Während einer Weihnachtsfeier betrat der Betriebsratsvorsitzende die Bühne und begann in ein Mikrofon zu singen. Als daraufhin mehrere Arbeitskollegen forderten, "er solle aufhören, da es furchtbar klingen würde", verließ er die Bühne, ging auf eine Gruppe von vier Mitarbeitern zu, und schlug einem davon ins Gesicht.
Weihnachtsfeier betriebliche Veranstaltung?
Der Arbeitgeber beantragte daraufhin die Zustimmung des Betriebsrates zur fristlosen Kündigung aus wichtigem Grund. Als der Betriebsrat diese verweigerte, beantragte der Arbeitgeber beim Arbeitsgericht, die Zustimmung zur Kündigung zu ersetzen.
Der Betriebsratsvorsitzende wehrte sich mit den Argumenten, er sei volltrunken gewesen. Außerdem habe sich die Auseinandersetzung außerhalb der Arbeitszeit des Betriebes ereignet.
Arbeitgeber hat Fürsorgepflicht gegenüber anderen Mitarbeitern
Die Richter des Arbeitsgerichts Osnabrück hielten eine außerordentliche Kündigung gerechtfertigt. Dem Arbeitgeber sei nicht zuzumuten, den Mitarbeiter bis zum Ende der Kündigungsfrist zu beschäftigen. Den Arbeitgeber treffe eine Fürsorgepflicht gegenüber den anderen Mitarbeitern. Er müsse die Mitarbeiter schützen und verhindern, dass diese der Gefahr von körperlichen Angriffen ausgesetzt sind.
Bei einer Weihnachtsfeier handele es sich zudem um eine betriebliche Veranstaltung. Daher sei es unerheblich, dass sich der Vorfall außerhalb der Arbeitszeit und des Betriebes ereignet habe. Der Mitarbeiter habe keine Ausfallerscheinungen gezeigt, so dass man sein Fehlverhalten auch nicht auf den Alkohol schieben könne.
Für den Mitarbeiter sprächen zwar seine lange Betriebszugehörigkeit von über 20 Jahren, sein Alter und seine Unterhaltsverpflichtungen, diese wögen den Verstoß jedoch nicht auf. Die Abwägung der Interessen des Gekündigten wiegen nicht schwer genug für eine Weiterbeschäftigung, so dass auch die Interessenabwägung im Einzelfall zu Lasten des Beschäftigten gehe.
Anmerkung: „Stille Nacht?“
Weihnachtsfeiern sind in mancher Hinsicht Ausnahmesituationen: Statt im Betrieb begegnet man den Kolleg*innen in geselliger Atmosphäre, die Stimmung ist oft gelöster und weniger förmlich. Trotzdem handelt es sich um eine dienstliche Veranstaltung.
Aber auch wenn so mancher Arbeitgeber*innen bei Betriebsweihnachtsfeiern ein Auge zudrückt, ist für Arbeitnehmer*innen generell Vorsicht geboten. Auch wenn es nicht zu körperlichen Attacken kommt, kann ein Arbeitgeber zur Kündigung berechtigt sein.
Mit Konsequenzen muss auch rechnen, wer verbal entgleist. So hat das Landesarbeitsgericht Hamm eine fristlose Kündigung als gerechtfertigt angesehen, weil ein betrunkener Mitarbeiter auf einem Fest den Vorgesetzten „Arschloch“ genannt und ihm den Mittelfinger gezeigt hatte.
Dagegen reicht es für eine Kündigung nicht, wenn man die Rede des Chefs durch Buhrufe stört, wie das Hessische Landesarbeitsgericht entschieden hat. Vorgesetzte sind allerdings auch nicht verpflichtet, derartige Sauftiraden zu unterbinden. Selbst dann nicht, wenn Flüssiges unbegrenzt zur Verfügung gestellt wird.
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