Sozialplanabfindung und Abfindung wegen Klageverzicht sind nebeneinander möglich.
Sozialplanabfindung und Abfindung wegen Klageverzicht sind nebeneinander möglich.

Im vorliegenden Fall wurde einem Arbeitnehmer betriebsbedingt gekündigt. Im Kündigungsschreiben wies der Arbeitgeber ihn auf den geschlossenen Interessenausgleich mit Sozialplan hin. Zugleich bot er dem Arbeitnehmer im Schreiben eine Abfindung nach § 1a Kündigungsschutzgesetz - KSchG  an, wenn er keine Kündigungsschutzklage erhebt. 

Arbeitgeber muss sich an Zusage im Kündigungsschreiben halten 

In der Folge verlangte der Arbeitnehmer sowohl die Abfindung nach dem Sozialplan als auch eine Abfindung nach § 1a Kündigungsschutzgesetz - KSchG. Das Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg gab dem Arbeitnehmer Recht und gestand ihm beide Ansprüche auf Abfindung gegenüber dem Arbeitgeber zu. 

Der Arbeitgeber wollte die Abfindungen zunächst miteinander verrechnen. Das LAG entschied, es gebe keine Anrechnungsklausel im Interessensausgleich. Der Arbeitgeber könne mit der Zahlung der Abfindung aus dem Sozialplan nicht zugleich den Abfindungsanspruch nach § 1a Kündigungsschutzgesetz - KSchG erfüllen. 

Der Arbeitgeber muss also die Abfindung nach § 1a Kündigungsschutzgesetz - KSchG zusätzlich zahlen, wenn er dies im Kündigungsschreiben ausdrücklich so formuliert hat.

Kein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei Angebot nach § 1a Kündigungsschutzgesetz

Der Arbeitnehmer versuchte noch die Kündigung insgesamt zu kippen, indem er vortrug, die Kündigung sei unwirksam, weil der Betriebsrat bei dem Angebot der Abfindung nach § 1a Kündigungsschutzgesetz - KSchG nicht mitgewirkt habe. 

Das LAG machte aber deutlich, dass kein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats für Angebote nach § 1a Kündigungsschutzgesetz - KSchG besteht. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Revision ist beim Bundesarbeitsgericht unter dem Aktenzeichen 2 AZR 536/15 anhängig, so dass dessen Entscheidung abzuwarten bleibt.

Kein genereller Anspruch auf Abfindung!

Oft glauben Arbeitnehmer, dass ihnen nach einer Kündigung immer eine Abfindung zusteht. Das ist nicht der Fall. Das Gesetz gibt nicht per se einen Anspruch. Wird eine Abfindung bei einer Kündigung gezahlt, geschieht dies durch einen freiwilligen Vergleich im Gerichtsverfahren, der vom Arbeitgeber auch deshalb geschlossen wird, um sich von Prozessrisiken frei zu kaufen. 

Dementsprechend sind die Abfindungen auch niedriger, wenn der Arbeitgeber gute Chancen hat mit seiner Kündigung durchzukommen. Im Gerichtsverfahren ist daher Verhandlungsgeschick und eine realistische Einordnung des Prozessrisikos wichtig, so dass sich rechtliche gute Vertretung bezahlt macht.

Einen einklagbaren Anspruch hat man als Arbeitnehmer, wenn die Abfindung im Rahmen eines Interessensausgleiches vereinbart wird oder der Arbeitgeber sie nach § 1a Kündigungsschutzgesetz - KSchG anbietet. Das Angebot nach § 1a KSchG muss klar aussagen, dass der gekündigte Arbeitnehmer eine Abfindung erhält, wenn er keine Kündigungsschutzklage erhebt. 

Der Interessenausgleich wird von Arbeitgeber und Betriebsrat abgeschlossen und kann den betroffenen Arbeitnehmern den Anspruch auf eine Abfindung verschaffen. Der Betriebsrat sollte immer möglichst alle Eventualitäten regeln, dass es im Nachgang nicht zu einer Klageflut kommt, die keinen der Beteiligten hilft. (Dieser Artikel ist zuerst erschienen in: „AiB-Newsletter, Rechtsprechung für den Betriebsrat“ des Bund-Verlags, Ausgabe 3/2016 vom 10. Februar 2016)


Im Praxistipp: § 1a Kündigungsschutzgesetz - KSchG (Abfindungsanspruch bei betriebsbedingter Kündigung)

Rechtliche Grundlagen

§ 1a Kündigungsschutzgesetz (KSchG) - Abfindungsanspruch bei betriebsbedingter Kündigung

Kündigungsschutzgesetz (KSchG)
§ 1a Abfindungsanspruch bei betriebsbedingter Kündigung

(1) Kündigt der Arbeitgeber wegen dringender betrieblicher Erfordernisse nach § 1 Abs. 2 Satz 1 und erhebt der Arbeitnehmer bis zum Ablauf der Frist des § 4 Satz 1 keine Klage auf Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, hat der Arbeitnehmer mit dem Ablauf der Kündigungsfrist Anspruch auf eine Abfindung. Der Anspruch setzt den Hinweis des Arbeitgebers in der Kündigungserklärung voraus, dass die Kündigung auf dringende betriebliche Erfordernisse gestützt ist und der Arbeitnehmer bei Verstreichenlassen der Klagefrist die Abfindung beanspruchen kann.
(2) Die Höhe der Abfindung beträgt 0,5 Monatsverdienste für jedes Jahr des Bestehens des Arbeitsverhältnisses. § 10 Abs. 3 gilt entsprechend. Bei der Ermittlung der Dauer des Arbeitsverhältnisses ist ein Zeitraum von mehr als sechs Monaten auf ein volles Jahr aufzurunden.