Weisungsrecht des Arbeitgebers
Aufgrund seines Weisungsrechts kann der Arbeitgeber seinen Arbeitnehmer anweisen, zu einem Personalgespräch im Betrieb zu erscheinen. Dieses Recht unterliegt jedoch Grenzen. Der Arbeitgeber kann aufgrund dieses Weisungsrechts nach billigem Ermessen ausschließlich bestimmen,
- wann
- wo und
- was
der Arbeitnehmer zu leisten hat. Sollte es um die Vorbereitung, Erteilung oder Nichterfüllung von Weisungen in den soeben genannten Bereichen gehen, ist der Arbeitnehmer zur Teilnahme an dem Personalgespräch verpflichtet. Der Arbeitgeber hat jedoch die schutzwürdigen Interessen beider Parteien zu berücksichtigen und gegeneinander abzuwägen.
Personalgespräch zu Vertragsänderungen
Da sich das Weisungsrecht ausschließlich auf das „was, wann und wo“ der Arbeitsleistung beschränkt und somit den Vertragsinhalt näher ausgestaltet, kann der Arbeitnehmer die Teilnahme an einem Personalgespräch verweigern, dessen Inhalt hiermit nicht im Zusammenhang steht. Der Arbeitnehmer ist beispielsweise nicht verpflichtet an einem Personalgespräch teilzunehmen, welches die zukünftige Höhe des Arbeitslohnes zum Inhalt hat. Dies liegt daran, dass das Gespräch eine Änderung des Vertragsinhalts und nicht die nähere Ausgestaltung des bestehenden Arbeitsvertrages beinhalten würde.
Personalgespräch zu Vertragsbeendigungen
Dies trifft auch für Personalgespräche zu, bei denen es um eine Beendigung des Arbeitsvertrages geht. Arbeitnehmer können daher nicht zur Teilnahme an einem Personalgespräch verpflichtet werden, das lediglich die Kündigung des Arbeitsvertrages oder den Abschluss eines Aufhebungsvertrages zum Inhalt hätte.
Verdachtskündigung
Stützt der Arbeitgeber eine Kündigung jedoch auf den bestehenden Verdacht, dass der Arbeitnehmer strafbare Handlungen begangen habe, muss diesem in einem persönlichen Gespräch die Gelegenheit geben werden, zu den Vorwürfen Stellung zu nehmen. Dem Arbeitgeber obliegt insoweit eine Nachforschungspflicht. Hiernach muss der Arbeitgeber zur Aufklärung des Sachverhalts alles ihm Zumutbare unternehmen. Hört der Arbeitgeber seinen Mitarbeiter vor Ausspruch der Kündigung nicht an, ist die Kündigung bereits aus diesem Grunde unwirksam.
Was kann bei Nichterscheinen zum Personalgespräch passieren?
Ist der Arbeitnehmer zur Gesprächsteilnahme verpflichtet, kann dessen Verbleiben zur Erteilung einer Abmahnung führen. Es besteht sodann die Möglichkeit, eine Klage vor dem Arbeitsgericht auf Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte zu erheben. Im Wiederholungsfalle kann der Arbeitgeber zusätzlich eine Kündigung aussprechen.
Hinzuziehung eines Betriebsratsmitgliedes möglich?
Der Arbeitnehmer hat kein generelles Recht auf Teilnahme eines Betriebsratsmitgliedes am Personalgespräch. In welchen Fällen der Arbeitnehmer ein Betriebsratsmitglied heranziehen kann, ist gesetzlich geregelt. Dies betrifft Personalgespräche über die
- Änderung von Arbeitsabläufen, die eine Umschulung oder Weiterbildung erforderlich machen
- Berechnung und Zusammensetzung des Arbeitsentgelts
- Erörterung der Leistungsbeurteilung und der beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten
- Einsichtnahme in die Personalakten
- Behandlung von Beschwerden
- Möglichkeiten der Überwindung einer länger als sechswöchigen Arbeitsunfähigkeit und der Erhaltung des Arbeitsplatzes (betriebliches Eingliederungsmanagement)
Hinzuziehung eines Betriebsratsmitglieds bei Abschluss eines Aufhebungsvertrages möglich?
Für Personalgespräche über den Abschluss eines Aufhebungsvertrages sind die Umstände des Einzelfalls entscheidend.
Hat das Gespräch lediglich die Modalitäten des Aufhebungsvertrages zum Inhalt, besteht kein Anspruch auf Hinzuziehung eines Betriebsratsmitgliedes. Ist für den Arbeitnehmer noch die Frage zu klären, ob dieser sich auf den Vertragsabschluss einlässt und wird auch die Leistungsbeurteilung oder die weitere berufliche Entwicklung zum Thema gemacht, besteht ein Recht auf Inanspruchnahme eines Betriebsratsmitgliedes.
Hinzuziehung eines Rechtsanwalts möglich?
Das Landesarbeitsgericht Hamm hat am 23.05.2001 (Az.: 14 Sa 497/01) entschieden, dass ein Arbeitnehmer gegen den Widerstand des Arbeitgebers in der Regel keinen Anspruch auf Anwesenheit seines Rechtsanwalts während eines Personalgespräches hat.
Die Teilnahme an Personalgesprächen gehört zu den arbeitsvertraglichen Pflichten des Arbeitnehmers, die dieser grundsätzlich in eigener Person zu erbringen hat. Dem Arbeitnehmer ist es daher in der Regel nicht gestattet, betriebsfremde Personen mit der Wahrnehmung seiner Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis zu beauftragen. Deshalb hat der Arbeitnehmer im Rahmen von Personalgesprächen keinen Anspruch auf Anwesenheit seines Rechtsanwalts. Dem Arbeitnehmer muss jedoch ermöglicht werden, anstehende Entscheidungen erst nach Rücksprache mit seinem Rechtsanwalt zu treffen.
Ausnahmsweise erscheint es jedoch denkbar, dass dem Arbeitnehmer ein Recht auf Hinzuziehung seines Rechtsanwalts während eines Personalgesprächs zusteht, wenn der Arbeitgeber selbst einen Rechtsanwalt zurate zieht.
Hinzuziehung der Schwerbehindertenvertretung möglich?
Nach § 95 Absatz 2 SGB IX hat der Arbeitgeber die Schwerbehindertenvertretung in allen Angelegenheiten, die einen einzelnen oder die schwerbehinderten Menschen als Gruppe berühren, unverzüglich und umfassend zu unterrichten und vor einer Entscheidung anzuhören. Ist eine solche Beteiligung vor Durchführung des geplanten Personalgesprächs nicht erfolgt, ist die Schwerbehindertenvertretung zu beteiligen. Der Schwerbehindertenvertretung muss jedoch lediglich die Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben werden. Ein Mitwirkungs- oder Mitbestimmungsrecht besteht nicht. Der Arbeitgeber ist daher nicht verpflichtet dieser Stellungnahme zu folgen.
Personalgespräch bei Krankheit von Arbeitnehmer*innen
Wegen Krankheit arbeitsunfähige Arbeitnehmer*innen sind nicht verpflichtet, auf Anweisung des Arbeitgebers zu einem Personalgespräch im Betrieb zu erscheinen. Etwas anderes gilt nur, wenn das Erscheinen zum Personalgespräch ausnahmsweise aus betrieblichen Gründen unverzichtbar und der Arbeitnehmer gesundheitlich zur Teilnahme in der Lage ist.
Vergleiche dazu unseren Artikel „Krank ist krank“
Hier finden Sie das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 23.05.2001, Az.: 14 Sa 497/01 im Volltext