Der (noch) niedrigere Mindestlohn für Zeitungszusteller gilt nur wenn ausschließlich Zustelltätigkeiten ausgeübt werden
Der (noch) niedrigere Mindestlohn für Zeitungszusteller gilt nur wenn ausschließlich Zustelltätigkeiten ausgeübt werden

Ein Zeitungszusteller in der Nähe von Gera trägt zweimal wöchentlich Zeitungen aus. Zuvor hat er jedoch in die Zeitungen und Anzeigenblätter noch verschiedene Werbeprospekte einzulegen, die ihm paketweise zur Verfügung gestellt werden. Für die gesamte Tätigkeit erhielt er lediglich den niedrigeren Mindestlohn für Zeitungszusteller von 6,38 € pro Stunde.

Klage auf 8,50 € statt 6,38 € 

Dagegen hat er vor dem Arbeitsgericht geklagt und den allgemeinen Mindestlohn von 8,50 € gefordert.

Inka Lampmann vom Büro Gera der DGB Rechtsschutz GmbH hat den Kläger vor dem Arbeitsgericht vertreten. Die Rechtsschutzsekretärin hat den Anspruch damit begründet, dass das Einlegen der Werbeprospekte keine bloße “Zusammenhangstätigkeit” darstelle, die notwendigerweise zum Zustellen der Zeitungen gehört. Unter die Ausnahmeregelung im Mindestlohngesetz fällt ausschließlich die reine Zustellung der Presse. Wenn Mitarbeiter*innen darüber hinaus weitere Tätigkeiten auszuüben haben (wie hier das Einsortieren von Werbung) handelt es sich eben nicht mehr ausschließlich um Zeitungszustellung. Und damit gilt auch die gesetzliche Ausnahme für Zeitungszusteller*innen nicht.

Zeitungszustellung heißt nicht Werbung einsortieren  

Das Arbeitsgericht Gera hat das ebenso gesehen und den Arbeitgeber verurteilt, dem Kläger für die gesamte geleistete Arbeitszeit den gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 € zu zahlen. 

Das Gericht hat in der Urteilsbegründung ausgeführt, dass das Einsortieren von Werbung grundsätzlich nichts mit der Zeitungszustellung zu tun hat. Das Privileg für die Presseunternehmen, vorübergehend einen niedrigeren Mindestlohn zahlen zu müssen, beruht auf dem Grundrecht der Pressefreiheit. Dieses schützt aber gerade nicht zusätzliche Tätigkeiten wie das Einsortieren von Werbung, sondern ausschließlich die Zustellung der Presseprodukte als solche.

Anspruch auf 8,50 € besteht für die gesamte Arbeitszeit

Da von der Ausnahmeregelung im Mindestlohngesetz nur Arbeitnehmer*innen umfasst sind, die “ausschließlich periodische Zeitungen oder Zeitschriften an Endkunden zustellen”, hat der Kläger für die gesamte Arbeitszeit den Anspruch auf den “vollen” Mindestlohn. Denn von ausschließlicher Zeitungszustellung kann keine Rede mehr sein, wenn ein Teil der Arbeitszeit mit dem Einlegen von Werbung verbracht wird.

 

Das vollständige Urteil des Arbeitsgerichts Gera können Sie hier nachlesen. 

Lesen Sie zum Thema auch unseren Artikel DGB Rechtsschutz erstreitet Mindestlohn für Zeitungszusteller

Weitere Infos zum Thema Mindestlohn gibt es unterer unserer Rubrik Mindestlohn jetzt durchsetzen