Über den unverfrorenen Versuch einer Berliner Klinik, die Befristungsmöglichkeiten des Teilzeit- und Befristungsgesetzes auszuweiten hatte das Arbeitsgericht Berlin zu entscheiden.

Arbeitsplatz identisch – Arbeitgeber wechselt

Die Arbeitnehmerin war über acht Jahre hinweg jeweils mit befristeten Verträgen als Mitarbeiterin im Schreibbüro des Krankenhauses eingesetzt. Durchgängig am selben, speziell für sie eingerichteten Arbeitsplatz. 

Rechtlich problematisch war an dem Sachverhalt, dass erst der letzte befristete Arbeitsvertrag mit der Klinik selbst vereinbart worden war, die vier vorherigen Arbeitsverträge waren über jeweils unterschiedliche Zeitarbeitsfirmen abgeschlossen worden.

Damit konnte rein formal betrachtet jeder der befristeten Arbeitsverträge nach § 14 Abs. 2 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) ohne sachlichen Grund abgeschlossen werden, da es sich immer um unterschiedliche Arbeitgeber handelte.

Für diesen Versuch der Klinik, die Regelungen des Befristungsrechts zu umgehen, hat das Arbeitsgericht jedoch kein Verständnis aufbringen können und hat das Vorgehen erfreulich klar als das bezeichnet, was es ist : Rechtsmissbrauch. 

Klinik trickste mit Tochterfirmen

Die missbräuchliche Ausnutzung der gesetzlichen Befristungsmöglichkeit wurde im vorliegenden Sachverhalt auch dadurch deutlich, dass die verschiedenen Zeitarbeitsfirmen zum Teil Tochtergesellschaften und Beteiligungsgesellschaften des Krankenhauses selbst waren.

Das Arbeitsgericht konnte sich bei der Bewertung dieser Vertragsgestaltung auch auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes beziehen: Danach stellt es eine Umgehung des TzBfG dar, wenn mehrere rechtlich und tatsächlich verbundene Arbeitgeber in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken aufeinander folgende befristete Verträge abschließen, um die 2-jährige Beschränkung sachgrundloser Befristung auszuweiten. 

„Recht des Arbeitnehmers, nicht zu erfüllen, was nicht geschuldet ist“

Schließlich hat das Arbeitsgericht Berlin den Fall zum Anlass genommen, auch den Grundrechtsbezug des Kündigungsschutz- und Befristungsrechts in Erinnerung zu rufen:

„Wer keinen Kündigungsschutz genießt und daher dem Abbruch der Beziehung durch den Vertragspartner weitgehend schutzlos ausgeliefert ist, wird nahezu alles tun, um sich mit dessen – vermuteten oder auch manifesten – Erwartungen in Einklang zu bringen.


Das bedeutet: Er ist zum „Wohlverhalten“ im betrieblichen Dasein auch dort gezwungen, wo er es vertraglich – da nicht „versprochen“ (§ 611 Abs. 1 BGB) - nicht schuldete. Auf diese Weise betritt ein grundrechtlicher Akteur die betriebliche Szenerie. 


Gemeint ist das Recht des Arbeitnehmers, Erwartungen und Wünsche des Arbeitgebers, deren Respektierung er nicht schuldet, auch nicht zu erfüllen. Diese Befugnis fällt in den Schutzbereich des Grundrechts auf freie Entfaltung der Persönlichkeit. Damit gerät zwangsläufig auch Art. 2 Abs. 1 GG ins Blickfeld.“


Ein Grundrecht auf ein unbefristetes Arbeitsverhältnis ? Das hatte schon das Bundesarbeitsgericht nicht anerkannt. Aber sehr zu Recht hat das Arbeitsgericht Berlin natürlich betont, dass bei der Gesetzesauslegung, insbesondere zur Verhinderung von Rechtsmissbrauch, die Grundrechte eine wesentliche Bedeutung haben.

Arbeitsgericht Berlin, Urteil v. 13.03.2015, 28 Ca 741/15 hier im Volltext
Bundesarbeitsgericht , Urteil v. 22.01.2014, 7 AZR 243/12 hier im Volltext

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