Der Leidensweg von Frau M. begann 2008 als sie wegen der Schließung einer Abteilung eine andere Arbeit zugewiesen bekommen hat. Da sie mit der Arbeit dort nicht zurechtkam, stellten sich psychische Probleme ein. Schon zuvor war es wegen orthopädischer Leiden zu Fehlzeiten gekommen. Die Situation wurde dadurch erschwert, dass Arbeitnehmerin und Arbeitgeber unterschiedlicher Ansicht darüber waren, welche Arbeit Frau M. aus gesundheitlichen Gründen gut ausüben kann.
Nachdem Frau M. Anfang des letzten Jahres durchgehend arbeitsunfähig erkrankte, sprach der Arbeitgeber Mitte des Jahres 2012 die erste Kündigung aus. Diese wurde vom örtlichen Arbeitsgericht für unwirksam erklärt. Der Grund dafür war, dass Frau M. die Firma vor Ausspruch der Kündigung über eine bevorstehende Rehabilitation informiert hat. Das Ergebnis dieser Maßnahme hätte unbedingt abgewartet werden müssen, so das Gericht.
Zweite Kündigung folgt auf dem Fuße
Noch bevor über die erste Kündigung entschieden war, folgte im Herbst 2012 die nächste krankheitsbedingte Kündigung. Der Arbeitgeber begründete diese Kündigung damit, dass Frau M. arbeitsunfähig aus der Reha entlassen wurde und weiterhin krank war.
Auch bei der zweiten Kündigung übernahm die DGB Rechtsschutz GmbH für die gekündigte Arbeitnehmerin, die Mitglied in der IG Metall ist, die Prozessführung. Für die Prozessvertreterin waren dabei zwei Punkte besonders wichtig. Zum einen war zwar eine Entlassung als arbeitsunfähig erfolgt, allerdings wurde der Klägerin im Bericht der Reha ein positives Leistungsbild für ihre bisherige Tätigkeit bescheinigt. Zudem bestätigte der behandelnde Neurologe, dass die Kündigung seine Patientin extrem belastet hat und ansonsten durch die Kur volle Arbeitsfähigkeit wiederhergestellt hätte werden können. Auch hier kam es als Besonderheit also auf den zeitlichen Zusammenhang zwischen der ersten Kündigung und der Reha-Maßnahme an.
Das Gericht holte im Verfahren Berichte der behandelnden Ärzte ein, die ein nicht ganz klares bzw. einheitliches Bild zeichneten. Der Anregung des Arbeitgebers, ein Sachverständigengutachten einzuholen, entsprach das Gericht nicht. Es sah sich in der Lage auch ohne weitere medizinische Aufklärung über die Kündigung entscheiden zu können. Das tat es dann auch und stellte fest, dass die Kündigung das Arbeitsverhältnis nicht beendet hat. Dabei spielte auch eine Rolle, dass die Klägerin zu dem Zeitpunkt der Entscheidung bereits seit einem halben Jahr wieder gearbeitet hat. Die Arbeitsunfähigkeit war zwei Wochen nach Ausspruch beendet und die Klägerin kam an dem von ihr schon immer bevorzugten Arbeitsplatz gut zurecht.
Zweite Runde vor dem Landesarbeitsgericht
Doch auch die zweite Entscheidung des Arbeitsgerichts brachte noch keine Gewissheit für Frau M. Denn während das Urteil über die erste Kündigung akzeptiert wurde, legte der Arbeitgeber gegen das Urteil über die zweite Kündigung Berufung beim Landesarbeitsgericht ein. Mittlerweile war ein Jahr vergangen und Frau M. wusste noch immer nicht, ob sie arbeitslos wird oder nicht. Doch glücklicherweise bestätigten die Berufungsrichter das erstinstanzliche Urteil. Das Gericht stellte darauf ab, dass die Fehlzeiten der Klägerin ab 2009 durchschnittlich unter 30 Tagen lagen. Selbst bei geringer Überschreitung dieses Wertes müsse der Arbeitgeber bei dem Lebensalter der Klägerin und der langen Betriebszugehörigkeit die zu erwarteten Entgeltfortzahlungskosten hinnehmen.
Das Gericht sah auch die von der Gegenseite ins Spiel gebrachte dauerhafte Leistungsunmöglichkeit nicht. Die durchgehende Arbeitsunfähigkeit ab Januar 2012 sei dafür nur ein Indiz. Dieser Hinweis würde aber durch sonst nichts bestärkt, insbesondere auch nicht durch die Entlassung aus der Rehabilitation als arbeitsunfähig.
Für die rechtliche Einschätzung war von entscheidender Bedeutung, dass die Klägerin ab Oktober 2012 wieder gesund war. Wäre die Arbeitsunfähigkeit nicht im Laufe des Verfahrens beendet worden oder weitere Fehlzeiten währenddessen aufgetreten, so wäre das Ergebnis sicher ein anderes gewesen. Für die Klägerin hat die Sache somit eine gute Wendung genommen. Zusammen mit ihrer Prozessvertreterin hofft die erfolgreiche Klägerin, dass das Arbeitsverhältnis langfristig ohne zu hohe Fehlzeiten fortgesetzt werden kann.