"BAG korrigiert Entscheidungen der Vorinstanzen." Hans-Martin Wischnath – Onlineredakteur – Frankfurt am Main
Nach § 29 Abs. 1 Satz 1 Buchst. e Doppelbuchst. bb iVm. Satz 2 TVöD hat ein im Geltungsbereich des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst (TVöD) nicht gesetzlich krankenversicherter Arbeitnehmer Anspruch, bis zu vier Arbeitstage unter Fortzahlung des Entgelts von der Arbeit freigestellt zu werden, wenn ein Kind unter zwölf Jahren schwer erkrankt, eine andere Person zur Pflege oder Betreuung nicht sofort zur Verfügung steht und die Notwendigkeit der Anwesenheit des Beschäftigten zur vorläufigen Pflege ärztlich bescheinigt wird.
In dem vom BAG entschiedenen Fall erkrankte erst das eine, dann ein anderes Kind der Klägerin schwer. Da die übrigen tariflichen Voraussetzungen erfüllt waren, steht der Beschäftigten, so das BAG, eine weitere bezahlte Freistellung von der Arbeit zu, wenn die in § 29 Abs. 1 Satz 3 TVöD festgesetzte Freistellungsobergrenze von insgesamt fünf Arbeitstagen im Kalenderjahr nicht überschritten wird.
Im April 2010 erkrankte der Sohn der Klägerin, der das zwölfte Lebensjahr nicht vollendet hatte. Die Beklagte stellte die Klägerin hieraufhin für die Dauer von vier Arbeitstagen unter Fortzahlung des Entgelts von der Arbeit frei.
Im Mai 2010 beantragte die Klägerin aufgrund einer Erkrankung ihrer Tochter, die ebenfalls das zwölfte Lebensjahr nicht vollendet hatte, einen weiteren Tag bezahlte Freistellung. Die Beklagte stellte die Klägerin zwar von der Verpflichtung zur Arbeit frei, lehnte jedoch die Fortzahlung des Entgelts ab und nahm eine entsprechende Vergütungsreduzierung vor.
Die Vorinstanzen haben die Klage, mit der die Klägerin die Vergütung eines Freistellungstags im Mai 2010 beansprucht hat, mit der Begründung abgewiesen, die Beklagte habe den tariflichen Freistellungsanspruch der Klägerin wegen schwerer Erkrankung eines Kindes bereits im April 2010 erfüllt.
Das BAG sah es jedoch anders. Die Revision der Klägerin hatte Erfolg. Der Neunte Senat kam zu dem Ergebnis, dass § 29 Abs. 1 Satz 1 Buchst. e Doppelbuchst. bb TVöD den Anspruch auf bezahlte Freistellung für jedes schwer erkrankte Kind unter zwölf Jahren auf höchstens vier Arbeitstage im Kalenderjahr begrenzt. Erkrankt ein weiteres unter zwölfjähriges Kind im selben Kalenderjahr, steht dem nicht gesetzlich krankenversicherter Arbeitnehmer die in § 29 Abs. 1 Satz 3 TVöD festgesetzte Freistellungsobergrenze von insgesamt fünf Arbeitstagen im Kalenderjahr zu. Hieraus folgt, dass die Beklagte der Klägerin für den einen bisher nicht vergüteten Freistellungstag zu bezahlen hat.
Deshalb steht der Klägerin noch die Vergütung für einen Freistellungstag im Mai 2010 iHv. 165,21 Euro brutto zu.