Auseinandersetzung an Karneval kann Arbeitsplatz kosten. Copyright by Racle Fotodesign / AdobeStock.
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Der Kläger war seit dem Jahr 1987 bei dem Beklagten - seinem Arbeitgeber - als Einkaufssachbearbeiter tätig. Zudem war er schwerbehindert.

Eskalation an Weiberfastnacht

An Weiberfastnacht 2015 nahm der Kläger an einer Karnevalsfeier teil auf dem Betriebsgelände der Beklagten.
Im Laufe des Festes versuchten zwei Mitarbeiterinnen mehrfach, dem Kläger die Krawatte abzuschneiden, was dieser ablehnte. 

Später kam es zu einer Auseinandersetzung zwischen dem Kläger und einem anderen Mitarbeiter, bei dem dieser an der Stirn verletzt wurde.

Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis nach Zustimmung des Integrationsamtes und Anhörung des Betriebsrates am 13.03.2015 fristlos.

Kläger fühlte sich beleidigt und angegriffen

Nach Darstellung der Beklagte hat der Kläger den anderen Mitarbeiter in den Unterleib getreten und ihn in das Gesicht geschlagen. Er habe ihm den Inhalt eines Bierglases ins Gesicht geschüttet und ihm dann das leere Glas ins Gesicht gestoßen. Das Bierglas sei zersplittert. Ein Notarzt habe mehrere Glassplitter aus der Stirn entfernt. 

Aus Sicht des Klägers ging die Eskalation von seinen Kollegen aus. Sowohl von den Damen, die ihm die Krawatte abschneiden wollten, als auch von dem anderen Mitarbeiter sei er mehrfach beleidigt worden.

Er habe den Kollegen zunächst von sich weggestoßen und dann nach ihm getreten, ohne ihn zu berühren. Er habe befürchtet, der Mitarbeiter werde ihn angreifen. Danach habe er keine genaue Erinnerung mehr.

Aufgrund einer krankheitsbedingten Angststörung habe er reagiert, weil er sich bedroht gefühlt habe. Er sei zum angeblichen Tatzeitpunkt schuldunfähig gewesen.

Landesarbeitsgericht bestätigt Kündigung

Diese Ausführungen überzeugte das Landesarbeitsgericht offensichtlich nicht. Wie auch das Arbeitsgericht zuvor hielt es die Kündigung für wirksam und wies die Berufung des Klägers zurückwiesen.

Dem war eine Beweisaufnahme vom vorausgegangen, in der ein Video in Augenschein genommen und die beteiligten Zeugen vernommen wurden. Eine Revision wurde nicht zugelassen.

Hier gibt es das Urteil des Landesarbeitsgericht Düsseldorf vom 10.12.2015 - 13 Sa 957/15 im Volltext mit dem ganzen Sachverhalt und den Entscheidungsgründen


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Pressemitteilung des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf zum Urteil vom 10.12.2015 - Az.: 13 Sa 957/15

Das sagen wir dazu:

Vorsicht beim Karneval

Es ist ein traditioneller Brauch in den närrischen Hochburgen, dass an Weiberfastnacht den männlichen Kollegen die Krawatte abgeschnitten wird. Wer in diesen Regionen lebt und arbeitet, kennt diesen Brauch und stellt sich drauf ein.

Aber streng genommen muss man sich diesen Übergriff nicht gefallen lassen. Das Abschneiden der Krawatte stellt eine Sachbeschädigung dar, gegen die der Angegriffene Notwehr einsetzen kann, sogar mit körperlicher Gewalt.

Das karnevalsferne Amtsgericht Essen hat einem Arbeitnehmer einen Anspruch auf Schadensersatz wegen des ungewollten Abschneidens der Krawatte zugesprochen (AG Essen v. 3.2.1988 – 20 C 691/87 –, NJW 1989, 399).

Wer aber, wie in diesem Fall, eine Karnevalsfeier besucht, sollte mit derartigen Übergriffen gefasst sein und sich entsprechend verhalten. Wer nicht möchte, dass ihm die Krawatte abgeschnitten wird, sollte bei derartigen Gelegenheit keine tragen oder nur eine, auf die er gut verzichten kann. Derartige Vorkehrungen vermeiden spätere Rechtsstreitigkeiten und fördern den Betriebsfrieden.