Der gesetzliche Urlaubsanspruch entfällt auch dann nicht, wenn er wegen unbezahlten Sonderurlaubs bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses nicht mehr genommen werden konnte. Dies stellt das Bundesarbeitsgericht in einer aktuellen Entscheidung nun ausdrücklich fest und korrigiert damit die erstinstanzliche Entscheidung.

 

Geklagt hatte eine Krankenschwester. Sie war bei der beklagten Universitätsklinik seit August 2002 als beschäftigt. Vom 1. Januar 2011 bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit Ablauf des 30. September 2011 hatte sie unbezahlten Sonderurlaub und verlangte danach erfolglos von der Beklagten die Abgeltung von 15 Urlaubstagen aus dem Jahr 2011. Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen, das Landesarbeitsgericht hat ihr stattgegeben. Die Revision der Beklagten hatte vor dem Neunten Senat des Bundesarbeitsgerichts keinen Erfolg.

 

Dabei ließ sich der Senat von folgenden Überlegungen leiten: Nach dem Bundesurlaubsgesetz hat jeder Arbeitnehmer in jedem Kalenderjahr Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub (§ 1 BurlG). Hierbei handelt es sich um eine unabdingbare Vorschrift (§ 13 Abs. 1 Satz 1 und Satz 3 BurlG). 

 

Voraussetzungen für die Entstehung des gesetzlichen Urlaubsanspruchs sind der rechtliche Bestand des Arbeitsverhältnisses und die einmalige Erfüllung der Wartezeit. Eine Kürzung des gesetzlichen Urlaubsanspruchs für den Fall des Ruhens des Arbeitsverhältnisses sieht das BUrlG nicht vor. Es existieren jedoch spezialgesetzliche Regelungen für den Arbeitgeber die Möglichkeit der Kürzung des Urlaubs bei Elternzeit (§ 17 Abs. 1 Satz 1 BEEG) oder Wehrdienst (§ 4 Abs. 1 Satz 1 ArbPlSchG) vor. Eine Kürzungsregelung beim Ruhen des Arbeitsverhältnisses während einer Pflegezeit (§§ 3, 4 PflegeZG) findet sich dagegen nicht. 

 

Wird zwischen den Arbeitsvertragsparteien das Ruhen des Arbeitsverhältnisses vereinbart, führt dies nicht zur Minderung des gesetzlichen Urlaubsanspruchs noch ist der Arbeitgeber zur Kürzung des gesetzlichen Urlaubs berechtigt.

 

Der von den Parteien vereinbarte Sonderurlaub stand also dem Entstehen des gesetzlichen Urlaubsanspruchs zu Beginn des Kalenderjahres 2011 nicht entgegen. Er berechtigte die Beklagte auch nicht zur Kürzung des gesetzlichen Urlaubs. Die Klägerin behält damit ihren Anspruch auf Erholungsurlaub, nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses muss er ausgezahlt werden.

Anmerkung:

Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes ist zu begrüßen. Rechtlich ist es konsequent und führt die Rechtsprechung fort, nach der Erholungsurlaub miterarbeitetes Entgelt ist. Ebenso wie bei Krankheit entfällt der Anspruch nicht dadurch, dass der Arbeitnehmer tatsächlich nicht gearbeitet hat. Die Entscheidung ist auch interessengerecht, weil die Klägerin hier für den Freistellungszeitraum kein Entgelt erhalten hat.

 

Als Arbeitnehmer muss man jedoch aufpassen, dass man von dem Geldsegen auch etwas hat. Sollte im vorliegenden Fall die Klägerin nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses arbeitslos geworden sein, so wird das Arbeitsamt ein Ruhen des ALG I Anspruchs für den Urlaubszeitraum verhängen (§ 157 SGB III). Es empfiehlt sich daher, bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine entgeltliche Freistellung unter Einbringung von Urlaubszeit und Überstunden zu vereinbaren. Ansonsten heißt es schnell: „Wie gewonnen, so zerronnen“.

 

Interessant ist weiterhin, dass das Bundesarbeitsgericht auf eine Regelungslücke hinweist, indem es das darauf hinweist, dass – anders als bei der Elternzeit - Eine Kürzungsregelung während einer Pflegezeit (§§ 3, 4 PflegeZG) nicht besteht. Es entsteht der Eindruck, das Gericht weise hier auf eine Regelungslücke hin, die es selbst nicht zu schließen gedenkt. Ähnlich wie beim Urteil zur Leiharbeit spielt das Gericht den Ball in die Hälfte des Gesetzgebers, es bleibt abzuwarten, wie dieser reagiert.

Hans-Martin Wischnath - Online-Redakteur, Frankfurt am Main

§ 157 SGB III -Ruhen des Anspruchs bei Arbeitsentgelt und Urlaubsabgeltung

Rechtliche Grundlagen

§ 157 SGB III - Ruhen des Anspruchs bei Arbeitsentgelt und Urlaubsabgeltung

Drittes Buch Sozialgesetzbuch - Arbeitsförderung -
Viertes Kapitel - Arbeitslosengeld und Insolvenzgeld (§§ 136 - 175) Erster Abschnitt - Arbeitslosengeld (§§ 136 - 164)
Fünfter Unterabschnitt - Minderung des Arbeitslosengeldes,
Zusammentreffen des Anspruchs mit sonstigem Einkommen und Ruhen des Anspruchs (§§ 155 - 160)
§ 157
Ruhen des Anspruchs bei Arbeitsentgelt und Urlaubsabgeltung
(1) Der Anspruch auf Arbeitslosengeld ruht während der Zeit, für die die oder der Arbeitslose Arbeitsentgelt erhält oder zu beanspruchen hat.
(2) Hat die oder der Arbeitslose wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Urlaubsabgeltung erhalten oder zu beanspruchen, so ruht der Anspruch auf Arbeitslosengeld für die Zeit des abgegoltenen Urlaubs. Der Ruhenszeitraum beginnt mit dem Ende des die Urlaubsabgeltung begründenden Arbeitsverhältnisses.
(3) Soweit die oder der Arbeitslose die in den Absätzen 1 und 2 genannten Leistungen (Arbeitsentgelt im Sinne des § 115 des Zehnten Buches) tatsächlich nicht erhält, wird das Arbeitslosengeld auch für die Zeit geleistet, in der der Anspruch auf Arbeitslosengeld ruht. Hat der Arbeitgeber die in den Absätzen 1 und 2 genannten Leistungen trotz des Rechtsübergangs mit befreiender Wirkung an die Arbeitslose, den Arbeitslosen oder an eine dritte Person gezahlt, hat die Bezieherin oder der Bezieher des Arbeitslosengeldes dieses insoweit zu erstatten.