachen erst möglich gemacht.
Arbeitgeberhaftung nur für Sachen, die für Arbeitsleistung benötigt werden
Erstinstanzlich wurde die Klage durch das Arbeitsgericht Herne mit Urteil vom 19.08.2015, Az 5 Ca 965/15 abgewiesen. Der Kläger legte hiergegen Berufung beim LAG ein, die jedoch nicht von Erfolg gekrönt war.
Die Richter*innen wiesen im Berufungstermin darauf hin, dass Schutzpflichten des Arbeitgebers bezüglich vom Arbeitnehmer in den Betrieb mitgebrachter Sachen sich nur dann begründen lassen, wenn diese zwingend, mindestens aber regelmäßig, für die Arbeitsleistung benötigt werden.
Nur im Falle der Einbringung solcher Sachen oder Gegenstände habe der Arbeitgeber ihm mögliche und zumutbare Maßnahmen zu ergreifen, um den Arbeitnehmer vor Verlust oder Beschädigung der eingebrachten Sachen zu schützen.
Kläger erklärt Rücknahme der Berufung
Unter Hinweis auf die seit langjährige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgericht (BAG), wonach sich ohne Kenntnis des Arbeitgebers eine Obhuts- und Verwahrungspflicht für in den Betrieb mitgebrachte (Wert-)Gegenstände nicht begründen lässt, regten die LAG-Richter*innen eine Rücknahme der Berufung an.
Da für den Kläger erkennbar war, dass sein Rechtsmittel kein Erfolg haben wird, nahm er die Berufung zurück, woraufhin ihm – die wegen der Rücknahme reduzierten – Verfahrenskosten auferlegt wurden.
Anmerkung:
Im Lichte der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist die erstinstanzliche Entscheidung ebenso verständlich wie die Anregung der LAG – Richter*innen, die Berufung zurück zu nehmen.
Eigentlich sollte es bekannt sein, dass in den Betrieb von Arbeitnehmer*innen mitgebrachte Sachen nur dann zu einer Schadensersatzpflicht des Arbeitgebers führen können, wenn diese für die Arbeitsleistung benötigt werden.
Im Besitz eines Arbeitnehmers stehende Schmuckstücke im Wert von ca. 20.000,00 Euro in einem Rollcontainer unterzubringen mag vielleicht sinnvoll sein, wenn dies für kurze Zeit der Fall ist. Offenkundig hatte dies der Kläger geplant, wenn man seiner Begründung folgt, wonach er die Wertsachen noch am selben Abend zur Bank bringen und dort in sein Schließfach einlegen wollte.
Das diese Absicht des Klägers jedoch aufgrund einer großen Arbeitsbelastung in Vergessenheit geraten sein soll, stimmt zumindest dann bedenklich, wenn er erst einige Tage später den Diebstahl aus dem in seinem Büro stehenden Rollcontainer bemerkt haben will. Für den Autor jedenfalls ist es, selbst bei einer sich über Tage hinziehenden großen Arbeitsbelastung, schlechthin nicht nachvollziehbar, dass so gut wie ungesicherte Schmuckstücke in einem Wert vom 20.000,00 Euro in Vergessenheit geraten.