Das allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) soll, insbesondere im Arbeitsleben, Benachteiligungen aus bestimmten Gründen verhindern.
Bewerber verlangt Entschädigung wegen Benachteiligung
Ein solcher Grund ist das Geschlecht. Wird etwa eine Frau von ihrem Arbeitgeber wegen ihres Geschlechts anders behandelt als ein vergleichbarer Mann, liegt eine Ungleichbehandlung vor. Handelt es sich zudem um eine schlechtere Behandlung, ohne dass hierfür ein Grund vorliegt, ist eine Benachteiligung gegeben.
Einer solchen Benachteiligung fühlte sich auch ein männlicher Kläger ausgesetzt, der vor dem Arbeitsgericht Köln ein Autohaus verklagte.
Das Autohaus hatte mit der Stellenanzeige »Frauen an die Macht« ausschließlich Verkäuferinnen gesucht. Hierauf bewarb sich der Mann, am Ende wurde eine Frau eingestellt. Der unterlegene Bewerber klagte gegen das Autohaus auf Zahlung einer Entschädigung.
Der Ausschluss von der Stellenbesetzung ist eine Ungleichbehandlung
Der Ansicht des Bewerbers folgte das Arbeitsgericht mit seinem Urteil nicht. Zwar stellte das Gericht fest, dass durch die streitige Stellenanzeige Männer ungünstiger behandelt würden. Denn die Möglichkeit, einen Arbeitsvertrag abzuschließen, ist Ihnen aufgrund ihres Geschlechts verwehrt.
Jedoch hatte das Autohaus zur Begründung seiner Anzeige vorgetragen, dass es bislang ausschließlich männliche Verkäufer beschäftige.
Etwa ein Drittel aller Kunden seien aber Frauen. Diese weibliche Kundschaft verlange zunehmend auch nach weiblichen Ansprechpartnern.
Ungleichbehandlung ja – Benachteiligung nein
Eine Ungleichbehandlung wird erst dann zur Benachteiligung im Sinne des AGG, wenn keine anerkannten Gründe für die schlechtere Behandlung gegeben sind.
Das AGG lässt eine ungleiche Behandlung bespielweise dann zu, sofern hierfür berufliche Anforderungen der Grund sind. Zudem muss der Arbeitgeber einen legitimen Zweck verfolgen.
Berufliche Anforderungen und einen entsprechenden Zweck des Autohauses erkannte das Gericht im vorliegenden Fall in der Nachfrage der Kundinnen nach weiblichem Verkaufspersonal. Der Autohändler müsse hierauf reagieren können. Daher sei in der Stellenanzeige keine verbotene Benachteiligung männlicher Bewerber zu erkennen.
Praxistipp: Mitbestimmung bei Einstellungen
Der BR hat bei der Einstellung von Mitarbeitern ein Mitbestimmungsrecht nach § 99 Abs. 1 BetrVG. Unter Einstellung ist der Abschluss eines Arbeitsvertrages bzw. die Arbeitsaufnahme zu verstehen. Der Vorgang der Stellenausschreibung fällt damit nicht unter den Begriff der Einstellung. Ein direktes Mitbestimmungsrecht bereits bei der Ausschreibung hat der BR also nicht.
Allerdings kann der BR bei Verstoß des Arbeitgebers gegen ein gesetzliches Verbot die Zustimmung zur Einstellung verweigern, wenn die Auswahlkriterien oder Einstellungsbedingungen gegen das AGG verstoßen und sich auf die Einstellung auswirken.
Bei internen Ausschreibungen gilt Folgendes: Hier ist der Bewerber bereits im Betrieb tätig. Der BR muss daher darüber wachen, dass keine Benachteiligung aufgrund des Geschlechts erfolgt. Ein Verstoß des Arbeitgebers kann sogar zur Unwirksamkeit der Maßnahme führen.
(Dieser Artikel ist zuerst erschienen in: „AiB-Newsletter, Rechtsprechung für den Betriebsrat“ des Bund-Verlags, Ausgabe 11/2016 vom 18.05.2016.)
Hier direkt zur Pressemitteilung des Arbeitsgerichts Köln zum Urteil vom 10.02.2016 - 9 Ca 4843/15
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IM PRAXISTIPP: § 8 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) - Zulässige unterschiedliche Behandlung wegen beruflicher Anforderungen
Rechtliche Grundlagen
§ 8 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) - Zulässige unterschiedliche Behandlung wegen beruflicher Anforderungen
§ 8 Zulässige unterschiedliche Behandlung wegen beruflicher Anforderungen
(1) Eine unterschiedliche Behandlung wegen eines in § 1 genannten Grundes ist zulässig, wenn dieser Grund wegen der Art der auszuübenden Tätigkeit oder der Bedingungen ihrer Ausübung eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung darstellt, sofern der Zweck rechtmäßig und die Anforderung angemessen ist.
(2) Die Vereinbarung einer geringeren Vergütung für gleiche oder gleichwertige Arbeit wegen eines in § 1 genannten Grundes wird nicht dadurch gerechtfertigt, dass wegen eines in § 1 genannten Grundes besondere Schutzvorschriften gelten.