Die Erblasserin stand in einem Arbeitsverhältnis zu der Beklagten und hatte im Zeitpunkt ihres Todes noch einen Erholungsurlaubsanspruch von 33 Tagen.
Ihre Erben forderten von der Beklagten die Abgeltung dieses Urlaubsanspruchs.
Arbeitsgericht verweist auf Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs - Klage stattgegeben!
Mindesturlaubsgesetz für Arbeitnehmer (Bundesurlaubsgesetz)
§ 7 Zeitpunkt, Übertragbarkeit und Abgeltung des Urlaubs
(1) Bei der zeitlichen Festlegung des Urlaubs sind die Urlaubswünsche des Arbeitnehmers zu berücksichtigen, es sei denn, daß ihrer Berücksichtigung dringende betriebliche Belange oder Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer, die unter sozialen Gesichtspunkten den Vorrang verdienen, entgegenstehen. Der Urlaub ist zu gewähren, wenn der Arbeitnehmer dies im Anschluß an eine Maßnahme der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation verlangt.
(2) Der Urlaub ist zusammenhängend zu gewähren, es sei denn, daß dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe eine Teilung des Urlaubs erforderlich machen. Kann der Urlaub aus diesen Gründen nicht zusammenhängend gewährt werden, und hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Urlaub von mehr als zwölf Werktagen, so muß einer der Urlaubsteile mindestens zwölf aufeinanderfolgende Werktage umfassen.
(3) Der Urlaub muß im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden. Eine Übertragung des Urlaubs auf das nächste Kalenderjahr ist nur statthaft, wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen. Im Fall der Übertragung muß der Urlaub in den ersten drei Monaten des folgenden Kalenderjahrs gewährt und genommen werden. Auf Verlangen des Arbeitnehmers ist ein nach § 5 Abs. 1 Buchstabe a entstehender Teilurlaub jedoch auf das nächste Kalenderjahr zu übertragen.
(4) Kann der Urlaub wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden, so ist er abzugelten.
Das Arbeitsgericht hat der Klage entsprochen. Der Abgeltungsanspruch, so die Richtern*innen der 56.Kammer des Berlin Arbeitsgerichts, ergebe sich aus dem Bundesurlaubsgesetz (BurlG). Hiernach sei der Urlaub abzugelten, wenn er wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden könne.
Diese Voraussetzungen seien bei dem Tod des Arbeitnehmers gegeben. Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG), die darauf abstelle, dass mit dem Tod die höchstpersönliche Leistungspflicht des Arbeitnehmers und damit auch ein (abzugeltender) Urlaubsanspruch erlösche, sei im Licht der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) - Urteil vom 12. Juni 2014 – C-118/13 - nicht mehr haltbar. Dies ergebe ich aus Artikel 7 Abs. 2 der Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 04. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung.
Anmerkung:
Endlich hat sich mal ein Arbeitsgericht daran gemacht, die bisherige Rechtsprechung auf den Prüfstand zu stellen. Das BAG hat über viele Jahre die Auffassung vertreten, wonach bestehende Urlaubsansprüche eines verstorbenen Arbeitnehmers mit dessen Tod ersatzlos untergehen. Den Weg hierzu hat der EuGH mit seinem Urteil vom 12.06.2014 geebnet, auf welches die Berliner Richter*innen Bezug genommen haben.
Der EuGH hat in seiner vorgenannten Entscheidung klargestellt, dass der ersatzlose Untergang des Anspruchs auf Urlaubsabgeltung im Todesfall gegen das Europarecht verstößt. Verstirbt ein Arbeitnehmer, so der EuGH, und steht ihm zum Zeitpunkt des Todes noch Resturlaub zu, so können dessen Erben vom Arbeitgeber Urlaubsabgeltung verlangen.
Gegen das Urteil des Berliner Arbeitsgerichts wurde die Berufung zum Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg zugelassen. Es bleibt nun abzuwarten, ob die Beklagte hiervon Gebrauch macht.
Nachdem der EuGH der deutschen Arbeitsgerichtsbarkeit den Weg aufzeigte in welcher Weise Resturlaubsansprüche Verstorbener zu behandeln sind, sollte es verwundern, wenn der Berufung stattgeben würde. Über den weiteren Verlauf werden wir berichten.