Die Ordnung des Betriebs unterliegt der echten Mitbestimmung. Doch was zählt alles dazu?
Die Ordnung des Betriebs unterliegt der echten Mitbestimmung. Doch was zählt alles dazu?

Die Mitbestimmung bei Fragen der Ordnung des Betriebes erfasst alle gestaltenden Maßnahmen des Arbeitgebers, die die Gesamtheit der Belegschaft und das Zusammenleben im Betrieb betreffen.
 

Keine Mitbestimmung beim Arbeitsverhalten

 
Damit entfällt das Mitbestimmungsrecht für alle Maßnahmen, die sich auf das Arbeitsverhalten beziehen. Denn diese sind Ausprägung des Direktionsrechts des Arbeitgebers, sie konkretisieren die Arbeitspflicht und sind nicht mitbestimmungspflichtig.
 
Ebenfalls nicht Mitbestimmungspflichtig sind Maßnahmen, die den Arbeitsalltag nicht gestalten, sondern eine reine Durchführung von Regeln sind. Dies gilt etwa für arbeitsschutzrechtliche Vorschriften: Da der Arbeitgeber die Regeln zwingend einhalten muss, gibt es keinen Platz für ein Mitbestimmungsrecht.
 
Zusammenfassend kann man sagen: Die Ordnung im Betrieb betrifft allgemeingültige verbindliche Verhaltensregeln, die dazu dienen, das Verhalten der Arbeitnehmer*innen, das nicht die Arbeitsleistung selbst betrifft, zu beeinflussen und zu koordinieren.
 

Zugang zum Betrieb

 
Das Mitbestimmungsrecht erfasst Regelungen über das Betreten und Verlassen des Betriebes, etwa ob es eine biometrische Zugangskontrolle geben soll. Hierzu gehört auch die Möglichkeit von Taschenkontrollen.
 
Ebenfalls mitbestimmungspflichtig ist ein Verbot, während der Pausen das Werksgelände zu verlassen und die Einführung, Ausgestaltung und Nutzung von Werksausweisen.
 
Auch ein Verbot, auf dem Werksgelände Handel zu treiben, unterfällt der echten Mitbestimmung.
 

Betriebseigene Einrichtungen

 
Ebenfalls eine Frage der Ordnung im Betrieb ist die Nutzung der betriebseigenen Einrichtungen. Hierzu zählen insbesondere:
 

  • Betriebskantinen
  • Firmenparkplätze
  • Wasch- und Umkleideräume.

 
Der Betriebsrat hat hier ein Mitbestimmungsrecht bei der Frage, wie die Einrichtungen genutzt werden. Eine andere Frage ist aber, ob der Arbeitgeber solche Einrichtungen überhaupt zur Verfügung stellt.
 
Bei der Frage, ob eine Kantine eingerichtet wird, hat der Betriebsrat nur ein Vorschlagsrecht, er kann die Einrichtung aber nicht erzwingen.
 

Telefon und Internet

 
Da die betriebseigene Telefonanlage und der Internetzugang inklusive E-Mail Postfach ebenfalls eine Form der betriebseigenen Einrichtung ist, besteht auch hier ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats.
 
Dies gilt wiederum nur bei der Frage, in welchem Umfang diese Geräte privat genutzt werden dürfen, der Betriebsrat kann keine allgemeine private Nutzung erzwingen. Wenn der Arbeitgeber die private Nutzung ausschließt, besteht kein Beteiligungsrecht.
 
Anders ist dies bei der Frage, ob der Arbeitgeber private Handys und Smartphones am Arbeitsplatz verbieten kann. Ein komplettes Handyverbot oder die Anordnung, das Handy während der Arbeitszeit im Spind zu deponieren, ist mitbestimmungspflichtig.
 

Kleiderordnung

 
Will der Arbeitgeber einen bestimmten Dresscode vorschreiben, ist ebenfalls der Betriebsrat zu beteiligen. Dies gilt sowohl für spezielle Dienstkleidung („Uniform“), als auch für allgemeine Bekleidungsvorschriften („Hemd und Krawatte“).
 
Dies gilt allerdings nur soweit, als die Dienstkleidung nicht ohnehin vorgeschrieben ist, etwa durch Vorschriften des Arbeitsschutzes. In diesem Fall haben die Betriebsparteien keinen Gestaltungsspielraum.
 
Mitbestimmungspflichtig ist auch das Tragen von Namensschildern auf der Dienstkleidung, sofern dies nicht schwerpunktmäßig der Kommunikation mit den Kunden dient.
 

Lüste und Gelüste/ „Wein, Weib und Gesang“

 
Sofern sich ein Rauchverbot nicht schon aus gesetzlichen Vorgaben zur Hygiene und zum Gesundheitsschutz ergibt, ist dieses ebenfalls mitbestimmungspflichtig. Auch bei einem Alkoholverbot im Betrieb ist der Betriebsrat zu beteiligen.
 
Auch die Vorschriften über Radiohören im Büro sind mitbestimmungspflichtig, gleiches gilt für das Verbot zur Nutzung privater TV-, Video- und DVD-Geräte im Betrieb.
 
Ein Flirtverbot  - das Untersagen von Liebesbeziehungen am Arbeitsplatz  - unterliegt der Mitbestimmung durch den Betriebsrat.
 

Krankheit

 
Grundsätzlich müssen Arbeitnehmer*innen nach den Vorschriften des Entgeltfortzahlungsgesetzes ihre Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erst am dritten Tag der Krankheit vorlegen. Möchte der Arbeitgeber die Vorlage zu einem früheren Zeitpunkt, wozu er gesetzlich berechtigt ist, ist der Betriebsrat ebenfalls zu beteiligen.
 
Schließlich sind auch formalisierte Krankengespräche, die der Aufklärung von betrieblichen Krankheitsursachen dienen, mitbestimmungspflichtig.
 
Sieht der Arbeitgeber bestimmte Formulare vor, die der Arbeitnehmer nach einem Arztbesuch ausfüllen soll, ist dies ebenfalls mitbestimmungspflichtig.
 

Sonstiges Verhalten am Arbeitsplatz

 
Es sind viele weitere Fälle denkbar, in denen der Arbeitgeber ein bestimmtes Verhalten am Arbeitsplatz vorschreibt, das nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Arbeitsleistung selbst steht. Dies kann etwa sein:
 

  • Vorschriften über die Behandlung von Arbeitsmitteln
  • Anordnung, im Verkaufsraum zu stehen
  • Regelungen über die Mitnahme von Arbeitsunterlagen
  • Verbot, Bargeld am Arbeitsplatz aufzubewahren.

 
Gemeinsam ist diesen Fallgestaltungen, dass der Arbeitgeber sie nicht einseitig anordnen darf, der Betriebsrat kann gegebenenfalls Unterlassung verlangen.
 
Der Betriebsrat verhandelt mit dem Arbeitgeber hier auf Augenhöhe; im Streitfall entscheidet die Einigungsstelle. Maßnahmen, die der Arbeitgeber in diesen Bereichen ohne Mitwirkung des Betriebsrats anordnet, sind unwirksam.
 
Als Betriebsrat muss man den Umfang der Mitbestimmungsrechte kennen, um eigenmächtigen Maßnahmen des Arbeitgebers zum Wohle der Beschäftigten etwas entgegen setzen zu können.
 
 
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Rechtliche Grundlagen

§ 87 BetrVG

§ 87 Mitbestimmungsrechte
(1) Der Betriebsrat hat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, in folgenden Angelegenheiten mitzubestimmen:
1. Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb;
[...]
(2) Kommt eine Einigung über eine Angelegenheit nach Absatz 1 nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.