Allgemeine Grundsätze
Inwieweit dem Arbeitgeber ein Fragerecht zusteht, muss anhand einer Abwägung der Interessen des Bewerbers und des Arbeitgebers beurteilt werden. Der Bewerber möchte so wenig wie möglich von seiner Privatsphäre preisgeben. Dem Arbeitgeber geht es darum, mit gezielten Fragen möglichst viel über den Bewerber herauszufinden.
Grundsätzlich sind alle Fragen zulässig, bei denen das Interesse des Arbeitgebers überwiegt. Dies ist der Fall, wenn die Antwort auf die Frage für das konkrete, angestrebte Arbeitsverhältnis erheblich ist. Zulässige Fragen muss der Bewerber wahrheitsgemäß beantworten.
Stehen die Interessen des Bewerbers im Vordergrund, sind die Fragen verboten. Der Bewerber muss diese Fragen nicht beantworten.
Was haben Sie bisher beruflich gemacht?
Die Frage nach dem beruflichen Werdegang sowie nach bisherigen Beschäftigungsverhältnissen ist zulässig. Der Bewerber ist verpflichtet, seine früheren Arbeitgeber sowie die Dauer der jeweiligen Beschäftigungen korrekt anzugeben. Der Bewerber muss auch über Zeugnis- und Prüfungsnoten Auskunft geben.
Über welche fachlichen Qualifikationen und Ausbildungen verfügen Sie?
Der Arbeitgeber muss überprüfen können, ob der Bewerber mit seinen Qualifikationen und Ausbildungen die Tätigkeit überhaupt ausüben kann. Deshalb darf er nach den fachlichen Qualifikationen und Ausbildungen des Bewerbers fragen. Soweit Sprachkenntnisse für die Tätigkeit von Belang sind, darf der Arbeitgeber auch hiernach fragen.
Haben Sie den Bundeswehr- oder Zivildienst abgeleistet?
Der Arbeitgeber hat kein legitimes Interesse über abgeleistete Wehr- oder Zivildienstzeiten informiert zu werden. Diese Auskunft hat keine Bedeutung für die auszuübende Tätigkeit. Diese Frage ist daher unzulässig.
Wieviel haben Sie in Ihrem letzten Job verdient?
Die Zulässigkeit der Frage nach der Höhe des früheren Gehaltes ist von den Umständen des Einzelfalls abhängig.
Die Frage ist nur zulässig, wenn das bisherige Einkommen für den zu besetzenden Arbeitsplatz aussagekräftig ist. Dies ist nicht der Fall, wenn die beiden Arbeitsplätze vollkommen unterschiedliche Qualifikationen erfordern.
Wenn der Bewerber das frühere Gehalt von sich aus offenbart und als Mindestvergütung für die neue Stelle einfordert, ist die Frage zulässig.
Die Frage ist ebenso gestattet, wenn anhand der früheren Vergütung Rückschlüsse auf die Eignung des Bewerbers für den angestrebten Arbeitsplatz gezogen werden können. Dies ist vor allem der Fall, wenn der bisherige und der angestrebte Arbeitsplatz vergleichbare Kenntnisse oder Fähigkeiten erfordern.
Wie steht es um Ihre Vermögensverhältnisse? Haben Sie Schulden?
Die Zulässigkeit dieser Frage richtet sich ebenfalls nach dem konkret zu besetzenden Arbeitsplatz.
Bei Stellenausschreibungen für Führungskräfte und Vertrauenspersonen ist die Frage ausnahmsweise gestattet. Dies können beispielsweise Filialleiter, Bankkassierer, Finanzbuchhalter sein. In diesen Bereichen ist eine besondere Vertrauensgrundlage erforderlich. Dem Arbeitgeber ist es daher erlaubt, die gewonnenen Informationen zu nutzen, um auf eine generelle Zuverlässigkeit in Vermögensangelegenheiten schließen zu können.
Unterliegen Sie Lohnpfändungen?
Bei bestehenden Lohnpfändungen können beim Arbeitgeber Schwierigkeiten bei der Berechnung und Auszahlung des Lohnes auftreten. Das Interesse des Arbeitgebers einen solchen unangenehmen Aufwand zu vermeiden, rechtfertigt allein diese Frage nicht.
Die Umstände jedes Einzelfalles entscheiden darüber, ob die Frage nach Lohnpfändungen berechtigt ist.
Die Frage ist zulässig, wenn mehrere Pfändungen ein großes Ausmaß erreichen. Dies ist anzunehmen, wenn durch die Anzahl und die Höhe der Pfändungen ein erheblicher Arbeitsaufwand für den Arbeitgeber entsteht. Dies ist der Fall, wenn wesentliche Störungen im Arbeitsablauf und in der betrieblichen Organisation des Arbeitgebers auftreten.
Möchten Sie heiraten?
Die oft an weibliche Bewerber gestellte Frage ob sie alsbald heiraten möchten, ist unzulässig. Diese Frage betrifft den persönlichen Bereich des Bewerbers und steht in keinem Zusammenhang zur angestrebten Tätigkeit.
Sind Sie schwanger?
Die Frage nach einer bestehenden Schwangerschaft greift in die Privatsphäre der Bewerberin ein. Die Bewerberin wird aufgrund ihres Geschlechts diskriminiert. Der Arbeitgeber ist daher zu dieser Frage nicht berechtigt.
Hieran ändert sich auch nichts, wenn ein befristetes Arbeitsverhältnis geschlossen werden soll und feststeht, dass die schwangere Bewerberin während eines wesentlichen Teils der Vertragszeit aufgrund der Schwangerschaft nicht arbeiten kann.
Die Frage nach der Einnahme empfängnisverhütender Mittel ist in jedem Falle unzulässig. Daneben kann der Arbeitgeber auch nicht verlangen, dass ein Nicht-Schwangerschaftsattest vorgelegt wird.
Sind Sie Mitglied einer Partei?
Die Frage nach der Parteizugehörigkeit ist grundsätzlich nicht gerechtfertigt.
Ausnahmsweise darf der Arbeitgeber hiernach fragen. Dies ist der Fall, wenn der Arbeitgeber ein parteipolitischer Betrieb ist. Dies können neben den politischen Parteien selbst beispielsweise parteipolitisch gebundene Verlage sein.
Ebenso unzulässig ist die Frage, welcher Partei der Bewerber bei der letzten Bundestagswahl seine Stimme gegeben hat. Hiervor wird der Bewerber bereits durch den Grundsatz des Wahlgeheimnisses geschützt.
Welcher Religionsgemeinschaft gehören Sie an?
Der Arbeitgeber darf grundsätzlich nicht nach der Religionszugehörigkeit des Bewerbers fragen.
Jedoch sind auch hier Ausnahmefälle zu beachten. Ein solcher liegt bei einem religionsgebundenen Betrieb vor. Dies trifft außer auf die Kirchen selbst auch auf konfessionelle Krankenhäuser zu.
Sind Sie Mitglied einer Gewerkschaft?
Die Frage, ob der Bewerber Gewerkschaftsmitglied ist, ist unzulässig. Die Zugehörigkeit zu einer Gewerkschaft beeinflusst nicht die Eignung des Bewerbers für die freie Stelle.
Bei einer Bewerbung beim Arbeitgeberverband, der Gewerkschaft oder gewerkschaftsnahen Organisationen ist die Frage ausnahmsweise gestattet.
Rauchen Sie? Wenn ja, wieviel?
Nach dem Rauchverhalten darf der Arbeitgeber grundsätzlich nicht fragen.
Hierzu ist er nur in besonderen Einzelfällen berechtigt. Dies kann beispielsweise bei Piloten oder Pädagogen der Fall sein. Hier können die Aspekte der Sicherheit an Bord und die Vorbildfunktion als Erzieher für die Tätigkeit entscheidend sein.
Sind Sie vorbestraft?
Die Frage nach Vorstrafen ist zulässig, wenn der konkrete Arbeitsplatz die Straffreiheit erforderlich macht. Dies gilt zum Beispiel bei verkehrsrechtlichen Vorstrafen eines Kraftfahrers.
Die allgemeine Frage nach abgeschlossenen Ermittlungsverfahren ist unzulässig.
Die Frage nach laufenden Ermittlungsverfahren ist nur zulässig, wenn sie in dem angestrebten Arbeitsverhältnis für den Arbeitgeber, für andere Arbeitnehmer oder für Dritte das Risiko der Begehung weiterer Straftaten deutlich erhöhen. Entscheidend ist also auch in diesem Fall, ob das laufende Ermittlungsverfahren einen Bezug zum konkret, angestrebten Arbeitsverhältnis hat.
Folgen der falschen Beantwortung einer zulässigen Frage
War die Frage zulässig und beantwortet der Bewerber diese nicht wahrheitsgemäß, kann der Arbeitgeber den geschlossenen Arbeitsvertrag kündigen oder wegen arglistiger Täuschung nach anfechten. Im letzten Fall ist der Bewerber auch nicht durch das Kündigungsschutzgesetz geschützt, auch der Sonderkündigungsschutz gilt nicht.
Sollten die gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen, verliert der Arbeitnehmer seinen Arbeitsplatz.
Folgen der falschen Beantwortung einer unzulässige Frage
Beantwortet der Bewerber eine unzulässige Frage wahrheitswidrig oder unvollständig, treffen diesen keinerlei Konsequenzen. Er kann sich auf sein Recht zur Lüge berufen. Ein Anfechtungsrecht steht dem Arbeitgeber in diesem Falle nicht zu. Der Bewerber muss sich auch nicht damit begnügen, die Aussage zu verweigern oder den Arbeitgeber darauf hinzuweisen, dass die Frage unzulässig ist. Denn in diesen Fällen weiß der Arbeitgeber, dass der Bewerber möglicherweise etwas zu verbergen hat und hätte mit der unzulässigen Frage doch sein Ziel erreicht.
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