Angelika Kapeller vom Gewerkschaftlichen Centrum des DGB Rechtsschutz und Julia Grimme, Gewerkschaft NGG, freuen sich über den gemeinsamen Erfolg. Copyright by DGB Rechtsschutz.
Angelika Kapeller vom Gewerkschaftlichen Centrum des DGB Rechtsschutz und Julia Grimme, Gewerkschaft NGG, freuen sich über den gemeinsamen Erfolg. Copyright by DGB Rechtsschutz.

Ein schönes Weihnachtsgeschenk gab es für die Angestellten der Schnellrestaurantkette Nordsee: Das Bundesarbeitsgericht hat am 19. Dezember 2018 in mehreren Verfahren, die das Gewerkschaftliche Centrum für Revision und Europäisches Recht der DGB Rechtsschutz GmbH geführt hat, Teilzeitkräften der Systemgastronomie einen Überstundenzuschlag von 33 % des Stundenlohnes zugesprochen.

 

Anspruch auf Überstunden-Zuschlag nur für Vollzeitbeschäftigte?

Der Arbeitgeber, die Firma Nordsee, vertrat die Auffassung, einen solchen Anspruch auf Überstunden-Zuschlag gebe es für die teilzeitzeitbeschäftigten Klägerinnen nicht. In ihren Betrieben gilt der Manteltarifvertrag für die Systemgastronomie, der mit der NGG abgeschlossen worden ist und der einen Mehrarbeits-beziehungsweise Überstundenzuschlag von 33 % vorsieht. In der Systemgastronomie sind ca. 105.000 Arbeitnehmer*innen beschäftigt, davon viele in Teilzeit.

 

Die Arbeitgeberin hat diesen Tarifvertrag so ausgelegt, dass dieser Zuschlag für Teilzeitbeschäftigte nur dann zu zahlen ist, wenn sie die vereinbarte Höchstjahresarbeitszeit von 2028 Stunden - das entspricht einer Vollzeitarbeitskraft - überschreiten. 

 

Teilzeitbeschäftigte, die eine niedrigere Höchstjahresarbeitszeit vereinbart hatten, wie das bei den Klägerinnen der Fall war, und diese individuelle Höchstarbeitszeit überschreiten, sollten dagegen keinen Zuschlag bekommen.

 

Diskriminierung von Teilzeitbeschäftigten?

Angelika Kapeller, Prozessbevollmächtigte der Klägerinnen von der DGB Rechtsschutz GmbH, die das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht geführt hat, sieht darin eine klare Diskriminierung von Teilzeitbeschäftigten. 

 

Kapeller: „Es stellt eine Benachteiligung der Teilzeitbeschäftigten da, wenn sie - im Gegensatz zu den Vollzeitbeschäftigten - keine Zuschläge für die Stunden erhalten, die sie über ihre individuell vereinbarte Arbeitszeit hinaus gearbeitet haben. Das ist mit § 4 TzBfG, der eine Benachteiligung von Teilzeitbeschäftigte verbietet, nicht zu vereinbaren.“

 

Bundesarbeitsgericht gibt bisherige Rechtsprechung auf

So sah das auch der 10. Senat des Bundesarbeitsgerichts, der zu Gunsten der Klägerinnen entschied . Der Senat führte dazu aus, dass ein Beschäftigter seine Freizeit opfere, wenn er mehr arbeiten muss, als arbeitsvertraglich vereinbart wurde. 

 

Dafür sei er zu entschädigen, indem er einen Zuschlag erhält. Es spiele keine Rolle, ob es sich um einen Vollzeitbeschäftigten oder Teilzeitbeschäftigten handelt. Damit gab der 10. Senat des Bundesarbeitsgerichts eine langjährige Rechtsprechung auf. 

 

In früheren Entscheidungen hatte das BAG entschieden, dass eine tarifvertragliche Klausel, die einen Mehrarbeitszuschlag vorsieht, so zu verstehen ist, dass er einen Ausgleich für gesundheitliche Belastungen darstellen soll. Eine solche Belastung liege nur vor, wenn die tariflich festgelegte Regelarbeitszeit, die sowohl für Vollzeitbeschäftigte als auch für Teilzeitbeschäftigte gilt, überschritten wird (zuletzt Urteil vom 26. April 2017 (10 AZR 589/15). Diese Rechtsprechung ist nun mit den Entscheidungen vom 19.12.2018 aufgegeben worden.

 

Pressemitteilung des Bundesarbeitsgerichts

 

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Das sagen wir dazu:

Diese Entscheidung ist sehr erfreulich und stärkt die Rechte von Teilzeitbeschäftigten, was auch im Sinne des Unionsrechts ( vergl. Richtlinie 97/81/EG vom 15.12.1997) ist. 


Allerdings hier nochmals der Hinweis, dass Arbeitgeber nur dann verpflichtet sind, Mehrarbeitszuschläge zu zahlen, wenn diese in einer arbeitsvertraglichen oder tarifvertraglichen Regelung vereinbart sind. Eine gesetzliche Regelung, die solch einen Anspruch vorsieht, gibt es (leider) nicht.

Rechtliche Grundlagen

§ 4 Abs. 1 TzBfG

Ein teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer darf wegen der Teilzeitarbeit nicht schlechter behandelt werden als ein vergleichbarer vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer, es sei denn, dass sachliche Gründe eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen. Einem teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmer ist Arbeitsentgelt oder eine andere teilbare geldwerte Leistung mindestens in dem Umfang zu gewähren, der dem Anteil seiner Arbeitszeit an der Arbeitszeit eines vergleichbaren vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers entspricht.