Versuchter Pfandbetrug – Straftat in der Freizeit kostet Elektriker seinen Job (Bildquellenangabe: Daniela B.  / pixelio.de)
Versuchter Pfandbetrug – Straftat in der Freizeit kostet Elektriker seinen Job (Bildquellenangabe: Daniela B. / pixelio.de)

Der Sachverhalt: Der Kläger hatte bei einem Discounter einen Leergutautomaten

mit pfandfreien Plastikflaschen befüllt. Die Flaschen hatte er zuvor mit Etiketten mit Pfandkennzeichen beklebt. Der Automat nahm die Flaschen an und druckte einen Pfandbon aus. Eingelöst hatte der  Mann den Bon nicht mehr; das Personal des Discountmarktes wurde aufmerksam und verständigte die Polizei.

Das Ganze erfolgte während der Freizeit des Klägers, der als Elektriker arbeitete.

Der Arbeitgeber, ein Unternehmen, das unter anderem Mineralwasser vertreibt, kündigte aufgrund des Vorfalls ordentlich.

Das Arbeitsgericht Koblenz wies die Kündigungsschutzklage zurück, das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz (LAG) bestätigte die Entscheidung in zweiter Instanz.

Bezug zum Arbeitsverhältnis vorhanden

Natürlich stellt sich die Frage, was das Ganze mit dem Arbeitsverhältnis des Elektrikers zu tun hat.

Er hatte die Etiketten über einen Kunden seines Arbeitgebers besorgt. Es waren also Etiketten einer Mineralwassermarke, die der Arbeitgeber vertreibt. Und das Pfand wird über die Etiketten dem Produzenten zugeordnet und von diesem wieder eingefordert. Damit begründete das LAG den Bezug zum Arbeitsverhältnis.

Erhebliche Verletzung einer vertraglichen Nebenpflicht durch außerdienstliche Straftat

Das LAG stellt darauf ab, dass eine Nebenpflicht auch durch eine außerdienstliche Straftat verletzt werden kann. Denn ein Arbeitnehmer sei auch außerhalb der Arbeitszeit verpflichtet, aufdie berechtigten Interessen des Arbeitgebers Rücksicht zu nehmen. Durch ein rechtswidrigesaußerdienstliches Verhalten des Arbeitnehmers würden dann berechtigte Interessen des Arbeitgebers beeinträchtigt, wenn es negative Auswirkungen auf den Betrieb oder einen Bezug zum Arbeitsverhältnis hat. Das gelte auch für eine außerdienstlich begangene Straftat.

Der Kläger habe durch den versuchten Pfandbetrug, den er mit Pfand-Etiketten der Getränkemarke seiner Arbeitgeberin verübt hat, seine gegenüber der Beklagten bestehende Pflicht zur Rücksichtnahme verletzt.

Gericht sah eine erhebliche kriminelle Energie

Der Wert des Pfandbon war für das LAG unwichtig, ebenso die Nichtvollendung der Tat, da der Versuch nicht freiwillig aufgegeben wurde. Wichtig für das Gericht war die sich aus dem Sachverhalt ergebene erhebliche kriminelle Energie des Klägers. Dieser hatte nicht unüberlegt gehandelt oder eine sich bietende Gelegenheit ausgenutzt. Vielmehr hatte er planmäßig gehandelt, als er die Etiketten illegal im Ausland besorgte und damit mindestens 32 Flaschen manipulierte.

Es bedurfte nach dem LAG zur Klarstellung der vertraglichen Pflichten auch keiner Abmahnung.

Es sei für den Kläger erkennbar gewesen, dass er in seiner Freizeit keine Etiketten eines Kunden seiner Arbeitgeberin verwenden darf, um damit eine Straftat zu verüben.

Besondere Vertrauensstellung eines Elektrikers?

Die auf den ersten Blick sehr extrem wirkende Entscheidung des LAG, relativiert sich mit genauerer Kenntnis des Sachverhaltes etwas. Zuletzt fragt man sich dann noch, warum das Vertrauen  der Arbeitgeberin in ihren Mitarbeiter durch den Vorfall unwiderruflich zerstört worden sein soll. Schließlich war der Kläger als Elektriker beschäftigt. Das wiegt doch anders als die Kassiererin, die in die Kasse greift. Doch auch dafür hat das LAG eine Erklärung: Der Kläger hat als Mitarbeiter der Instandhaltung jederzeit Zugang zu allen Bereichen des Betriebs, auch zum Etikettenlager. Die Beklagte müsse sich auf die Integrität dieser Mitarbeiter verlassen können, die sie nicht ständig kontrollieren und überwachen kann. Durch sein Verhalten habe der Kläger das notwendige Vertrauen in seine Zuverlässigkeit und Redlichkeit zerstört.

Anmerkung der Redaktion:

Der Fall ist hier sicher ein ganz spezieller, bei dem das LAG über die vielen Hürden einer verhaltensbedingten Kündigung hinweggekommen ist. Das dürfte bei außerdienstlichen Straftaten nicht zu oft der Fall sein. Aber: Auch das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat strafbares außerdienstliches Verhalten als in der Person des Arbeitnehmers liegenden Kündigungsgrund zugelassen.

Die Revision wurde nicht zugelassen, so dass das BAG sich aufgrund dieses Falles nicht nochmals mit der Frage beschäftigen wird.

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 27.11.2014, 5 Sa 420/14 im Volltext

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 10.04.2014, 2 AZR 684/13 im Volltext