Die Klägerin ist Alleinerbin ihres am 20.12.2010 verstorbenen Ehemanns. Auf sein Arbeitsverhältnis mit der Beklagten fand der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) Anwendung. Danach standen dem Ehemann in jedem Kalenderjahr 30 Arbeitstage Urlaub zu. Da der Ehemann im August 2010 als Schwerbehinderter anerkannt wurde, ergab sich hieraus ein anteiliger Zusatzurlaub von zwei Arbeitstagen.

Die Klägerin begehrte mit ihrer Klage die Abgeltung des Resturlaubs ihres verstorbenen Ehemanns.

Arbeits- und Landesarbeitsgericht gaben der Klage statt. Mit der von der Beklagten eingelegten Revision begehrt sie die Abweisung der Klage.

Bundesarbeitsgericht bestätigt Vorinstanzen

Der gesetzliche Mindesturlaub von 24 Werktagen, der wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht genommen werden kann, ist abzugelten. Dies ergebe sich aus der nach dem Unionsrecht gebotenen Auslegung des Bundesurlaubsgesetzes 

(BUrlG), wonach der Resturlaub auch dann abzugelten sei, wenn das Arbeitsverhältnis durch den Tod des Arbeitnehmers endet.

Abgeltungsanspruch umfasst nicht nur den gesetzlichen Mindesturlaub 

Der Abgeltungsanspruch der Erben umfasst dabei nicht nur den Anspruch auf gesetzlichen Erholungsurlaub von 24 Werktagen, sondern auch den Zusatzurlaub für schwerbehinderte Menschen sowie den tariflichen Anspruch der den gesetzlichen Mindesturlaub übersteigt. Dem TVöD lässt sich nicht entnehmen, dass dem Erben das Verfallrisiko für den tariflichen Mehrurlaub bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Tod des Arbeitnehmers zugewiesen ist. Somit hat die Beklagte den nicht gewährten Urlaub des Erblassers mit einem Betrag i.H.v. 5.857,75 Euro brutto abzugelten.

Hier finden Sie die Pressemitteilung des Bundesarbeitsgerichts vom 22.01.2019

Für Interessierte:

Hier geht es zur Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 06.11.2018, Az: C-569/16 und C-570/16 - [Bauer und Willmeroth

Rechtliche Grundlagen

§§ 1, 7, 3 BurlG, § 125 SGB IX a.F., Art. 7 der Arbeitszeitrichtlinie

§ 1 Bundesurlaubsgesetz
Urlaubsanspruch
Jeder Arbeitnehmer hat in jedem Kalenderjahr Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub

§ 7 Bundesurlaubsgesetz
Zeitpunkt, Übertragbarkeit und Abgeltung des Urlaubs
(1) Bei der zeitlichen Festlegung des Urlaubs sind die Urlaubswünsche des Arbeitnehmers zu berücksichtigen, es sei denn, daß ihrer Berücksichtigung dringende betriebliche Belange oder Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer, die unter sozialen Gesichtspunkten den Vorrang verdienen, entgegenstehen. Der Urlaub ist zu gewähren, wenn der Arbeitnehmer dies im Anschluß an eine Maßnahme der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation verlangt.

(2) Der Urlaub ist zusammenhängend zu gewähren, es sei denn, daß dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe eine Teilung des Urlaubs erforderlich machen. Kann der Urlaub aus diesen Gründen nicht zusammenhängend gewährt werden, und hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Urlaub von mehr als zwölf Werktagen, so muß einer der Urlaubsteile mindestens zwölf aufeinanderfolgende Werktage umfassen.

(3) Der Urlaub muß im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden. Eine Übertragung des Urlaubs auf das nächste Kalenderjahr ist nur statthaft, wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen. Im Fall der Übertragung muß der Urlaub in den ersten drei Monaten des folgenden Kalenderjahrs gewährt und genommen werden. Auf Verlangen des Arbeitnehmers ist ein nach § 5 Abs. 1 Buchstabe a entstehender Teilurlaub jedoch auf das nächste Kalenderjahr zu übertragen.

(4) Kann der Urlaub wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden, so ist er abzugelten.

§ 3 Bundesurlaubsgesetz
Dauer des Urlaubs

(1) Der Urlaub beträgt jährlich mindestens 24 Werktage.
(2) Als Werktage gelten alle Kalendertage, die nicht Sonn- oder gesetzliche Feiertage sind.


§ 125 SGB IX a.F.
Zusatzurlaub
(1) Schwerbehinderte Menschen haben Anspruch auf einen bezahlten zusätzlichen Urlaub von fünf Arbeitstagen im Urlaubsjahr; verteilt sich die regelmäßige Arbeitszeit des schwerbehinderten Menschen auf mehr oder weniger als fünf Arbeitstage in der Kalenderwoche, erhöht oder vermindert sich der Zusatzurlaub entsprechend. Soweit tarifliche, betriebliche oder sonstige Urlaubsregelungen für schwerbehinderte Menschen einen längeren Zusatzurlaub vorsehen, bleiben sie unberührt.
(2) Besteht die Schwerbehinderteneigenschaft nicht während des gesamten Kalenderjahres, so hat der schwerbehinderte Mensch für jeden vollen Monat der im Beschäftigungsverhältnis vorliegenden Schwerbehinderteneigenschaft einen Anspruch auf ein Zwölftel des Zusatzurlaubs nach Absatz 1 Satz 1. Bruchteile von Urlaubstagen, die mindestens einen halben Tag ergeben, sind auf volle Urlaubstage aufzurunden. 3 Der so ermittelte Zusatzurlaub ist dem Erholungsurlaub hinzuzurechnen und kann bei einem nicht im ganzen Kalenderjahr bestehenden Beschäftigungsverhältnis nicht erneut gemindert werden.
(3) Wird die Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch nach § 69 Abs. 1 und 2 rückwirkend festgestellt, finden auch für die Übertragbarkeit des Zusatzurlaubs in das nächste Kalenderjahr die dem Beschäftigungsverhältnis zugrunde liegenden urlaubsrechtlichen Regelungen Anwendung.

Artikel 7 der Arbeitszeitrichtlinie (Richtlinie 2003/88/EG),

(1) Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, damit jeder Arbeitnehmer einen bezahlten Mindestjahresurlaub von vier Wochen nach Maßgabe der Bedingungen für die Inanspruchnahme und die Gewährung erhält, die in den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und/oder nach den einzelstaatlichen Gepflogenheiten vorgesehen sind.

(2) Der bezahlte Mindestjahresurlaub darf außer bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht durch eine finanzielle Vergütung ersetzt werden.