Befristung geknackt-Lehrerin obsiegt gegen Land Rheinland-Pfalz
Befristung geknackt-Lehrerin obsiegt gegen Land Rheinland-Pfalz

Eine Lehrerin für Sprachförderung wehrte sich vor dem Arbeitsgericht Trier dagegen, dass ihr Arbeitsverhältnis mit dem Land Rheinland-Pfalz bis zum 15. Juli 2016 befristet war. Zusammen mit ihr erreichte der Trierer Rechtsschutzsekretär Ralf Michaelis der DGB Rechtsschutz GmbH, dass sie jetzt in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis steht.

Die Klägerin war seit Oktober 2012 aufgrund mehrerer Befristungen durchgängig beim beklagten Land beschäftigt. Der letzte dieser befristeten Arbeitsverträge datiert vom 3. Juli 2015 und sah vor, dass das Arbeitsverhältnis vom 25. Juli 2015 bis zum 15. Juli 2016 dauern sollte. Die Klägerin arbeitete in einer Aufnahmeeinrichtung für Asylanten. Dort half sie geflüchteten Kindern beim Erlernen der deutschen Sprache.

Gründe für die Befristung überzeugen nicht

Als sachlichen Grund für die Befristung führte das beklagte Land hauptsächlich an, es bestehe nur ein vorübergehender Bedarf, die Klägerin zu beschäftigen. Aufgrund von „politischen Maßnahmen“ sowohl auf deutscher als auch auf europäischer Ebene sei zu erwarten, dass die Zahl der Flüchtlinge in Deutschland tendenziell zurückgehen werde. Darüber hinaus habe der Bundeshaushalt Geld „zur Bewältigung des Zuwanderungsstroms“ nur für das Haushaltsjahr 2015 zugesagt. Und zuletzt habe die Absicht bestanden, die Sprachförderung verstärkt in den normalen Schulen anzusiedeln. Nicht einer dieser Gründe hatte vor dem Arbeitsgericht Trier Bestand.

Der Vorübergehende Beschäftigungsbedarf

Ein vorübergehender Beschäftigungsbedarf kann ein Befristungsgrund sein. Dies ist im Teilzeit- und Befristungsgesetz ausdrücklich so geregelt. Es muss aber mit hinreichender Sicherheit absehbar sein, dass der Beschäftigungsbedarf mit Ablauf der Befristung wegfallen wird. Diese Prognose bezieht sich immer auf den Moment, in dem die Parteien den befristeten Arbeitsvertrag abschließen. Außerdem müssen der Voraussage konkrete Anhaltspunkte zugrunde liegen. Diese Voraussetzungen sind hier nach der zutreffenden Auffassung des Arbeitsgerichts Trier nicht erfüllt.

Arbeitsgericht „zerpflückt“ negative Prognose des beklagten Landes

Ein Rückgang der Flüchtlingszahlen war im Sommer 2015 nicht abzusehen. Im Gegenteil: Noch in der zweiten Jahreshälfte eröffnete des beklagte Land mehrere Aufnahmeeinrichtungen für Asylsuchende neu. „Politische Maßnahmen“ wie Beschleunigung der Asylverfahren oder der Ausbau von Sprachkursen haben aus der Sicht vom Juli 2015 nicht dazu geführt, dass die Flüchtlingszahlen zurückgingen. Zwar gab es Maßnahmen, die tatsächlich zu einer Reduktion führten, so zum Beispiel das Abkommen mit der Türkei. Aber alle diese Maßnahmen sind erst zu einem Zeitpunkt in Kraft getreten, als der befristete Arbeitsvertrag längst abgeschlossen war. Das beklagte Land konnte diese Maßnahmen also nicht mehr für die Prognose heranziehen.
Außerdem spricht auch gegen eine für die Klägerin negative Prognose, dass das beklagte Land die Arbeitszeit der Klägerin ab dem 4. Januar 2016 mit der Begründung eines zusätzlichen Unterrichtsbedarfs sogar um zwei Stunden erhöht hat.

Die Gelder aus dem Bundeshaushalt

Zu Recht weist das Arbeitsgericht Trier darauf hin, dass die Haushaltsmittel nicht ausdrücklich für die Finanzierung von Sprachförderunterricht bestimmt sind. Außerdem kann das beklagte Land eine Befristung nicht auf die Ungewissheit stützen, ob Bundeszuschüsse in Zukunft weiter zur Verfügung stehen.

Die Sprachförderung an normalen Schulen

Die Richter*innen der 2. Kammer des Arbeitsgerichts Trier weisen in ihrer Entscheidung vom 07.06.2016 darauf hin, dass es sei nicht ersichtlich sei, warum die Klägerin nicht auch an einer normalen Schule arbeiten können soll. Dies gilt umso mehr, als sie im Herbst 2015 bereits drei Monate lang an eine solche Schule abgeordnet war.

Berufungsmöglichkeit für beklagtes Land

Aufgrund der Aktualität unserer Berichterstattung ist die Frist noch nicht abgelaufen, innerhalb derer das beklagte Land Berufung gegen das arbeitsgerichtliche Urteil einlegen kann. Wenn Berufung eingelegt wird, werden wir weiter berichten.


Das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 07.06.2016 – Az.: 2 Ca 374/16 können sie hier im Volltext lesen


Im Praxistipp: § 14 Zulässigkeit der Befristung Gesetz über Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverträge (Teilzeit- und Befristungsgesetz - TzBfG)

Rechtliche Grundlagen

§ 14 Zulässigkeit der Befristung Gesetz über Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverträge (Teilzeit- und Befristungsgesetz - TzBfG)

Gesetz über Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverträge (Teilzeit- und Befristungsgesetz - TzBfG)

§ 14 Zulässigkeit der Befristung

(1) Die Befristung eines Arbeitsvertrag
es ist zulässig, wenn sie durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist. Ein sachlicher Grund liegt insbesondere vor, wenn
1. der betriebliche Bedarf an der Arbeitsleistung nur vorübergehend besteht,
2. die Befristung im Anschluss an eine Ausbildung oder ein Studium erfolgt, um den Übergang des Arbeitnehmers in eine Anschlussbeschäftigung zu erleichtern,
3. der Arbeitnehmer zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers beschäftigt wird,
4. die Eigenart der Arbeitsleistung die Befristung rechtfertigt,
5. die Befristung zur Erprobung erfolgt,
6. in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe die Befristung rechtfertigen,
7. der Arbeitnehmer aus Haushaltsmitteln vergütet wird, die haushaltsrechtlich für eine befristete Beschäftigung bestimmt sind, und er entsprechend beschäftigt wird oder
8. die Befristung auf einem gerichtlichen Vergleich beruht.

(2) Die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes ist bis zur Dauer von zwei Jahren zulässig; bis zu dieser Gesamtdauer von zwei Jahren ist auch die höchstens dreimalige Verlängerung eines kalendermäßig befristeten Arbeitsvertrages zulässig. Eine Befristung nach Satz 1 ist nicht zulässig, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat. Durch Tarifvertrag kann die Anzahl der Verlängerungen oder die Höchstdauer der Befristung abweichend von Satz 1 festgelegt werden. Im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrages können nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Anwendung der tariflichen Regelungen vereinbaren.

(2a) In den ersten vier Jahren nach der Gründung eines Unternehmens ist die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes bis zur Dauer von vier Jahren zulässig; bis zu dieser Gesamtdauer von vier Jahren ist auch die mehrfache Verlängerung eines kalendermäßig befristeten Arbeitsvertrages zulässig. Dies gilt nicht für Neugründungen im Zusammenhang mit der rechtlichen Umstrukturierung von Unternehmen und Konzernen. Maßgebend für den Zeitpunkt der Gründung des Unternehmens ist die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit, die nach § 138 der Abgabenordnung der Gemeinde oder dem Finanzamt mitzuteilen ist. Auf die Befristung eines Arbeitsvertrages nach Satz 1 findet Absatz 2 Satz 2 bis 4 entsprechende Anwendung.

(3) Die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes ist bis zu einer Dauer von fünf Jahren zulässig, wenn der Arbeitnehmer bei Beginn des befristeten Arbeitsverhältnisses das 52. Lebensjahr vollendet hat und unmittelbar vor Beginn des befristeten Arbeitsverhältnisses mindestens vier Monate beschäftigungslos im Sinne des § 138 Absatz 1 Nummer 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch gewesen ist, Transferkurzarbeitergeld bezogen oder an einer öffentlich geförderten Beschäftigungsmaßnahme nach dem Zweiten oder Dritten Buch Sozialgesetzbuch teilgenommen hat. Bis zu der Gesamtdauer von fünf Jahren ist auch die mehrfache Verlängerung des Arbeitsvertrages zulässig.

(4) Die Befristung eines Arbeitsvertrages bedarf zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform.