Keine Hinterbliebenenversorgung für Witwe
Keine Hinterbliebenenversorgung für Witwe


Die damals 27 jährige Klägerin heiratete 1995 ihren seinerzeit 45 Jahre alten Ehemann, der im Jahre 2011 verstarb. Von seinem Arbeitgeber war dem Ehemann eine Hinterbliebenenversorgung zugesagt worden. 

Klägerin fühlt sich diskriminiert 

Nach der maßgebenden Versorgungsordnung besteht ein Anspruch auf Leistungen der Hinterbliebenenversorgung an den Ehegatten nur dann, wenn der Ehegatte nicht mehr als 15 Jahre jünger ist als der Versorgungsberechtigte.

Aufgrund dieser Altersabstandsklausel fühlte sich die Klägerin wegen ihres Alters diskriminiert und klagte. Hiermit hatte sie vor dem Bundesarbeitsgericht (BAG) keinen Erfolg.

Nach der Entscheidung des 3. Senats des BAG stellt eine Regelung in einer Versorgungsordnung, nach der Ehegatten nur dann eine Hinterbliebenenversorgung erhalten, wenn sie nicht mehr als 15 Jahre jünger als der Versorgungsberechtigte sind, keine gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) verstoßenden Diskriminierung wegen des Alters dar.

BAG: Kein Diskriminierung wegen des Alters

Die durch die Altersabstandsklausel bewirkte unmittelbare Benachteiligung wegen des Alters, so die Erfurter Richter*innen, ist gerechtfertigt. Denn der Arbeitgeber habe ein legitimes Interesse daran, das mit der Zusage einer Hinterbliebenenversorgung in Zusammenhang stehende finanzielle Risiko  zu begrenzen.

Im Übrigen sei die Altersabstandsklausel auch erforderlich und angemessen, da sie die Interessen der betroffenen versorgungsberechtigten Arbeitnehmer nicht über die Maßen beeinträchtige. Bestehe ein Altersabstand von mehr als 15 Jahren, so sei bei der gemeinsamen Lebensplanung der Ehepartner davon auszugehen, dass der Hinterbliebene einen Teil seines Lebens ohne den Versorgungsberechtigten verbringt.

Auch würden bei einem Altersabstand von mehr als 15 Jahren nur solche Ehegatten von der Versorgung ausgeschlossen, deren Altersabstand zum Ehepartner den üblichen Abstand erheblich übersteigt.

Hier finden Sie die Pressemitteilung des Bundesarbeitsgerichts vom 20.02.2018

Das sagen wir dazu:

Ungleichbehandlung wirklich gerechtfertigt?

Die Abstandsklausel, nach der eine Hinterbliebenenversorgung ausgeschlossen ist, wenn der Ehepartner mehr als 15 Jahre jünger ist als der Versorgungsempfänger, ist eine Ungleichbehandlung wegen des Alters. Soweit ist dem 3. Senat noch zuzustimmen. Aber wenn der Senat diese Ungleichbehandlung als gerechtfertigt ansieht, weil eine solche Begrenzung verhältnismäßig sei, dann muss man an diesem Ergebnis ernste Zweifel haben.

Der Senat orientiert sich letztlich an einer ökonomischen Betrachtungsweise, nach der es schlicht zu teuer wäre, die jungen Ehefrauen nun auch noch bis zu deren Lebensende zu versorgen. Diesen Frauen sagt das Gericht letztendlich: „Du wirst schon sehen, was du davon hast, dass du dir so einen alten Knacker geangelt hast, war doch klar, dass der dich nicht ewig finanziert!“.

Wobei der entschiedene Fall sehr deutlich macht, was ein Unterschied von 15 Jahren bedeutet: Zum Zeitpunkt der Hochzeit war die Frau Ende zwanzig, er Mitte vierzig. Wenn der Satz „Du könntest meine Tochter sein“ als Gradmesser für einen großen Altersunterschied steht, dann ist er so groß nicht. Wenn man aber das Bild eines greisen Alten und seiner jungen Frau vor Augen hat, müsste man wohl eine Altersgrenze von 30 und mehr Jahren einführen, um dem „Berlusconi-Syndrom“ wirksam zu begegnen. 

Ebenfalls eine eher ökonomische Herangehensweise ist es, wenn der Senat die Regelung für verhältnismäßig hält, weil sie nur wenige überlebende Ehegatten betrifft. Es bleibt unklar, woher der Senat seine Erkenntnis nimmt, möglicherweise aus der eigenen Lebensanschauung, die nicht zwingend repräsentativ sein muss. Im Übrigen ist die „Üblichkeit“ eine fragwürdige juristische Kategorie: Wenn es denn so wenige junge Witwen und Witwer gibt, dann dürfte dies die Versorgungskasse ja auch nicht übermäßig belasten. Was wieder dafür sprechen würde, die Jungen mit in die Versorgung einzubeziehen.