Rente mit 63 kann Abfindung aus Altersteilzeitvertrag entfallen lassen.
Rente mit 63 kann Abfindung aus Altersteilzeitvertrag entfallen lassen.

Ein Arbeitnehmer ist vor dem Landesarbeitsgericht Nürnberg gescheitert, seine Abfindung aus einem Altersteilzeitvertrag einzuklagen. Durch die Rente mit 63 sei der Anspruch entfallen.

Abfindung im Altersteilzeitvertrag vereinbart

Der Kläger, Mitglied der IG Metall, war bei einem Kompressorenhersteller in Oberfranken beschäftigt. Mit seinem Arbeitgeber hatte er im Jahre 2008 einen Altersteilzeitvertrag abgeschlossen, der eine Abfindungszahlung vorsah. 

Geplant war eine Aktivphase vom 01.02.2009 bis 31.12.2011 und eine Passivphase bis 30.11.2014. Nach Ende der Passivphase hätte der Kläger noch zwei Jahre Arbeitslosengeld beziehen und dann mit Abschlägen in Rente gehen können.

Für den Verlust des Arbeitsplatzes sollte der Kläger eine Abfindung erhalten. Die Formulierung im Vertrag lautete:

„Der Arbeitnehmer erhält am Ende des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses eine nach § 6 des Tarifvertrages zur Beschäftigungsbrücke (TV BB) vorgesehene Abfindung in Höhe von 5.522 €.“

Erstens kommt es anders…

In dem entsprechenden Paragraphen des Tarifvertrags zur Beschäftigungsbrücke war geregelt, dass sich die Abfindung errechnet nach der Anzahl der Monate zwischen Ende der Passivphase und dem Zeitpunkt, in dem der Arbeitnehmer abschlagsfrei in Rente gehen kann. Die Anzahl der Monate werde dann mit einem festgelegten Faktor multipliziert.

Nach der Berechnung zum Zeitpunkt, als die Arbeitsvertragsparteien den Altersteilzeitvertrag abgeschlossen hatten, wären dies 48 Monate gewesen, der Anspruch beläuft sich daher auf die im Vertrag festgelegten 5.522 €.

Durch die Rente mit 63 konnte der Kläger jedoch schon zum 01.12.2014, also unmittelbar im Anschluss an die Passivphase, in Rente gehen, ohne Abschläge hinnehmen zu müssen. 

Die Arbeitgeberin zahlte daraufhin die Abfindung nicht. Zur Begründung führte sie an, nach der Berechnung des Tarifvertrags ergebe sich eine Zahlung von 0 €, weil zwischen dem Ende der Passivphase und dem abschlagsfreien Renteneintritt eben null Monate lägen.

… und zweitens als man denkt!

Der Kläger wendete sich zunächst an die IG Metall und anschließend an den DGB Rechtsschutz in Bamberg, der die vorenthaltende Summe beim Arbeitsgericht einklagte.

Zur Begründung führte Prozessvertreterin Alexandra Tews ins Feld, der Altersteilzeitvertrag enthalte eine konkrete Summe von 5.522 €. Der Verweis auf den Tarifvertrag diene lediglich als Hinweis darauf, wie diese Summe zu Stande gekommen sei.

Hätte man die Summe offen lassen wollen, so hätte man dies im Vertrag deutlich machen können, etwa durch die Formulierung „nach derzeitigem Stand“, dies sei aber gerade nicht geschehen.

Die Formulierung sei als allgemeine Geschäftsbedingung (AGB) der Beklagten zuzurechnen, sie trage das Risiko unklarer Formulierung.

Rosinenpickerei?

Sowohl das Arbeitsgericht, als auch das Landesarbeitsgericht folgten Tews in der Einschätzung, dass es sich bei der Klausel um allgemeine Geschäftsbedingungen handelt. Eine Unklarheit sahen aber beide Gerichte nicht, auch wenn der vorsitzende Richter am LAG zugestand, man habe die Klausel „sicher schöner formulieren“ können.

Man müsse die Formulierung eben auslegen. Hintergrund der Abfindung sei eine soziale Abfederung der älteren Beschäftigten, deren Altersteilzeit nicht unmittelbar in die Altersrente münde. Dieser Schutz sei bei dem Kläger aber nicht mehr notwendig, da er ja nahtlos in die Rente habe gehen können.

Der Prozessvertreter der Arbeitgeberin spitzte es sogar dahingehend zu, der Kläger „könne sich nicht die Rosinen herauspicken“.

Anmerkung: Rente mit 63 entlastet Arbeitgeber

Der Vorwurf der „Rosinenpickerei“ ist ein beliebtes Totschlagsargument auf Arbeitgeberseite. Der Arbeitnehmer soll gefälligst zufrieden sein, mit dem was er hat und nicht unverschämt werden – die übliche Stimmungsmache.

Tatsächlich wäre der Kläger in diesem Fall doppelt begünstigt, wenn er zum einen eine abschlagsfreie Rente und zum anderen eine Abfindung bekäme. Nur hat das eine mit dem anderen recht wenig zu tun: Einerseits handelt es sich um eine staatliche Erleichterung für besonders langjährig Beschäftigte, andererseits um eine Prämie des Arbeitgebers für ein frühzeitiges Ausscheiden.

Die Situation stellt sich im Ergebnis nun so dar, dass der Arbeitgeber eine eingeplante Abfindung spart. Dies war sicher nicht Ziel eines Gesetzes, dass es besonders langjährig Beschäftigten erlauben sollte, nach einem langen Arbeitsleben etwas früher in Rente gehen zu können.

Eine andere große Rentenreform, die Rente mit 67 Jahren, hat für viele Altersteilzeitbeschäftigte zu großen Folgeproblemen geführt. Da sie auf die bestehende Regelung vertraut hatten, hat sich für viele eine überraschend Lücke aufgetan, mit der niemand gerechnet hatte.

Wer sich dann arbeitslos meldete, bekam noch eine Sperrzeit von der Arbeitsagentur, weil das Arbeitsverhältnis ja freiwillig aufgegeben worden war. Es wäre nur ein Stück ausgleichende Gerechtigkeit, wenn in diesem Fall die Arbeitnehmer auch profitieren würden.

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