Dreimal innerhalb von 14 Monaten unterschrieb die junge Frau aus Leipzig einen befristeten Arbeitsvertrag. Ihr Arbeitgeber: ein Call-Center-Unternehmen. Im ersten Vertrag war der Grund der Befristung – ein bestimmtes Projekt – benannt. Schon zwei Monate später, am 15. Dezember 2009, legte der Arbeitgeber der Call-Center-Agentin einen neuen Vertrag zur Verlängerung des befristeten Arbeitsvertrages vor – um weitere 12 Monate. Auch hierin war ein Sachgrund für die Befristung – ein neues Projekt – aufgeführt. Dieser Vertrag wurde am 15. Dezember 2010 nochmals verlängert – diesmal allerdings ohne Aufführung eines neuen Sachgrundes. Diese Praxis ist aber rechtswidrig: „Hier hat der Arbeitgeber die Möglichkeiten des Teilzeit- und Befristungsgesetzes überzogen“, erklärt Mirko Schneidewind vom DGB Rechtsschutz-Büro Leipzig, „denn eine sachgrundlose Verlängerung nach einer vorausgegangenen inhaltlichen Vertragsänderung ist unzulässig.“ Der Arbeitgeber hat sich darauf berufen, dass es sich bei den Vertragsänderungen lediglich um Verlängerungen des sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrages gehandelt habe, was innerhalb von zwei Jahren zulässig wäre.

 

Verlängerung oder Neuabschluss

 

Hauptstreitpunkt für die nachfolgende Klage vor dem Arbeitsgericht Leipzig, den die Mandantin mit Hilfe der DGB Rechtsschutz-Kollegen im Juni 2010 einreichte, war demnach die Frage, ob der zweite befristete Arbeitsvertrag nur eine Verlängerung des ersten war oder ein Neuabschluss. Denn im zweiten Vertrag wurde eine neue Tätigkeit – ein neues ,Projekt‘ – aufgeführt, das die Mandantin bearbeiten sollte. Außerdem musste sie vorab eine vierwöchige Schulung absolvieren, um diese Aufgabe erledigen zu können. „Verwendet der Arbeitgeber von diesem einen Jahr Vertragslaufzeit vier Wochen auf Schulungen, spricht dies für eine besonders qualifizierte Tätigkeit und für eine erhebliche Änderung der Arbeitsaufgabe“, betonten die Leipziger Arbeitsrichter in ihrem Urteil. Diese unstrittigen Fakten deuteten auf eine wesentliche Änderung von Vertragsbestandteilen hin. „Möchte ein Arbeitgeber einen befristeten Arbeitsvertrag ohne Sachgrund verlängern, darf er an den Vertragsbestandteilen außer der neuen Vertragslaufzeit nichts ändern“, betont Jurist Schneidewind, „in diesem Fall kam hinzu, dass die Parteien bei der Vertragsänderung eine verlängerte Probezeit vereinbart hatten – wenn auch nur um zwei Tage.“
Eine wirksame Sachgrundbefristung, auf die der Arbeitgeber sich hilfsweise berief, lag auch deshalb nicht vor, weil das „Projekt“, für das die Mandantin mit ihrem zweiten Arbeitsvertrag eingesetzt worden war, auch mit Ablauf ihres dritten Arbeitsvertrages noch nicht abgeschlossen war: „Ein Beleg dafür, dass es sich um eine reguläre Geschäftsbeziehung innerhalb des Unternehmens handelte – und nicht um einen vorübergehenden betrieblichen Bedarf an der Arbeitsleistung unserer Mandantin, der einen sachlichen Befristungsgrund im Sinne von § 14 Absatz 1 Teilzeit- und Befristungsgesetz darstellen konnte.“ Nachdem auch das Arbeitsgericht die Befristung für unzulässig erklärte und das Recht auf Weiterbeschäftigung feststellte, ging der Arbeitgeber in Berufung. Vor dem Landesarbeitsgericht Sachsen einigten sich beide Parteien auf eine Abfindung von 10.000 Euro. „Da unsere Mandantin bereits eine neue Anstellung in Aussicht hatte, nahm sie die Vergleichssumme an“, so Schneidewind, „für eine Beschäftigungsdauer von nicht einmal zwei Jahren war sie damit sehr zufrieden.“

Rechtliche Grundlagen

Befristungsarten

Wird ein befristetes Beschäftigungsverhältnis mit einem Sachgrund abgeschlossen, gibt es dafür keine zeitliche Begrenzung. Der Arbeitgeber hat das Vorliegen eines sachlichen Grundes im Streitfall nachzuweisen. Ein häufiger anerkannter Sachgrund ist die Vertretung eines verhinderten Arbeitnehmers wegen Krankheit, Elternzeit, Wehrpflicht oder Zivildienst. Nicht anerkannt als Sachgrund hingegen ist eine unbeständige wirtschaftliche Entwicklung oder die dauerhafte Vertretung eines verhinderten Arbeitnehmers. Erfolgt eine zeitliche Befristung und übersteigt die Dauer des Beschäftigungsverhältnisses nicht den Zeitraum von zwei Jahren, kann sie ohne sachlichen Grund abgeschlossen werden. Innerhalb dieser Höchstgrenze kann sie dreimal verlängert werden – es sei denn, im Tarifvertrag ist anderes geregelt. Eine zeitliche Befristung ohne Sachgrund ist nicht möglich, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits vorher ein befristetes Arbeits­verhältnis bestand.