Kündigen will gelernt sein. Auf Arbeitgeberseite tun sich manche Protagonisten mit den Formerfordernissen einer Kündigung schwer. Dies bescherte einem vom DGB Rechtsschutz Büro Karlsruhe vertretenen Monteur einen Sieg vor dem Arbeitsgericht.
Kläger erhält Kündigung
Der Kläger, 62 Jahre alt, ist bei der Beklagten seit Juli 2015 als Monteur beschäftigt. Er ist Mitglied der IG Metall. Die Beklagte ist eine juristische Person in Gestalt einer Unternehmergesellschaft (UG). Die Unternehmergesellschaft ist eine Variante der Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH). Für die UG gelten im Wesentlichen die Vorschriften für die GmbH.
Ende November 2017 ging dem Kläger ein Kündigungsschreiben zu. Darin wurde das Arbeitsverhältnis zu Ende Dezember 2017 gekündigt. Beachtenswert sind die Formalien des Kündigungsschreibens.
Als Absender trägt das Schreiben den Firmen-Namen der Beklagten, allerdings ohne Rechtsform-zusatz. Unterschrieben wurde das Schreiben von der Gesellschafterin der Beklagten, dies aber ohne Bezeichnung einer Vertretungsform, welche sie bei der Beklagten innehat. Auch der Firmenstempel auf dem Schreiben enthält keinen Rechtsformzusatz.
DGB Rechtsschutz übernimmt Vertretung
Der Kläger wollte die Kündigung nicht akzeptieren und klagte. Die DGB Rechtsschutz GmbH übernahm die prozessuale Vertretung, weil der Kläger Mitglied der IG Metall ist. Die Beklagte versuchte einen juristischen Winkelzug und rügte im Gütetermin die Postulationsfähigkeit der DGB Rechtsschutz GmbH.
Die Postulationsfähigkeit ist die vom Gesetz verliehene Befugnis, für eine Partei im gerichtlichen Verfahren wirksam Prozesshandlungen vornehmen zu dürfen. Die Beklagte vertrat die Ansicht, der DGB Rechtsschutz sei als GmbH nicht zur Prozessvertretung befugt, da eine vom Gesetz geforderte Haftung der Gewerkschaften für die DGB Rechtsschutz GmbH nicht bestehe. Diese Behauptung der Beklagten ist nichts weiter als ein unwahres und substanzloses Scheinargument. Mehr dazu später.
Der Kläger berief sich zur Begründung der Klage auf das Maßregelungsverbot. Danach dürfen Arbeitnehmer nicht benachteiligt werden, wenn sie lediglich ihre Rechte wahrnehmen. So ist etwa eine Kündigung wegen Gewerkschaftszugehörigkeit unwirksam.
Kündigung wegen Erkrankung
Der Kläger war im Oktober 2017 eine Woche arbeitsunfähig erkrankt. Als er dies der Beklagten mitteilen wollte, teilte ihm diese mit, dass seine Arbeitsunfähigkeit „problematisch in Hinblick auf das zukünftige Arbeitsverhältnis“ sei. Der Kläger arbeitete dann trotzdem.
Als er im November 2017 erneut krank wurde, übermittelte er die AU-Bescheinigungen und telefonierte mit der Gesellschafterin der Beklagten. Im Rahmen des Telefonats äußerte der Kläger die Prognose, wonach die Arbeitsunfähigkeit noch ein wenig länger dauern könnte.
Weil er fürchtete, bei zu langer Abwesenheit gekündigt zu werden, wollte er anbieten, schnellstmöglich wieder zur Arbeit zu erscheinen, auch wenn er noch krank sein sollte. Die Gesellschafterin legte daraufhin grußlos auf. Später ging dem Kläger dann die Kündigung zu.
DGB Rechtsschutz ist postulationsfähig
Das Arbeitsgericht gab der Kündigungsschutzklage statt. Deutlich führt das Arbeitsgericht in der Begründung aus, warum die DGB Rechtsschutz GmbH die gesetzlich notwendige Postulationsfähigkeit vor den Arbeitsgerichten besitzt.
Wörtlich heißt es: Der Deutsche Gewerkschaftsbund hat dafür gesorgt, dass die von der DGB Rechtsschutz GmbH vertretenen Mitglieder vor den Folgen etwaigen fehlerhaften Handelns der zur Prozessvertretung bevollmächtigten Juristen geschützt werden. Im Jahre 1996 schloss der DGB eine Gruppenhaftpflichtversicherung für die damals noch direkt beim DGB beschäftigten Juristen.
Auch nach Gründung der DGB Rechtsschutz GmbH im Jahre 1998 wurde und wird diese Haftpflichtversicherung weitergeführt. Die DGB Rechtsschutz GmbH handelt als Prozessbevollmächtigte durch die von ihr beauftragten und bei ihr beschäftigten Juristen.
Kündigung wegen Formfehler unwirksam
In seiner weiteren Begründung musste das Arbeitsgericht nicht auf die vom Kläger dargelegten Aspekte zum Maßregelungsverbot eingehen. Denn die Kündigung war nach Ansicht des Gerichts
bereits aus einem anderen Grund unwirksam.
Nach Ansicht des Gerichts ist das Schreiben vom November 2017 keine Kündigung. An keiner Stelle ist in diesem Schreiben von der Beklagten als UG die Rede. Das Schreiben enthält als Absender lediglich die Firma der Beklagten, jedoch ohne Rechtsformzusatz. Gleiches gilt für das Ende des Schreibens - der Firmenstempel enthält ebenfalls keinen Rechtsformzusatz.
Die Unterschrift des Schreibens erfolgte von der Gesellschafterin der Beklagten, ohne irgendeinen Hinweis auf die Vertretung der Beklagten UG. Im Schreiben ist formuliert: „hiermit kündige ich…“
Aufgrund des Bezuges durch die Verwendung von „ich“ durch die Gesellschafterin und Unterzeichnerin des Schreibens hat letztlich die Gesellschafterin gekündigt, nicht die UG. Der Arbeitsvertrag des Klägers wurde aber mit der UG geschlossen, nicht mit der Gesellschafterin als „natürlicher Person“.
Zwingender Wortlaut des Gesetzes
Das Arbeitsgericht nimmt Bezug auf die entsprechende Vorschriften des GmbH-Gesetzes. Demnach muss eine Unternehmergesellschaft in der Bezeichnung der Firma die Bezeichnung „Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt)“ oder „UG“ (haftungsbeschränkt) führen.
Die Geschäftsführer einer Unternehmergesellschaft haben in den Angelegenheiten der Gesellschaft die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes anzuwenden. Zur Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes gehört nach Ansicht des Arbeitsgerichts auch, im Rechtsverkehr die korrekte Firmenbezeichnung nebst Rechtsformzusatz zu verwenden.
Aus der Warte des Klägers, juristisch bekannt als „objektiver Empfängerhorizont“, enthält das Schreiben vom November 2017 keine Kündigungserklärung der UG. Diese ist nicht identisch mit der Gesellschafterin.
Denn diese hatte gekündigt, aber zwischen ihr und dem Kläger bestand kein Arbeitsverhältnis. Dieses besteht nur zwischen dem Kläger und der UG. Die Beklagte ist nun verpflichtet, den Kläger zumindest bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzprozesses zu beschäftigen.
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Das sagen wir dazu:
Das Urteil des Arbeitsgericht Karlsruhe ist richtig. Leider finden sich in den Entscheidungsgründen keine Ausführungen zum Maßregelungsverbot. Da die Kündigung bereits aus anderen Gründen unwirksam war, muss das Gericht hierzu keine Ausführungen machen.
Verstoß auch gegen Maßregelungsverbot
Ein Verstoß gegen das Maßregelungsverbot dürfte hier aber vorliegen. Arbeitnehmer dürfen krank werden. Das Arbeitsverhältnis allein aus diesem Grund beenden zu wollen, stellt einen Verstoß gegen das Maßregelungsverbot dar.
In der Praxis ist dieses Verbot nicht allzu relevant – meist ist eine Kündigung aus anderen Gründen unwirksam. Zudem sind die Beweisanforderungen relativ hoch: Der Arbeitnehmer muss einen Zusammenhang zwischen der Wahrnehmung seiner Rechte und der benachteiligenden Maßnahme des Arbeitgebers nachweisen.
Letztlich scheiterte das Kündigungsvorhaben der Beklagten bereits bei der Abfassung der schriftlichen Kündigung. Hier hat sich gezeigt, dass nicht jedermann dem durchaus anspruchsvollen Zivilrecht in seiner Ausformung als Handels-und Gesellschaftsrecht gewachsen ist. Dies musste aber nicht die Sorge des Klägers sein – als Mitglied der IG Metall hatte er Anspruch auf Beratung und Prozessvertretung durch die Juristinnen und Juristen der DGB Rechtsschutz GmbH – ganz ohne Kostenrisiko.
Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang die überaus substanzlose Behauptung, die DGB Rechtsschutz GmbH erfülle nicht die vor den Arbeitsgerichten gültigen Prozessvoraussetzungen. Tatsächlich erfüllt die DGB Rechtschutz GmbH diese seit ihrer Gründung vor mittlerweile 20 Jahren. Offenbar sind der Beklagten keine besseren Argumente eingefallen.
Rechtliche Grundlagen
5a GmbHG
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Das sagen wir dazu