Mit dieser Frage hat sich das Bundesarbeitsgericht in seiner Entscheidung vom 23. Oktober 2018 erneut beschäftigt.
Was sagt das Betriebsverfassungsgesetz?
Dort ist geregelt, dass der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht hat, wenn es um die „ Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen“ geht.
Über welchen Fall hat das Bundesarbeitsgericht entschieden?
Ein Arbeitgeber führte in der Personalverwaltung eine „alltägliche Standard-Software“
(Microsoft Excel als Bestandteil des Office-Pakets) ein. Die Arbeitnehmervertretung machte ein Mitbestimmungsrecht geltend. Weil der Arbeitgeber eine Mitbestimmung ablehnte, wandte sich der Betriebsrat an das Arbeitsgericht. Er beantragte sinngemäß, dem Arbeitgeber zu verbieten, die Software ohne Zustimmung des Betriebsrats oder einen Spruch der Einigungsstelle zu verwenden.
Wie verlief das Verfahren?
Das Arbeitsgericht gab dem Betriebsrat (im Wesentlichen) Recht. Die Beschwerde des Arbeitgebers wies das Landesarbeitsgericht (im Wesentlichen) zurück. Die Rechtsbeschwerde ließ es nicht zu. Dagegen zog der Arbeitgeber vor das Bundesarbeitsgericht. Er war der Ansicht, der Fall habe grundsätzliche Bedeutung. Ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats komme allenfalls in Betracht, wenn eine „Geringfügigkeitsschwelle“ überschritten sei.
Wie hat das Bundesarbeitsgericht entschieden?
Das Erfurter Gericht verwies zunächst darauf, dass es bereits eine höchstrichterliche Entscheidung zu einer anderen Standard-Software gebe. Die Richter*innen in diesem Verfahren haben entschieden, dass ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bestehe.
Für das Software-Paket, das jetzt auf dem Prüfstand sei, könne nichts anderes gelten. Ein datenverarbeitendes System sei zur Überwachung der Arbeitnehmer*innen bestimmt, wenn es Daten zum Verhalten oder zur Leistung von ihnen erhebe und aufzeichne. Dabei komme es nicht darauf an, ob der Arbeitgeber die Daten auch zur Kontrolle und Überwachung auswerten und verwenden wolle.
Diese Voraussetzung erfülle auch eine Standard-Software, die der Arbeitgeber - seiner Behauptung nach - nur für Zwecke der Personalabteilung einsetzen will.
Damit stehe dem Betriebsrat auch hier ein Mitbestimmungsrecht zu.
Gibt es eine „Geringfügigkeitsschwelle“?
Bei dieser Frage stellt das Bundesarbeitsgericht auf den Zweck des Rechts zur Mitbestimmung ab. Das Mitbestimmungsrecht sei darauf gerichtet, Arbeitnehmer*innen vor Beeinträchtigungen ihres Persönlichkeitsrechts durch den Einsatz technischer Überwachungseinrichtungen zu bewahren. Denn solche Einrichtungen bergen die Gefahr, dass Arbeitnehmer*innen nur noch reines Objekt einer undurchschaubaren Überwachungstechnik seien.
Gerade wegen dieses Zwecks des Mitbestimmungsrechts scheide eine „Geringfügigkeitsschwelle“ aus. Denn auch bei scheinbar geringfügigen Eingriffen in das Allgemeine Persönlichkeitsrecht sei der Betriebsrat als Korrektiv für die Interessen von Arbeitnehmer*innen unverzichtbar.
Hier finden Sie die vollständigen Beschlüsse:
BAG, Beschluss vom 23. Oktober 2018 - 1 ABN 36/18
BAG, Beschluss vom 25. September 2012 - 1 ABR 45/11
Rechtliche Grundlagen
§ 87 Betriebsverfassungsgesetz
Mitbestimmungsrechte
(1) Der Betriebsrat hat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, in folgenden Angelegenheiten mitzubestimmen:
1. Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb;
2. Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen sowie Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage;
3. vorübergehende Verkürzung oder Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeit;
4. Zeit, Ort und Art der Auszahlung der Arbeitsentgelte;
5. Aufstellung allgemeiner Urlaubsgrundsätze und des Urlaubsplans sowie die Festsetzung der zeitlichen Lage des Urlaubs für einzelne Arbeitnehmer, wenn zwischen dem Arbeitgeber und den beteiligten Arbeitnehmern kein Einverständnis erzielt wird;
6. Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen;
7. Regelungen über die Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten sowie über den Gesundheitsschutz im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften oder der Unfallverhütungsvorschriften;
8. Form, Ausgestaltung und Verwaltung von Sozialeinrichtungen, deren Wirkungsbereich auf den Betrieb, das Unternehmen oder den Konzern beschränkt ist;
9. Zuweisung und Kündigung von Wohnräumen, die den Arbeitnehmern mit Rücksicht auf das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses vermietet werden, sowie die allgemeine Festlegung der Nutzungsbedingungen;
10. Fragen der betrieblichen Lohngestaltung, insbesondere die Aufstellung von Entlohnungsgrundsätzen und die Einführung und Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden sowie deren Änderung;
11. Festsetzung der Akkord- und Prämiensätze und vergleichbarer leistungsbezogener Entgelte, einschließlich der Geldfaktoren;
12. Grundsätze über das betriebliche Vorschlagswesen;
13. Grundsätze über die Durchführung von Gruppenarbeit; Gruppenarbeit im Sinne dieser Vorschrift liegt vor, wenn im Rahmen des betrieblichen Arbeitsablaufs eine Gruppe von Arbeitnehmern eine ihr übertragene Gesamtaufgabe im Wesentlichen eigenverantwortlich erledigt.
(2) 1Kommt eine Einigung über eine Angelegenheit nach Absatz 1 nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle. 2Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.