Geht ein Betrieb in die Insolvenz, hat der Insolvenzverwalter in der Regel die Möglichkeit, vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommene Zahlungen des Schuldners rückgängig zu machen. Dahinter steht der Gedanke, dass der Empfänger einer solchen Zahlung weniger schutzwürdig ist, und dass andere Gläubiger nicht benachteiligt werden sollen.
Arbeitslohn trotz Freistellung
Besonders stark ausgeprägt ist diese Handhabe des Insolvenzverwalters bei unentgeltlichen Zahlungen, also Zahlungen ohne erkennbare Gegenleistung. Unentgeltliche Zahlungen, die in den letzten vier Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgt sind, können ohne weitere Voraussetzungen angefochten werden.
Im hiesigen Fall war die Ex-Frau des Arbeitgebers nach ihrer Trennung weiterhin im Betrieb angestellt aber dauerhaft freigestellt. Über mehr als vier Jahre erhielt sie monatlich 1.000,- € brutto ohne Gegenleistung.
Nachdem das Insolvenzverfahren eröffnet worden war, focht der Insolvenzverwalter die Zahlungen an und forderte die Rückerstattung von fast 30.000,- € netto.
Freistellung ändert Inhalt des Arbeitsverhältnisses
Das BAG gab ihm Recht. Durch die Freistellung sei der Inhalt des Arbeitsverhältnisses geändert worden. Die Eheleute seien sich darüber einig gewesen, dass die Ex-Ehefrau für das Arbeitsentgelt keine Gegenleistung zu erbringen hatte, obwohl Arbeit vorhanden war.
Die Zahlungen trotz erfolgter Freistellung stuften die Richter deshalb als unentgeltlich ein. Der Insolvenzverwalter konnte sie daher zurückfordern.
Die Entscheidung war der besonderen Vereinbarung der Eheleute geschuldet. Üblicherweise sind Zahlungen in einem Arbeitsverhältnis als Gegenleistung für die erbrachte Arbeitsleistung entgeltlich. Das gilt auch, wenn aufgrund gesetzlicher oder tariflicher Bestimmung die Arbeitsleistung entfällt und der Lohn trotzdem weitergezahlt wird, so zum Beispiel an Feiertagen. Hier aber war das Austauschverhältnis Lohn und Arbeitsleistung dauerhaft aufgehoben.
Normale Lohnzahlungen nur eingeschränkt anfechtbar
Bei Kündigungen wird häufig eine Freistellung unter Fortzahlung der Vergütung bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses vereinbart. Da es hierbei aber in der Regel um eine Kompensation für den Verlust des Arbeitsplatzes geht, wäre dies kein unentgeltlicher Lohn. Eine spätere Anfechtung durch einen Insolvenzverwalter ist daher nicht zu fürchten.
Normale Lohnzahlungen können nur eingeschränkt angefochten werden. In den letzten drei Monaten vor Insolvenzeröffnung ist das dann möglich, wenn der Arbeitgeber bei der Zahlung zahlungsunfähig war und wenn der Arbeitnehmer dies wusste.
Hier ist die Rechtsprechung aber zugunsten des Arbeitnehmers eher restriktiv. So reicht allein die Kenntnis des Arbeitnehmers von verspäteten Lohnzahlungen an andere Arbeitnehmer nicht aus, um auf eine Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit zu schließen.
Praxistipp: Betriebsrat amtiert auch in der Insolvenz
Nach Eröffnung eines Insolvenzverfahrens bleibt der Betriebsrat im Amt. Der Insolvenzverwalter muss die Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats beachten.
Da mit einer Insolvenz regelmäßig Betriebsänderungen verbunden sind, kommt dem Betriebsrat die wichtige Aufgabe zu, über Interessenausgleich und Sozialplan mit dem Insolvenzverwalter zu verhandeln.
Der erste wichtige Schritt ist, auf die Einhaltung der Informationsrechte zu achten. Auch bei der Informierung der Belegschaft spielt der Betriebsrat eine wichtige Rolle. Dieser Artikel ist zuerst erschienen in: „AiB-Newsletter, Bund-Verlags, Ausgabe Ausgabe 3/2016 vom 10.02.2016