Der Produktionsmitarbeiter war bereits seit Ende Januar wegen einer Grippe arbeitsunfähig erkrankt. Anfang Februar fand eine Faschingsveranstaltung im Freien statt, an der er bei Temperaturen von minus 5° Grad Celsius ebenfalls teilnahm. Er traf dort auf seinen Chef, den Geschäftsführer einer Produktionsfirma. Dieser forderte ihn auf, am nächsten Tag zur Arbeit zu erscheinen. Dem kam der Beschäftigte nicht nach, verließ im Übrigen auch die Fete nicht.
Mit Schreiben vom folgenden Tag wies der Geschäftsführer diesen auf sein äußerst unkorrektes Verhalten hin, was eine fristlose Kündigung nach sich ziehen werde. Noch am selben Tag kündigte der Arbeitgeber dem Mitarbeiter außerordentlich.
Gerichte geben dem Arbeitgeber Recht
Die dagegen erhobene Klage wies das Arbeitsgericht Weiden ab. Zwar hatte der Arbeitnehmer von seinem Arzt ein Attest erhalten, das ihm ein Verlassen des Hauses oder geringe Freizeitbetätigung nicht untersagte, jedoch ausdrücklich den Hinweis enthielt, dass Kälte oder Arbeitsbelastung zu vermeiden seien.
Mit der Berufung verfolgte der Beschäftigte sein Ziel, dass das Arbeitsverhältnis noch bis Ende Februar Bestand haben müsse, weiter. Er sei warm angezogen gewesen, zudem habe er sich hin und wieder während des zweistündigen Aufenthalts auch in einer Gaststätte aufgewärmt. Hauptsächlich zu Beginn seiner Erkrankung habe er sich schonen sollen. Im Übrigen habe es einer vorherigen Abmahnung bedurft und er sei auch vor der Krankschreibung schon krank gewesen, weshalb ihm „Blaumachen“ nicht vorgeworfen werden könne.
Der Arbeitgeber sah vertragliche Rücksichtnahmepflichten verletzt und stufte das Verhalten des Mitarbeiters als genesungswidrig ein.
Fasching trotz Krankschreibung als genesungswidriges Verhalten
Das sah das Landesarbeitsgericht in Nürnberg genauso und wies die Berufung gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Weiden zurück. Es nahm einen wichtigen Grund für die außerordentliche Kündigung an. Dabei sah es die Verletzung vertraglicher Nebenpflichten als erwiesen an, weil der Arbeitnehmer in schwerwiegender Weise gegen seine Rücksichtnahmepflicht verstoßen habe. Ob der Heilungsprozess durch den Besuch der Veranstaltung beeinträchtigt worden war, ließ sich nicht mehr aufklären, was das Gericht zu Ungunsten des Beschäftigten wertete. Auch eine Abmahnung war nach Auffassung der Nürnberger Richter nicht erforderlich, weil der Arbeitnehmer trotz der Begegnung mit seinem Vorgesetzten keine Anstalten machte, die Feier zu verlassen.
Schließlich spielte es für die Kammer auch keine Rolle, dass er bereits vor der bescheinigten Arbeitsunfähigkeit krank war, weil er damit lediglich seine Pflichten gegenüber dem Arbeitgeber übererfüllt hatte.
Keine Rückkehr vor bescheinigtem Ende der Arbeitsunfähigkeit
Indes sahen es die Richter als unproblematisch an, dass der Arbeitnehmer entgegen der Aufforderung des Geschäftsführers am nächsten Tag – der vorletzte der Krankschreibung – nicht zur Arbeit erschien. Er sei nicht verpflichtet gewesen, bereits einen Tag früher als attestiert, die Arbeitsfähigkeit wieder anzuzeigen.
Vorherige Abmahnung nicht erforderlich
Das Gericht lehnte auch die Erforderlichkeit einer Abmahnung ab. Dies kann sicher im Zusammenhang mit der Tatsache gesehen werden, dass das Arbeitsverhältnis ohnehin nur noch bis zum Ende des Monats Februar angedauert hätte. In die Bewertung ist aber auch das Verhalten des Mitarbeiters bei der Begegnung mit seinem Arbeitgeber eingeflossen, welches die gebotene gegenseitige Rücksichtnahme vermissen lässt.
Anmerkung der Redaktion zu Freizeitaktivitäten während Arbeitsunfähigkeit
Das Urteil zeigt deutlich, dass nicht nur Verfehlungen auf konkreter arbeitsvertraglicher Ebene eine fristlose Kündigung rechtfertigen können, sondern auch vermeintlich harmlose Freizeitaktivitäten. Eine Arbeitsunfähigkeit bedeutet zwar nicht in jedem Fall beständige Bettruhe. Ein Verhalten jedoch, das dem Heilungsprozess mutmaßlich entgegensteht, muss der Arbeitgeber nicht tolerieren. Das Landesarbeitsgericht geht mit seinem Urteil sogar soweit, anzunehmen, dass es auf den weiteren Heilungsverlauf gar nicht ankäme. Ob dies für jeden Fall gelten muss, sei dahingestellt. Fest steht jedoch, dass die Teilnahme an der Faschingsveranstaltung unter den dargestellten Wetterbedingungen eine so schwere Verletzung der Rücksichtnahmepflicht des Arbeitnehmers beinhaltete, dass nicht lediglich eine ordnungsgemäße verhaltensbedingte Kündigung für die Richter in Betracht kam.
Im Ergebnis zeigt das Urteil erneut, dass Arbeitnehmer*innen auch außerhalb des Dienstes gegenüber ihrem Arbeitgeber verpflichtet sind, dessen Interessen zu wahren. Im Besonderen gilt dies für den Fall der Arbeitsunfähigkeit – auch wenn die fünfte Jahreszeit so manche Ansichten lockern mag. Narrenfreiheit existiert im Arbeitsverhältnis nicht.