Es ging vor dem Landesarbeitsgericht Sachsen um einen Rettungsassistenten, der wöchentlich 40 Stunden im Krankentransport oder 48 Stunden in der Notfallrettung eingesetzt ist.
Vorgeschriebene Arbeitskleidung im Rettungsdienst
Vom Arbeitgeber vorgeschrieben ist das Tragen von Berufskleidung während des Dienstes, die den Mitarbeiter*innen zur Verfügung gestellt wird. Die Berufskleidung umfasst dabei:
- Jacken und Westen
- Hosen
- Hemden, Shirts
Beim Transport von schwerverletzten, verschmutzten oder infektionsverdächtigen Patienten ist zusätzlich je nach Situation Schutzkleidung zu tragen:
- Knöchelhohe Sicherheitsschuhe
- Handschuhe
- Schutzkittel, Schutzanzüge
- Brillen, Schutzhelme
- Atemschutzmasken
- Chirurgischer Mundschutz
Umkleiden nur in der Rettungswache
Die Berufskleidung darf nur zu Dienstzwecken getragen werden, das Tragen privater Arbeitskleidung ist durch den Arbeitgeber ausdrücklich untersagt.
Das Umziehen der Rettungssanitäter*innen erfolgt deshalb ausschließlich im Umkleideraum der Rettungswache, wo die Berufskleidung in einem eigenen Spind aufbewahrt wird.
Allerdings mussten die Mitarbeiter*innen sich vor Beginn bzw. nach Ende der festgelegten und vergüteten Dienstzeiten, also in ihrer Freizeit umziehen. Obwohl sie nach der Vorgabe des Arbeitgebers bei Schichtbeginn und bis zum Schichtende „einsatzbereit“ zu sein haben - was das Tragen von Berufskleidung voraussetzt.
Keine Abgeltung durch Bereitschaftszeiten
Der Arbeitgeber hatte sich darauf berufen, dass während der Arbeitszeit des Klägers in gewissem Umfang auch Bereitschaftszeiten fielen und dass damit die benötigten Umkleidezeiten vor und nach dem Schichtwechsel „abgegolten seien“.
Diesem Argument hat das LAG eine deutliche Absage erteilt. Denn weder arbeitsvertraglich noch tarifvertraglich war eine solche Abgeltung der Umkleidezeiten irgendwo vereinbart.
Das Gericht hat somit der Klage stattgegeben und den Arbeitgeber verurteilt, die erforderlichen Umkleidezeiten als Arbeitszeiten anzuerkennen und entsprechend zu vergüten.
Anmerkung der Redaktion:
Wenn vom Arbeitgeber das Tragen einer bestimmten Dienst-/ Berufskleidung vorgeschrieben ist, stellt das erforderliche Umkleiden eine von den Beschäftigten geschuldete Dienstleistung dar.
Bis vor einigen Jahren hielt das Bundesarbeitsgericht (BAG) diese Dienstleistung aber nicht für vergütungspflichtig. „Den Umständen nach“ sei eine Vergütung für die Umkleidezeiten nicht zu erwarten, selbst wenn der Arbeitgeber das Tragen der Dienstkleidung bei Dienstbeginn verlangt.
Hier hat das BAG im Jahr 2012 aber eine Kehrtwendung vollzogen: Das Gericht hält an dieser früheren Auffassung seitdem ausdrücklich nicht mehr fest. Das BAG hat im Gegenteil entschieden, dass ein Arbeitgeber mit der Weisung, Arbeitskleidung im Betrieb anzuziehen, das Umkleiden selbst zur arbeitsvertraglich geschuldeten Hauptleistungspflicht macht. Diese Zeit ist damit auch „Arbeitszeit“ und zu vergüten.
Voraussetzung für die zusätzliche Vergütung der Umkleidezeiten ist somit nach der Rechtsprechung, dass:
- das Tragen der Arbeitskleidung bereits zu Dienst- / Schichtbeginn vorgeschrieben ist
- das Umziehen nicht bereits zu Hause erfolgen darf, sondern die Berufskleidung im Betrieb verbleibt und auch dort an- und abgelegt werden muss
- es keine vertragliche / tarifvertragliche Regelung gibt, wonach das Umkleiden bereits mit der Vergütung bspw. für Bereitschaftszeiten abgegolten ist.
Das LAG Sachsen hat in dem besprochenen Fall lebensnah entschieden, dass sich die arbeitgeberseitige Verpflichtung, sich im Betrieb umzuziehen, auch aus den betrieblichen Umständen ergeben kann. Selbst wenn es keine ausdrückliche Anordnung gibt, die Berufskleidung erst im Betrieb anzuziehen, kann sich aus den betrieblichen Abläufen ergeben, dass dies vom Arbeitgeber erwartet und gewollt wird.
Das Urteil des Bundesarbeitsgerichts zu Umkleidezeiten finden sie hier