Wird ein Arbeitnehmer unter Fortzahlung seines Arbeitsentgelts freigestellt und nimmt in dieser Zeit eine Tätigkeit bei einem Mitbewerber des Arbeitgebers auf, kann darin ein Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot liegen. Der Arbeitgeber kann dann Schadensersatz oder die Herausgabe der erhaltenen Vergütung verlangen.
Welcher Sachverhalt lag dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts zu Grunde?
Der Beklagte war bei der Klägerin als Produktmanager und technischer Leiter tätig. Das Arbeitsverhältnis endete nach Maßgabe eines Vergleichs in einem Kündigungsschutzprozess aufgrund ordentlicher arbeitgeberseitiger Kündigung. Die Parteien vereinbarten eine Freistellung des Klägers von der Arbeitspflicht bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses unter Fortzahlung der vertragsgemäßen Vergütung. Eine Anrechnung anderweitigen Verdienstes wurde im Vergleich nicht bestimmt. Während der Freistellung nahm der Beklagte ein Arbeitsverhältnis bei einem Konkurrenten der Klägerin auf.
Die klagende Arbeitgeberin hat die Auffassung vertreten, der Produktmanager habe gegen das Wettbewerbsverbot verstoßen und müsse deshalb die beim Wettbewerber erhaltene Vergütung herausgeben. Hilfsweise hat sie begehrt, die beim Wettbewerber bezogene Bezahlung auf die Ansprüche des Beklagten ihr gegenüber anzurechnen. Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen.
Wie hat das Bundesarbeitsgericht entschieden?
Auch die Revision der Klägerin blieb erfolglos. Der Beklagte ist nach § 61 Abs. 1 HGB nicht verpflichtet, ein mit dem Wettbewerber vereinbartes Festgehalt an die Klägerin herauszugeben.
Zwar kann der Arbeitgeber nach § 61 Abs. 1 HGB bei einer Verletzung des Wettbewerbsverbots Schadensersatz fordern, oder verlangen, dass der Arbeitnehmer die für eigene Rechnung gemachten Geschäfte als für Rechnung des Arbeitgebers eingegangen gelten lässt und die erhaltene Vergütung herausgibt.
Aber der Abschluss des Arbeitsvertrags zwischen dem gekündigten Produktmanager und dem Wettbewerber ist kein »Geschäft« im Sinne von § 61 HGB. Die Geltendmachung von Vergütungsansprüchen gegenüber dem bisherigen Arbeitgeber kann zwar bei Aufnahme eines neuen Arbeitsverhältnisses unter Verstoß gegen ein Wettbewerbsverbot gegen Treu und Glauben verstoßen, ein solcher Verstoß war im Streitfall aber nicht ausreichend dargelegt.
Auswirkungen der Entscheidung auf die Praxis:
Für Arbeitnehmer besteht während des Bestehen eines Arbeitsverhältnisses ein gesetzliches Wettbewerbsverbot, das sich manchmal aus dem Arbeitsvertrag, aber jedenfalls aus der allgemeinen Treuepflicht ergibt. Danach ist es dem Arbeitnehmer untersagt, seinem Arbeitgeber ohne dessen Einverständnis Konkurrenz zu machen. Der Arbeitnehmer darf also keine Geschäfte im selben Tätigkeitsbereich wie sein Arbeitgeber auf eigene Rechnung tätigen. Verstößt der Arbeitnehmer gegen das Wettbewerbsverbot macht er sich dem Arbeitgeber gegenüber schadensersatzpflichtig. Geschrieben steht dies in den §§ 60, 61 HGB (Handelsgesetzbuch). Diese Paragrafen gelten unmittelbar zwar nur für sogenannte Handelsgehilfen, werden von den Gerichten analog aber auch auf Arbeitnehmer angewandt.
Arbeitnehmer, die gegen das Wettbewerbsverbot verstoßen, müssen in der entsprechenden Zeit des Wettbewerbsverbots anderweitigen Erwerb an den Arbeitgeber herausgeben oder sich auf das Gehalt anrechnen lassen. Der Arbeitnehmer muss dem Arbeitgeber Auskunft über den tatsächlich erzielten Erwerb geben. Bei diesem anderweitigen Erwerb sind alle Einnahmen aus „Geschäften“, also aus selbstständiger Tätigkeit, regelmäßige wie unregelmäßige zu berücksichtigen. Nicht zu berücksichtigen ist nach Ansicht des BAG dagegen Arbeitseinkommen. Das bei einem anderen Arbeitgeber erzielte Arbeitseinkommen ist also nicht herauszugeben, der Arbeitnehmer im vorliegenden Fall konnte sogar das bisherige Gehalt zusätzlich bekommen.
Aber Achtung: Es kann sich aus der Tätigkeit trotzdem ein Schadensersatzanspruch ergeben, wenn dem Arbeitgeber durch die Tätigkeit Schäden ergeben. Und: Schwerwiegende Verstöße gegen das Wettbewerbsverbot können auch einen Kündigungsgrund bilden.
Pressemitteilung des BAG zum Urteil vom 17.10.2012, Az: 10 AZR 809/11