Gute Nachrichten für Schuldner - seit 1.7.2015 gelten höhere Pfändungsfreigrenzen
Was sind Pfändungsfreigrenzen?
In der Zivilprozessordnung (ZPO) ist geregelt, dass, wer Schulden hat, nicht gezwungen werden kann, sein gesamtes monatliches Einkommen zur Schuldentilgung zu verwenden. Es muss ein Teil des Einkommens verbleiben, damit das Existenzminimum gesichert ist. Ein Schuldner soll nicht „kahl“ gepfändet werden.
Dieser unantastbare Teil des Einkommens ist der sog. unpfändbare Betrag. Wie hoch dieser Betrag ist, legen die sog. Pfändungsfreigrenzen fest. Diese sind aus zu § 850c ZPO veröffentlichten Tabellen ersichtlich und können im Internet abgerufen werden. Die unpfändbaren Beträge ändern sich alle 2 Jahre, jeweils zum 1.7. Sie werden an den steuerlichen Grundfreibetrag nach § 32 a Einkommenssteuergesetz angepasst.
Da dieser im Vorjahreszeitraum um 2,76% gestiegen ist, müssen auch die unpfändbaren Beträge sich entsprechend erhöhen. Wie viel Einkommen in jedem Einzelfall verbleibt, hängt maßgeblich von der Höhe des Netto-Einkommens und der Zahl der Unterhaltsverpflichtungen ab.
Höhe des pfändungsfreien Betrags
Ein monatliches Einkommen eines Alleinstehenden ist bis zu 1.073,88 EUR unpfändbar. Bestehen Unterhaltspflichten, also z. B. gegenüber Ehepartnern oder Kindern, erhöht sich der nicht pfändbare Betrag. Aus den Pfändungstabellen kann konkret entnommen werden, bei welcher Höhe des monatlichen Nettogehaltes und welchen Unterhaltspflichten welcher Betrag gepfändet werden kann.
Aus praktischen Gründen rundet die Tabelle die pfändbaren Teile jeweils auf die nächsten 10-EUR auf, so dass faktisch erst ein Netto-Einkommen von 1.080 EUR pfändbar ist. Entsprechend den gerundeten Zahlen in der Pfändungstabelle ist ein monatliches Netto-Einkommen unpfändbar
- Bei Alleinstehenden bis zu 1.079,99 EUR
Bei Unterhaltspflicht gegenüber
- 1 Person bis 1.479,99 EUR
- 2 Personen bis 1.719,99 EUR
- 3 Personen bis 1.929,99 EUR
- 4 Personen bis 2.159,99 EUR
- 5 Personen bis 2.379,99 EUR
Bei einem höheren Einkommen, muss der höhere Teil nicht ganz abgeführt werden, sondern ebenfalls wieder nur teilweise. Ein Alleinstehender, der bspw. 2.000 EUR netto verdient, muss von seinem Netto-Einkommen 648,28 EUR an seine Gläubiger abführen, darf also in jedem Fall 1.351,72 EUR behalten.
Arbeitgeber muss pfändungsfreien Betrag beachten
Ist ein Arbeitnehmer verschuldet, führt der Arbeitgeber vom Netto-Lohn den pfändbaren Teil des Einkommens an die Gläubiger ab. Dies muss er nur tun, wenn ihm ein wirksamer sog. Pfändungs-und Überweisungsbeschluss des Gläubigers vorliegt. Bei der Auszahlung muss er von selbst die Pfändungsfreigrenzen beachten.
Er muss also den korrekten Abzugsbetrag ermitteln und darf nur die pfändbaren Teile des Gehalts an die Gläubiger abführen. Zahlt er zu viel aus, kann der Arbeitnehmer die Rückzahlung des zu viel gezahlten Betrages von seinem Arbeitgeber verlangen. Der Arbeitgeber muss im Übrigen auch die Pfändungsgrenzen des Einkommens beachten, wenn er davon ausgeht, selbst noch Zahlungsansprüche gegen seinen Mitarbeiter zu haben.
In der Praxis kommt es häufig vor, dass Arbeitgeber Gehälter nicht auszahlen, weil sie meinen, ihnen stünden wegen mangelhafter Arbeitsleistung oder wegen verursachter Schäden Forderungen gegen Arbeitnehmer zu. Dann verrechnen sie mit Gehaltszahlungen und zahlen entsprechend weniger Gehalt aus.
Ganz unabhängig davon, ob die Forderung begründet ist, ist es jedenfalls nicht zulässig, Gehälter auch über die Pfändungsfreigrenzen hinaus einzubehalten. Auch in Bezug auf Forderungen des Arbeitgebers selbst gilt, dass er die unpfändbaren Teile des Gehalts immer auszahlen muss.
Unpfändbare Einkünfte
Nach der noch geltenden Gesetzeslage, zu der aber in der vergangenen Legislaturperiode des Bundestages vom Bundesrat Änderungsvorschläge vorgelegt worden waren (Entwurf eines Gesetzes zur Neustrukturierung und Modernisierung des Pfändungsschutzes, Drucksache 17/2167 vom 16. 06. 2010) sehen Regelungen in der ZPO (§ 850a) bestimmte Einkünfte als unpfändbar an.
Die nicht pfändbaren Beträge müssen zunächst vom Bruttolohn abgezogen werden; erst anschließend kann der Nettolohn und der nach der Tabelle unpfändbare Teil ermittelt werden.
Zu diesen unpfändbaren Beträgen gehören bspw. die Hälfte der Vergütung für geleistete Überstunden, Treuegelder aus Anlass von Betriebsjubiläen, zusätzliches Urlaubsgeld, das also neben Urlaubsentgelt oder Urlaubsabgeltung gezahlt wird, Gefahren-Schmutz-und Erschwerniszulagen, Tage-und Übernachtungsgelder in Höhe der steuerfreien Pausch-Beträge oder Weihnachtsvergütungen bis zur Höhe der Hälfte eines Monatsgehaltes, aber max. bis zu 500 EUR.
Der Pfändungsschutz kann auch erweitert werden
Sowohl Gläubiger wie auch Schuldner können beim Amtsgericht beantragen, abweichend von der Tabelle zur Pfändungsfreigrenze den pfändbaren Teil des Arbeitseinkommens festzusetzen.
So kann der Arbeitnehmer etwa geltend machen, dass er besondere berufliche oder persönliche Ausgaben etwa wegen einer langen Anfahrt zur Arbeit oder wegen einer einzuhaltenden Diät hat und deshalb der pfändbare Teil geringer ausfallen muss. Wichtig: Zuständig ist immer das Amtsgericht, nicht das Arbeitsgericht, auch wenn Gehaltsansprüche gepfändet werden.
Auch Abfindungen sind pfändbar
Grundsätzlich sind Abfindungen wie Arbeitseinkommen pfändbar. Werden sie einmalig gezahlt, kann der Arbeitnehmer beim Amtsgericht aber beantragen, dass ihm so viel verbleibt, wie er für den notwendigen Unterhalt für sich und seine unterhaltspflichtigen Angehörigen für einen angemessenen Zeitraum benötigt.
Das Amtsgericht berücksichtigt bei der Festsetzung die Höhe der Abfindung, den Unterhalts-Bedarf und das erzielte Einkommen. Wird der notwendige Unterhalt bereits durch andere Einkünfte gedeckt, wird der besondere Pfändungsschutz für die Abfindung nicht gewährt.
Sozialleistungen
Leistungen wie Renten-Krankengeld und Arbeitslosengeld sind grundsätzlich pfändbar; Rentenversicherungsträger, Krankenkassen und die Bundesagentur für Arbeit müssen aber die (neuen) Pfändungsfreigrenzen ebenfalls beachten.
s. auch Beitrag Winkel/Nakielski, Arbeit und Sozialrecht, im nächsten Heft (8/9) der Zeitschrift Arbeit und Recht
Im Praxistipp: § 850c Zivilprozessordnung (ZPO) Pfändungsgrenzen für Arbeitseinkommen
Rechtliche Grundlagen
§ 850c Zivilprozessordnung (ZPO) Pfändungsgrenzen für Arbeitseinkommen
§ 850c Pfändungsgrenzen für Arbeitseinkommen
(1) Arbeitseinkommen ist unpfändbar, wenn es, je nach dem Zeitraum, für den es gezahlt wird, nicht mehr als
930 Euro1) monatlich,
217,50 Euro2) wöchentlich oder
43,50 Euro3) täglich,
beträgt. Gewährt der Schuldner auf Grund einer gesetzlichen Verpflichtung seinem Ehegatten, einem früheren Ehegatten, seinem Lebenspartner, einem früheren Lebenspartner oder einem Verwandten oder nach §§ 1615l, 1615n des Bürgerlichen Gesetzbuchs einem Elternteil Unterhalt, so erhöht sich der Betrag, bis zu dessen Höhe Arbeitseinkommen unpfändbar ist, auf bis zu
2 060 Euro4) monatlich,
478,50 Euro5) wöchentlich oder
96,50 Euro6) täglich,
und zwar um
350 Euro7) monatlich,
81 Euro8) wöchentlich oder
17 Euro9) täglich,
für die erste Person, der Unterhalt gewährt wird, und um je
195 Euro10) monatlich,
45 Euro11) wöchentlich oder
9 Euro12) täglich
für die zweite bis fünfte Person.
(2) Übersteigt das Arbeitseinkommen den Betrag, bis zu dessen Höhe es je nach der Zahl der Personen, denen der Schuldner Unterhalt gewährt, nach Absatz 1 unpfändbar ist, so ist es hinsichtlich des überschießenden Betrages zu einem Teil unpfändbar, und zwar in Höhe von drei Zehnteln, wenn der Schuldner keiner der in Absatz 1 genannten Personen Unterhalt gewährt, zwei weiteren Zehnteln für die erste Person, der Unterhalt gewährt wird, und je einem weiteren Zehntel für die zweite bis fünfte Person. Der Teil des Arbeitseinkommens, der 2 851 Euro13) monatlich (658 Euro14) wöchentlich, 131,58 Euro15) täglich) übersteigt, bleibt bei der Berechnung des unpfändbaren Betrages unberücksichtigt.
(2a) Die unpfändbaren Beträge nach Absatz 1 und Absatz 2 Satz 2 ändern sich jeweils zum 1. Juli eines jeden zweiten Jahres, erstmalig zum 1. Juli 2003, entsprechend der im Vergleich zum jeweiligen Vorjahreszeitraum sich ergebenden prozentualen Entwicklung des Grundfreibetrages nach § 32a Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes; der Berechnung ist die am 1. Januar des jeweiligen Jahres geltende Fassung des § 32a Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes zugrunde zu legen. Das Bundesministerium der Justiz gibt die maßgebenden Beträge rechtzeitig im Bundesgesetzblatt bekannt.
(3) Bei der Berechnung des nach Absatz 2 pfändbaren Teils des Arbeitseinkommens ist das Arbeitseinkommen, gegebenenfalls nach Abzug des nach Absatz 2 Satz 2 pfändbaren Betrages, wie aus der Tabelle ersichtlich, die diesem Gesetz als Anlage beigefügt ist, nach unten abzurunden, und zwar bei Auszahlung für Monate auf einen durch 10 Euro, bei Auszahlung für Wochen auf einen durch 2,50 Euro oder bei Auszahlung für Tage auf einen durch 50 Cent teilbaren Betrag. Im Pfändungsbeschluss genügt die Bezugnahme auf die Tabelle.
(4) Hat eine Person, welcher der Schuldner auf Grund gesetzlicher Verpflichtung Unterhalt gewährt, eigene Einkünfte, so kann das Vollstreckungsgericht auf Antrag des Gläubigers nach billigem Ermessen bestimmen, dass diese Person bei der Berechnung des unpfändbaren Teils des Arbeitseinkommens ganz oder teilweise unberücksichtigt bleibt; soll die Person nur teilweise berücksichtigt werden, so ist Absatz 3 Satz 2 nicht anzuwenden.
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Die unpfändbaren Beträge nach Absatz 1 und Absatz 2 Satz 2 sind durch Bekanntmachung zu § 850c der Zivilprozessordnung (Pfändungsfreigrenzenbekanntmachung 2005) vom 25. Februar 2005 (BGBl. I S. 493) geändert worden:
1) 985,15 Euro; 2) 226,72 Euro; 3) 45,34 Euro; 4) 2 182,15 Euro; 5) 502,20 Euro; 6) 100,44 Euro; 7) 370,76 Euro; 8) 85,32 Euro; 9) 17,06 Euro; 10) 206,56 Euro; 11) 47,54 Euro; 12) 9,51 Euro; 13) 3 020,06 Euro; 14) 695,03 Euro; 15) 139,01 Euro.