In dem vom Bundesgerichtshof (BGH) entschiedenen Fall sollte der Lohn eines Arbeitnehmers gepfändet werden. Begründet wurde der Pfändungsversuch mit Unterhaltsschulden. Der Unterhaltsschuldner beantragte daraufhin die Aufhebung der Pfändung seiner ihm vom Arbeitgeber steuerfrei gewährten Nachtschichtzuschläge.
Amtsgericht und Landgericht hoben Pfändung auf
Auf Antrag des Unterhaltsschuldners hoben das Amtsgericht und auch das Landgericht Stendal die Pfändung der Nachtschichtzuschläge auf. Begründet wurde dies mit der Unpfändbarkeit von Erschwerniszulagen gemäß § 850 a Nr. 3 ZPO. Überdies hätten sich die Zulagen auch nicht außerhalb des Üblichen bewegt. Die Gläubigerin legte gegen diese Entscheidung Rechtsbeschwerde beim BGH ein.
Bundesgerichtshof bestätigt Unpfändbarkeit der Nachtschichtzulagen
Der Bundesgerichtshof hielt die Nachtschichtzuschläge insoweit als Erschwerniszulage gemäß § 850 Nr. 3a ZPO für unpfändbar, als sie dem Schuldner von seinem Arbeitgeber steuerfrei im Sinne von § 3 b EStG gewährt werden.
Die Unpfändbarkeit sei gerechtfertigt, da die Leistung von Arbeit zur Nachtzeit eine mit gesundheitlichen Risiken für den Schuldner verbundene Erschwernis seiner Arbeit darstelle.
Steuerfreiheit bei Einhaltung des üblichen Rahmens
Aus der Entscheidung des BGH ergibt sich, dass die Nachtschichtzuschläge aber nicht den Rahmen des Üblichen übersteigen dürfen.
Als Anhaltspunkt für den üblichen Rahmen gewährter Nachtarbeitszuschläge könne, so die Richter*innen des VII Senats, § 3 b EStG herangezogen werden, wonach Zuschläge, die für tatsächlich geleistete Nachtarbeit neben dem Grundlohn gezahlt werden, in bestimmten Umfang steuerfrei seien.
Für unerheblich hielt der Bundesgerichtshof, ob die Zahlung von Nachtarbeitszuschlägen für die vom Schuldner ausgeübte Tätigkeit üblich ist.
Hier finden Sie die vollständige Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 29.06.2916 - VII ZB 4/15
Die vollständige Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts kann unter folgendem Link abgerufen werden
Im Praxistipp: § 850a Zivilprozessordnung (ZPO) - Unpfändbare Bezüge und § 3b Einkommensteuergesetz (EStG) Steuerfreiheit von Zuschlägen für Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit
Das sagen wir dazu:
Im Ergebnis ist der Entscheidung des BGH zuzustimmen. Interessant ist der Hinweis des BGH, dass es unerheblich sei, ob die Zahlung von Nachtarbeitszuschlägen für die vom Schuldner ausgeübte Tätigkeit üblich ist.
Diese Auffassung mag daher rühren, dass auch heute noch Arbeitnehmer*innen in nicht tarifgebundenen Betrieben Nachtarbeit erbringen, ohne hierfür entsprechende Zuschläge zu erhalten, obwohl hierauf für Arbeiten zwischen 21 und 6 Uhr ein Rechtsanspruch besteht.
Zu diesem Ergebnis kam da Bundesarbeitsgericht in seiner Entscheidung vom 09.12.2015; Az. 10 AZR 423/14. Aus dem Leitsatz dieser Entscheidung ergibt sich Folgendes:
"Ein Zuschlag in Höhe von 25 % auf den jeweiligen Bruttostundenlohn bzw. die Gewährung einer entsprechenden Anzahl von bezahlten freien Tagen stellt ohne das Vorliegen besonderer Umstände, die auf eine höhere oder geringere Belastung schließen lassen, regelmäßig einen angemessenen Ausgleich für geleistete Nachtarbeit im Sinne von § 6 Abs. 5 ArbZG dar. Bei Erbringung der regulären Arbeitsleistung in Dauernachtarbeit erhöht sich der Ausgleichsanspruch regelmäßig auf 30 %“.
Rechtliche Grundlagen
§ 850 a Nr. 3 ZPO und § 3 b EStG
§ 850a Unpfändbare Bezüge
Unpfändbar sind
1. zur Hälfte die für die Leistung von Mehrarbeitsstunden gezahlten Teile des Arbeitseinkommens;
2. die für die Dauer eines Urlaubs über das Arbeitseinkommen hinaus gewährten Bezüge, Zuwendungen aus Anlass eines besonderen Betriebsereignisses und Treugelder, soweit sie den Rahmen des Üblichen nicht übersteigen;
3. Aufwandsentschädigungen, Auslösungsgelder und sonstige soziale Zulagen für auswärtige Beschäftigungen, das Entgelt für selbstgestelltes Arbeitsmaterial, Gefahrenzulagen sowie Schmutz- und Erschwerniszulagen, soweit diese Bezüge den Rahmen des Üblichen nicht übersteigen;
4. Weihnachtsvergütungen bis zum Betrag der Hälfte des monatlichen Arbeitseinkommens, höchstens aber bis zum Betrag von 500 Euro;
5. Geburtsbeihilfen sowie Beihilfen aus Anlass der Eingehung einer Ehe oder Begründung einer Lebenspartnerschaft, sofern die Vollstreckung wegen anderer als der aus Anlass der Geburt, der Eingehung einer Ehe oder der Begründung einer Lebenspartnerschaft entstandenen Ansprüche betrieben wird;
6. Erziehungsgelder, Studienbeihilfen und ähnliche Bezüge;
7. Sterbe- und Gnadenbezüge aus Arbeits- oder Dienstverhältnissen;
8. Blindenzulagen.
Einkommensteuergesetz (EStG)
§ 3b Steuerfreiheit von Zuschlägen für Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit
(1) Steuerfrei sind Zuschläge, die für tatsächlich geleistete Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit neben dem Grundlohn gezahlt werden, soweit sie
1. für Nachtarbeit 25 Prozent,
2. vorbehaltlich der Nummern 3 und 4 für Sonntagsarbeit 50 Prozent,
3. vorbehaltlich der Nummer 4 für Arbeit am 31. Dezember ab 14 Uhr und an den gesetzlichen Feiertagen 125 Prozent,
4. für Arbeit am 24. Dezember ab 14 Uhr, am 25. und 26. Dezember sowie am 1. Mai 150 Prozent
des Grundlohns nicht übersteigen.
2) 1Grundlohn ist der laufende Arbeitslohn, der dem Arbeitnehmer bei der für ihn maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit für den jeweiligen Lohnzahlungszeitraum zusteht; er ist in einen Stundenlohn umzurechnen und mit höchstens 50 Euro anzusetzen. 2Nachtarbeit ist die Arbeit in der Zeit von 20 Uhr bis 6 Uhr. 3Sonntagsarbeit und Feiertagsarbeit ist die Arbeit in der Zeit von 0 Uhr bis 24 Uhr des jeweiligen Tages. 4Die gesetzlichen Feiertage werden durch die am Ort der Arbeitsstätte geltenden Vorschriften bestimmt.
(3) Wenn die Nachtarbeit vor 0 Uhr aufgenommen wird, gilt abweichend von den Absätzen 1 und 2 Folgendes:
1. Für Nachtarbeit in der Zeit von 0 Uhr bis 4 Uhr erhöht sich der Zuschlagssatz auf 40 Prozent,
2. als Sonntagsarbeit und Feiertagsarbeit gilt auch die Arbeit in der Zeit von 0 Uhr bis 4 Uhr des auf den Sonntag oder Feiertag folgenden Tages.
Das sagen wir dazu