Über die bisherigen Attacken haben wir bereits auf unserer Homepage berichtet:

Mobbing gegen Betriebsratsmitglieder bei Mundipharma?

                            und

Arbeitgeber verletzt Neutralitätspflicht - Anfechtung der Betriebsratswahl erfolgreich!

Arbeitgeber höriger Betriebsrat stimmt fristloser Kündigung einer Betriebsrätin zu

Nachdem diese Angriffe nicht von Erfolg gekrönt waren, startete Mundipharma nun einen erneuten Angriff, indem sie die nicht genehme Betriebsrätin am 14. August 2015 mit einer fristlosen Kündigung überzog.

Der derzeit noch im Amt weilende und Arbeitgeber hörige Betriebsrat, dessen Wahl beim Hessischen Landesarbeitsgericht erfolgreich angefochten wurde, hatte der Kündigung zuvor zugestimmt. 

Fadenscheinige Kündigungsgründe

Begründet wurde die fristlose Kündigung damit, dass die Betriebsrätin in einem Verfahren gegen Mundipharma, darauf bestand, dass die gegen sie gerichteten Ansprüche nicht nur unbegründet, sondern im Hinblick auf die tariflichen Ausschlussfristen, auch verfristet seien. 

Nach diesen Einlassungen der Betriebsrätin kündigte Mundipharma der Betriebsrätin wegen Prozessbetrug, weil sich die Betriebsrätin auf die Anwendung des Tarifvertrags berufen hatte, dies im Termin vor dem Arbeitsgericht aber nicht beweisen konnte. Die Gewerkschaftszugehörigkeit der Betriebsrätin wurde von den Mundipharma vertretenen Advokaten bestritten obwohl sich die Betriebsrätin jahrelang auch von der DGB Rechtsschutz GmbH hatte vertreten lassen 

Anwaltlich verfasste Stellungnahme strotzt vor Fehlern – Gericht deutet fehlerhafte Betriebsratsanhörung an

Die Vorsitzende Richterin bezeichnete diesen Vorwurf in der mündlichen Verhandlung vor dem Arbeitsgericht als abwegig. Zusätzlich stellte sie darauf ab, dass auch der Betriebsrat, der der Kündigung zugestimmt habe, maßgeblich durch die äußerst fragwürdige rechtliche Stellungnahme der Anwaltskanzlei Heuking, Kühne, Wojtek beeinflusst worden sei und die Kündigung auch an der fehlerhaften Betriebsratsanhörung scheitern könnte.

Anwalt der Betriebsrätin: Unwahrheiten von Mundipharma kaum mehr zu ertragen

Hoch zufrieden zeigte sich Tjark Menssen, Rechtsanwalt der gekündigten Betriebsrätin, sowohl mit dem Ergebnis als auch dem Verlauf  der mündlichen Verhandlung. Die Art und Weise, in der Mundipharma seiner Mandantin einen Verstoß gegen die Wahrheitspflicht vorgeworfen habe, so Tjark Menssen, sei angesichts der Unwahrheiten, die sie selber in diesem und in anderen Verfahren vortrage, kaum mehr zu ertragen. Leider, so Menssen, blieben solche Fälle aber von Staatsanwaltschaften viel zu oft unbeachtet.

Mundipharma – Beschäftigte stehen unter Druck. Verstärkter Mitgliederzuwuchs

Enttäuscht zeigte sich der Prozessvertreter der Betriebsrätin darüber, dass keine Beschäftigten des Unternehmens zur Gerichtsverhandlung erschienen seien. Seine Mandantin sei stets für die eingetreten, die unter dem enormen Druck, der in der Firma herrsche, litten. Dass sich gleichwohl niemand aus der Belegschaft gezeigt habe, könne  sich nur mit einem Klima der Angst erklären lassen, das bei Mundipharma erzeugt werde. Positiv indes bewertet Menssen die Tatsache, dass sich immer mehr  Mundipharma Mitarbeiter*innen in der Gewerkschaft IG BCE organisieren und hierdurch, ein - wenn auch  stilles - Zeichen der Solidarität setzen. Dies sei nicht nur notwendig, um die für die Durchsetzung der Arbeitnehmerrechte kämpfende Betriebsrätin zu unterstützen, sondern auch für die gewerkschaftlich organisierten Mitarbeiter*innen, um sich selbst zu schützen. 

Arbeitsgericht gibt Klage statt. Mundipharma zur Weiterbeschäftigung der Betriebsrätin verurteilt

In der am 08. März 2016 vor der 12. Kammer des Arbeitsgerichts Wiesbaden kam es für Mundipharma, wie es aus der Sicht eines halbwegs mit dem Kündigungsschutzrecht vertrauten Prozessvertreters, kommen musste. Das Gericht stellte fest, dass die Kündigung der Beklagten vom 14.08.2015 das Arbeitsverhältnis der Parteien weder fristlos noch fristgerecht aufgelöst hat. Überdies wurde Mundipharma verurteilt, die Betriebsrätin bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens tatsächlich weiter zu beschäftigen (Urteil des Arbeitsgericht Wiesbaden, Az.: 12 Ca 563/15)   

Unmittelbar anschließend an das Kündigungsschutzverfahren – Klage gegen Mundipharma Abmahnung  - Arbeitsgericht: Abmahnung ist unwirksam!

In einem weiteren unmittelbar anschließenden Termin hob das Gericht sodann auch noch eine Abmahnung auf, die Mundipharma gegen die Betriebsrätin ausgesprochen hatte, weil sie Übernachtungskosten aus Anlass ihrer Betriebsratstätigkeit mit der Firmenkreditkarte abgerechnet hatte. Mundipharma hatte die Erforderlichkeit dieser Kosten bestritten und aus diesem Grunde eine Abmahnung erteilt. Die Abmahnung sei ebenfalls unwirksam, weil Mundipharma der Mitarbeiterin nach dem Wortlaut der Abmahnung untersagen wolle, Kostenersatz geltend zu machen, wenn deren Erforderlichkeit streitig sei. Dies könne man der Betriebsrätin aber nicht verbieten. Die Frage, ob die Kosten berechtigt sind oder nicht sei eine reine Rechtsfrage (Urteil des Arbeitsgericht Wiesbaden vom 8. März 2015, Az.: 12 Ca 3/15).

Anmerkung:

In die Riege der Arbeitgeber hat sich Mundipharma eingereiht, die Betriebsräte wegen ihres Einsatzes für die Belegschaft geradezu verfolgen. 

Mundipharma versucht sich nicht nur mit einer völlig unsinnigen fristlosen Kündigung der Betriebsrätin zu entledigen. Auch schrecken deren Verantwortliche nicht davor zurück, eine aktive Betriebsrätin mit einer schon ins Lächerliche gehenden Abmahnung zu überziehen. 

Bei der letzten Betriebsratswahl nahm das Pharmaunternehmen Einfluss auf die Wahl, mit dem Ziel, dass ein Betriebsrat gewählt wird, der arbeitgebertreu handelt. Das Hessische Landesarbeitsgericht kam im Rahmen eines Wahlanfechtungsverfahrens am 12. November 2015 zu dem Ergebnis, dass Mundipharma die Neutralitätspflicht verletzt hat. Die von drei Arbeitnehmer*innen angefochtene Betriebsratswahl war erfolgreich. Gegen diese Entscheidung hat Mundipharma Rechtsbeschwerde beim Bundesarbeitsgericht eingelegt.

Bei all ihren Attacken bedient sich Mundipharma der Anwaltskanzlei Heuking Kühn Lüer Wojtek. Eine Kanzlei  mit mehr als 300 Rechtsanwälten, Steuerberatern und Notaren, die bundesweit an zehn Standorten vertreten ist. Wenn man der Werbung dieser Kanzlei vertraut, gibt es dort eine Praxisgruppe Arbeitsrecht, die aus einem Team arbeitsrechtlich spezialisierter Rechtsanwälte und Fachanwälte für Arbeitsrecht bestehen soll. Bei den bisherigen Verhandlungen hatte der Autor jedoch das Gefühl, dass die Prozessvertreter von Mundipharma nicht Mitglieder der hoch gelobten Praxisgruppe Arbeitsrecht sein können.  

Über die weiteren „Mundipharma-Verfahren“ werden wir berichten.