Hat ein Arbeitgeber über viele Jahre hinweg Raucherpausen wie Arbeitszeit vergütet, so kann hieraus kein Anspruch aus betrieblicher Übung auf Fortsetzung dieser Praxis abgeleitet werden. Das gilt insbesondere dann, wenn der Arbeitgeber in der Vergangenheit weder die genaue Häufigkeit noch die Dauer dieser Pausen kannte, da es in diesem Fall an einem ausreichend bestimmten Angebot einer Leistung durch den Arbeitgeber fehlt.

18 Jahre bezahlte Raucherpausen

Der Kläger ist seit 1995 als Lagerarbeiter bei der Beklagten beschäftigt. Während der Dauer seiner Tätigkeit in dem Betrieb der Beklagten war es bis Ende 2012 problemlos möglich, dass die Beschäftigten Raucherpausen einlegen, ohne das Zeiterfassungsgerät zu bedienen. Dies hatte zur Folge, dass für diese Raucherpausen kein Lohnabzug vorgenommen wurde. 


Zwischen der Arbeitgeberin und dem Betriebsrat wurde Anfang 2013 eine Betriebsvereinbarung (BV) abgeschlossen. In dieser BV wurde geregelt, dass das Rauchen nur noch in speziell ausgewiesenen Raucherzonen zulässig ist und die Beschäftigten sich für die Dauer der Raucherpausen ausstempeln müssen. 


Im Januar 2013 wurden dem Kläger 210 Minuten für Raucherpausen von der Arbeitszeit abgezogen, im Februar 96 Minuten und im März 572 Minuten. Nachdem entsprechende Gehaltsabzüge erfolgten, vertrat der Kläger die Auffassung, dass der entsprechende Gehaltsabzug zu Unrecht erfolgt sei.

Kläger beruft sich auf betriebliche Übung 

Er verlangte daher die Bezahlung der Raucherpausen. Er begründete seinen Anspruch damit, dass sich dieser aus betrieblicher Übung ergebe.


Seine Klage hatte weder vor dem Arbeitsgericht, noch vor dem Landesarbeitsgericht (LAG) Erfolg.


In seiner Entscheidung vom 5.8.2015 kam das LAG zu dem Ergebnis, dass der Kläger keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Bezahlung der in den Monaten Januar bis März 2013 genommenen Raucherpausen habe. Denn, so die 2. Kammer des LAG Nürnberg: „Ein solcher Anspruch ergibt sich insbesondere nicht aus betrieblicher Übung. Unter den gegebenen Umständen konnte der Kläger aus dem Verhalten der Beklagten nicht auf einen Verpflichtungswillen schließen, über den 1.1.2013 hinaus Raucherpausen unter Fortzahlung der Vergütung zu gewähren“.


Überdies, so das zweitinstanzliche Gericht, habe die Beklagte bis zum Inkrafttreten der Betriebsvereinbarung keinen Überblick über die Häufigkeit und die Dauer der von den Beschäftigten genommenen Raucherpausen gehabt. Dies sei für die Arbeitnehmer*innen auch ohne weiteres erkennbar gewesen.


Da es In einem solchen Fall an einem hinreichend bestimmten Angebot einer Leistung durch den Arbeitgeber fehle, könne nicht von einer betrieblichen Übung ausgegangen werden auf die sich der Kläger berufe.

Landesarbeitsgericht Nürnberg lässt keine Revision zum Bundesarbeitsgericht zu. Kläger legt Nichtzulassungsbeschwerde ein.

In seiner Entscheidung führte das LAG weiterhin aus, dass Arbeitnehmer*innen nicht ohne zusätzliche besondere Anhaltspunkte davon ausgehen können, dass der Arbeitgeber ohne Kenntnis über Umfang und Dauer der Raucherpausen täglich auf 60 bis 80 Minuten Arbeitszeit verzichtet, gleichzeitig die Dauer und Häufigkeit der Pausen frei den Arbeitnehmern überlässt und sich für die Zukunft auch noch entsprechend binden will. 


Zudem könne ein Vertrauen in den Fortbestand der alten Praxis auch deshalb nicht entstehen, weil die alte Regelung Nichtraucher benachteiligt habe, denn diese hätten für die gleiche Bezahlung im Schnitt über 10 Prozent mehr Arbeitsleistung erbringen müssen als die Raucher.


Da das LAG keine Revision zum Bundesarbeitsgericht (BAG) zuließ, hat der Kläger am 07.09.2015 Nichtzulassungsbeschwerde (NZB) beim BAG eingelegt, die dort unter dem Az.: 5 AZN 872/15 geführt wird. 

Anmerkung:

Bezahlte Raucherpausen in einem wie von dem Kläger wahrgenommenen Umfang, wie z.B. 572 Minuten im Monat März 2013, erscheinen selbst dem dem Nikotin frönenden Autor, bedenklich. 


Es wird innerbetrieblich kaum vertretbar sein, dass Raucher*innen sich monatlich 10 Stunden und mehr dem bezahlten Nikotingenuss hingeben können, während Nichtraucher*innen weiterhin ihrer Tätigkeit nachkommen.


Folgt man den Feststellungen des LAG, so ist wohl davon auszugehen, dass zu keiner Zeit ein Bindungswille seitens des Arbeitgebers dahingehend entstand, den rauchenden Mitarbeiter*innen bezahlte Raucherpausen in einem nicht bestimmten Zeitumfang zu gewähren. 


Nachdem das LAG zu dem Ergebnis kam, dass Nichtraucher*innen für die gleiche Bezahlung im Schnitt über 10 Prozent mehr Arbeitsleistung erbringen müssen als die Raucher, erscheint die zwischen den Betriebsparteien abgeschlossene Betriebsvereinbarung durchaus verständlich und gerechtfertigt.


Da der Kläger eine Nichtzulassungsbeschwerde (§ 72a Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG)) beim BAG gegen die Entscheidung des LAG einlegte, bleibt abzuwarten, in welcher Weise das BAG hierüber entscheidet, sofern es überhaupt zu einer Entscheidung in der Sache kommt. 

Zu den Erfolgsaussichten einer Nichtzulassungsbeschwerde: 

Im Jahr 2014 wurden beim Bundesarbeitsgericht 1237 Nichtzulassungsbeschwerden eingelegt, von denen 94 (5,7%) erfolgreich waren (Statistik des BAG hierzu). 


Diese negative Bilanz ergibt sich insbesondere daraus, dass es in vielen Fällen schon an einer den Anforderungen einer Nichtzulassungsbeschwerde notwendigen Begründung ermangelt. Man darf gespannt das Ergebnis der vom Kläger anhängig gemachten Nichtzulassungsbeschwerde entgegensehen.

Hier geht’s zum Urteil des Landesarbeitsgericht Nürnberg vom 5.8.2015, Az: 2 Sa 132/15: