Die Beklagte, ein mittelständischer Automobilzulieferer, hatte den Kläger verhaltensbedingt gekündigt. Mit Hilfe des DGB Rechtsschutz Bamberg klagte das IG Metall Mitglied und darf nun seinen Arbeitsplatz behalten.
Kündigung wegen Unpünktlichkeit
Tatsächlich war der Kläger in der Zeit von Juli 2011 bis Juni 2012 öfter verspätet zur Arbeit erschienen, wenn auch in der Regel nur wenige Minuten. Für diese Verspätungen wurde er insgesamt dreimal abgemahnt, zuletzt mit Schreiben vom 29. Juni 2012.
In der Folgezeit war der Kläger durchgängig pünktlich. Als er am 16. Januar 2015 um 22:00:01 für die Nachtschicht einstempelte, wertete dies die Beklagte wiederum als Verspätung und mahnte den Kläger ab.
Schließlich erschien der Kläger am 24. März 2015 mehr als eine Stunde verspätet zur Frühschicht und wurde daraufhin von der Beklagten ordentlich verhaltensbedingt gekündigt. Hiergegen klagte das IG Metall Mitglied.
Jede Sekunde zählt?
Zur Begründung berief sich die Beklagte auf die erheblichen Fehlzeiten in der Vergangenheit. Auch am 16. Januar sei der Kläger „wiederum verspätet“ zur Arbeit erschienen. Die konkrete Zahl von einer Sekunde erschien im Beklagtenschriftsatz nicht.
Dagegen argumentierte der DGB Rechtsschutz, es läge tatsächlich überhaupt keine Verspätung vor. Wenn die Schicht um 22:00 beginnt, dann hätten die Mitarbeiter bis 22:00:59 Uhr Zeit, sich einzustempeln, erst dann springe die Uhr auf 22:01 Uhr. Würden sie vor 22:00:00 Uhr einstempeln, wäre dies 21:59 Uhr und damit zu früh.
Lasse man die „1-Sekunden-Verspätung“ außer Betracht, so habe zwischen der letzten Abmahnung und der Verspätung, auf die die Kündigung gestützt wurde, ein Zeitraum von fast drei Jahren gelegen. Die Kündigung sei damit unverhältnismäßig.
Gericht erklärt Kündigung für unwirksam
Dieser Argumentation schloss sich das Arbeitsgericht an. Bei einem Arbeitsbeginn um 22:00 Uhr liege keine Verspätung vor, wenn der Kläger um 22:00:01 Uhr an seinem Arbeitsplatz erscheine. Eine Abmahnung wegen einer Verspätung von einer Sekunde wäre zudem unverhältnismäßig.
Die übrigen Abmahnungen seien zwar wirksam, sie hätten aber ihre Wirkung wohl entfaltet, da der Kläger in den nächsten drei Jahren pünktlich gewesen sei. Eine Kündigung sei daher ebenfalls als unverhältnismäßig anzusehen.
Nach dem erfolgreichen erstinstanzlichen Urteil wurde der Kläger außerdem beim Arbeitgeber weiterbeschäftigt und ließ sich auch in dieser Zeit nichts zu Schulden kommen. Er war auch dann immer pünktlich.
Erfolgreicher Abschluss in der zweiten Instanz
Das überzeugte schließlich auch das Landesarbeitsgericht Nürnberg, bei dem der Arbeitgeber Berufung eingelegt hatte. Aufgrund der Gegebenheiten sei die Behauptung des Arbeitgebers, das Arbeitsverhältnis sei durch die Unpünktlichkeit des Klägers massiv beeinträchtigt, nicht überzeugend.
Das Landesarbeitsgericht schlug einen Vergleich vor, nach dem der Kläger weiterhin bei dem Beklagten beschäftigt werden sollte. Nachdem auch der Arbeitgeber diesen Vorschlag akzeptierte, kann das Arbeitsverhältnis nun ohne weitere Rechtsstreitigkeiten fortgesetzt werden.
Das Urteil des Arbeitsgerichts Bamberg hier im Volltext zum Nachlesen
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