Nimmt ein Mitarbeiter eines Ordnungsamtes während der Dienstzeit verbilligte Speisen an, so ergibt hieraus noch nicht der Verdacht der Vorteilsannahme oder Bestechlichkeit. Eine fristlose Kündigung kann hiermit nicht begründet werden. Verstößt er jedoch gegen seine vertraglichen Pflichten, so kann dies eine verhaltensbedingte ordentliche Kündigung rechtfertigen.
So entschied das Arbeitsgericht (ArbG) Krefeld am 18.09.2015. Die gegen die erstinstanzliche Entscheidung eingelegten Berufungen des Klägers und der Beklagten beim Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf haben die Parteien am 17.02.2016 zurückgenommen, nachdem das Gericht, nach der Erörterung der Sache, dies den streitenden Parteien nahelegte.
Folgender Sachverhalt lag dem Fall zugrunde:
Dem bei einem Ordnungsamt tätigen Kläger kündigte die Beklagte im September 2013 fristlos. Im November 2013 erklärte die Beklagte eine ordentliche Kündigung. Dem Kläger wurde unter anderem Vorteilsannahme oder Bestechlichkeit vorgeworfen.
Die Beklagte behauptete, dass der Kläger von mehreren Imbissbetreibern verbilligt Speisen erhalten habe. Als Gegenleistung dafür habe er Falschparker in der Imbissumgebung nur nach Ankündigung und Rücksprache mit den Imbissbetreibern aufgeschrieben. Der Kläger wies diesen Vorwurf zurück und erhob gegen die Kündigung Klage.
Kündigung als Tatkündigung unwirksam
Das ArbG Krefeld hielt die fristlose Kündigung des Mitarbeiters als Tatkündigung für unwirksam. Zwar, so die Krefelder Richter*innen, dürfe ein Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes fristlos gekündigt werden, wenn er für oder bei der Ausführung von Aufgaben Vorteile für sich fordert, sich versprechen lässt oder entgegennimmt und sich somit einer Vorteilsannahme oder Bestechlichkeit strafbar macht.
Dies aber sei hier aber nicht erwiesen gewesen. Die Beweisaufnahme habe zwar gezeigt, dass der Kläger verbilligte Speisen erhielt. Nicht nachgewiesen konnte jedoch, eine wie von der Beklagten angenommene Vereinbarung, dass als Gegenleistung Falschparker verschont blieben.
Auch als fristlose Verdachtskündigung Kündigung nicht gerechtfertigt
Nach Auffassung des ArbG sei die von der Beklagte ausgesprochene fristlose Verdachtskündigung nicht gerechtfertigt gewesen. Zwar könne der Verdacht, dass der Kläger eine strafbare Handlung begangen habe, für eine fristlose Kündigung ausreichend sein. In einem solchen Fall müsse der Verdacht dringend sein, also eine große Wahrscheinlichkeit dafür bestehen, dass der Arbeitnehmer die Straftat begangen hat. Dies sei hier nicht der Fall gewesen, denn es habe zwar ein gewisser Tatverdacht vorgelegen, der aber nicht dringend gewesen sei. Eine große Wahrscheinlichkeit, dass es eine Absprache zwischen dem Kläger und den Imbissbetreibern gab, habe nicht bestanden
Ordentliche Kündigung wegen Verstoßes gegen Vertragspflichten ist begründet
Nach Ansicht des ArbG sei die Arbeitgeberin zum Ausspruch einer verhaltensbedingten ordentlichen Kündigung berechtigt gewesen, da der Kläger durch die erwiesene Annahme der verbilligten Speisen gegen seine vertraglichen Pflichten verstoßen habe.
Eine vorherige Abmahnung hielt das Gericht für nicht notwendig, da der Kläger nicht habe erwarten dürfen, dass die Beklagte sein Verhalten dulden würde. Arbeitnehmer des kommunalen Ordnungsdienstes müssen als Personen wahrgenommen werden, die sich in dienstlichen Belangen stets ordnungsgemäß verhalten. Dies sei beim gekündigten Mitarbeiter nicht der Fall gewesen.
LAG gibt in mündlicher Verhaltung zu erkennen dass die Rechtsmittel beider Parteien nicht erfolgreich sein werden
In der am 17.02.2016 beim LAG Düsseldorf durchgeführten mündlichen Verhandlung gaben die Richter*innen des Berufungsgerichts zu erkennen, dass im Falle einer Entscheidung die Berufungen beider Parteien zurückgewiesen werden könnten und regten die Rücknahme der Rechtsmittel an. Diesem unmissverständlichen Hinweis der Berufungskammer folgten die Parteien und nahmen ihre Berufungen zurück, womit das erstinstanzliche Urteil in Rechtskraft erwachsen ist.