Seit fast einem Jahr gilt eine Regelung, nach der derjenige, der sein Entgelt verspätet erhält, mindestens einen Betrag in Höhe von 40 Euro als Pauschale wegen der verspäteten Zahlung erhält.
Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg pro Verzugspauschale
Arbeitgebernahe Anwälte hatten dies von Anfang an bestritten und hatten damit auch bei einigen Arbeitsgerichten zunächst Erfolg. Doch das Blatt wendet sich: Nach den Landesarbeitsgerichten in Baden-Württemberg und Köln, hat jetzt auch das Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg die Anwendung der Verzugspauschale im Arbeitsrecht bejaht.
Im Fall, den das Gericht zu entscheiden hatte, hatte der Kläger Vergütungsdifferenzen für die Monate September bis November 2015 und die Zahlung der Verzugspauschale für jeden Monat geltend gemacht.
Vor dem Arbeitsgericht hatte der Kläger insofern noch verloren, weil die Richter*innen der Ansicht waren, die Beklagte habe den Verzug nicht zu vertreten gehabt. Es hätten schlicht unterschiedliche Rechtsauffassungen der Parteien vorgelegen. Es liege damit kein Verschulden vor.
LAG sieht keine Anhaltspunkte für Bereichsausnahme
Das LAG hingegen sprach dem Kläger jeweils 40 Euro für die entsprechenden Monate zu, insgesamt also 120 Euro. Diese Pauschale könne auch im Arbeitsverhältnis verlangt werden.
Damit erteilte das LAG der Meinung eine Absage, nach der die Kostenpauschale nicht gelten solle. Begründet wurde dies damit, dass es im Arbeitsgerichtsverfahren eine spezielle Regelung gibt, nach der jeder die Kosten der Rechtsverfolgung selbst zu tragen hat.
Vielmehr sei es Sinn und Zweck der Vorschrift, denjenigen, die Kosten und Mühen haben, um an Entgelt zu kommen, einen Ausgleich zu gewähren. Die entscheidende Kammer sah keinen Anhaltspunkte dafür, dass dies im Arbeitsrecht nicht gelten solle.
40 Euro werden für jeden Monat einzeln fällig
Das LAG trat auch der Ansicht der Beklagten entgegen, wonach diese den Verzug nicht zu vertreten habe. Die Beklagte könne sich nicht damit herausreden, es habe ja Streit darüber geherrscht, ob der Anspruch besteht oder nicht.
Vielmehr sei die Beklagte verpflichtet, sich kompetenten Rechtsrat einzuholen und die Rechtsprechung gründlich auszuwerten. Nur wenn die Rechtslage objektiv zweifelhaft sei oder der Schuldner sich auf höchstrichterliche Rechtsprechung berufen könne, habe er den Verzug nicht zu vertreten.
Die Kostenpauschale von 40 Euro sei auch für jeden einzelnen Monat zu zahlen. Denn mit der Kostenpauschale solle auch „der Ärger und die aufgewendete Arbeitszeit kompensiert werden“.
Da das Arbeitsentgelt monatlich zu zahlen sei, müsse der Kläger auch monatlich kontrollieren und gegebenenfalls berechnen, welche Ansprüche ihm seiner Ansicht nach noch zustehen. Deshalb habe er jeweils wieder Anspruch auf die 40 Euro.
Links
Urteil des LAG Berlin Brandenburg
Lesen Sie auch:
40 € Verzugspauschale gilt auch im Arbeitsrecht
40 Euro Strafe für verspätete Lohnzahlung
Das sagen wir dazu:
Das Urteil des LAG Berlin-Brandenburg ist in zweifacher Hinsicht erfreulich. Zum einen hat das Gericht die Tendenz gestärkt, wonach die Verzugspauschale auch im Arbeitsrecht gilt und damit juristischen Argumentationsnebel der Arbeitgeberseite beiseite gefegt.
Zum anderen hat das Gericht sich auch zu bislang nicht geklärten Einzelfragen geäußert: Nach allgemeiner Meinung setzt Verzug ein Verschulden voraus. Der Schuldner muss also in Kenntnis der Tatsache, dass er leisten müsste, diese Leistung unterlassen. Das Gericht hat klargestellt, dass sich der Schuldner nicht schon damit herausreden kann, er habe „eine andere Rechtsansicht“. Dies dürfte nämlich fast in jedem Rechtsstreit der Fall sein. Der Schuldner muss vielmehr kompetenten Rat einholen.
Und auch die Entscheidung, dass die Pauschale für jeden Monat erneut anfällt, ist zu begrüßen. Andernfalls könnte ein säumiger Schuldner die Zahlung unter einer fadenscheinigen Begründung verweigern und sich im Hinblick auf den Verzug darauf berufen, es sei ja klar, dass man hier um eine Auslegung streite und dass der Gläubiger auch in den Folgemonaten insofern nichts zu erwarten habe. Dies würde sein Kostenrisiko in unbilliger Weise minimieren.
Insgesamt kann man sagen, dass ein Jahr nach dem allgemeinen In-Kraft-Treten der Vorschrift klare Tendenzen erkennbar sind, auch wenn eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes noch aussteht. Es ist zu hoffen, dass dieses sich bald zur grundsätzlichen Frage der Anwendbarkeit äußert. Die Antwort auf viele Detailfragen wird wohl noch einige Zeit dauern.
Das sagen wir dazu