Eine Sperrzeit dauert drei Wochen, wenn Arbeitslose eine angebotene Arbeit ablehnen. Dasselbe gilt, wenn sie eine berufliche Eingliederungsmaße ablehnen oder abbrechen. Im Falle eines weiteren versicherungswidrigen Verhaltens dieser Art erhöht sich die Sperrzeit auf sechs Wochen. Kommt noch einmal ein Fehlverhalten vor, wächst die Sperrzeit auf zwölf Wochen.
Drei Vermittlungsvorschläge an zwei Tagen
In dem Fall, über den das Bundessozialgericht (BSG) zu entscheiden hatte, unterbreitete die Agentur für Arbeit Sachsen einem arbeitslosen Beikoch innerhalb eines kurzen Zeitraums drei Beschäftigungsangebote. Dabei erfolgten die beiden ersten Jobangebote gleichzeitig und das dritte am nächsten Tag.
Nur das dritte Angebot war in Meißen und damit in Sachsen, die anderen beiden Stellen waren im Schwarzwald und in Bayern. Der in Radebeul lebende Mann bewarb sich auf keine der Stellen. Er holte die Bewerbungen einige Wochen später telefonisch nach, nachdem die Arbeitsagentur ihn zu den Vermittlungsvorschlägen befragt hatte.
Arbeitsagentur verhängt drei Sperrzeiten
Die Agentur für Arbeit sanktionierte den Mann daraufhin mit einer dreiwöchigen, einer sechswöchigen und einer zwölfwöchigen Sperrzeit.
Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein und erhob später Klage beim Sozialgericht Dresden. Es sei unverhältnismäßig, wenn er gleich eine so lange Sperre bekomme. Vor Eintritt einer weiteren Sperrzeit von sechs oder zwölf Wochen müsse zunächst die erste dreiwöchige Sperrzeit zum Tragen kommen. Anderenfalls sei die erforderliche Warnfunktion nicht erfüllt.
Dieser Argumentation schloss sich das Sozialgericht Dresden nicht an. Eine nochmalige Warnung zu den Folgen von wiederholten Pflichtverstößen durch Bescheid oder sonstige Hinweise sei weder gesetzlich vorgeschrieben noch aus Verhältnismäßigkeitsgründen notwendig.
Vermittlungsvorschläge als einheitlicher Vorgang
Das sächsische Landessozialgericht wie auch das Bundessozialgericht werteten den Fall anders. Zu Unrecht habe die Beklagte eine sechs- bzw. zwölfwöchige Sperrzeit verhängt.
Die dem Kläger unterbreiteten Vermittlungsvorschläge seien als einheitlicher Vorgang anzusehen. Dafür spreche der enge zeitliche Zusammenhang. Bei mehreren Beschäftigungsangeboten, auf die die arbeitslose Person gleichzeitig reagieren muss, sei von einem einheitlich zu betrachtenden Lebenssachverhalt auszugehen.
Ein einziges versicherungswidriges Verhalten ist nicht mehrfach zu sanktionieren
Da die drei Jobangebote einheitlich zu werten seien, könne das Verhalten des Klägers auch nur zu einer einzigen Sperrzeit führen, so das BSG weiter. Denn der Arbeitslose sei nur in der Lage, ein Arbeitsangebot anzunehmen. Das BSG sieht dabei, dass der Arbeitslosen in Fällen mehrerer Arbeitsangebote eine Gesamtwürdigung vornehmen muss. Er muss die verschiedenen Angebote prüfen, auch im Hinblick auf Pendelzeiten, einen notwendigen Umzug oder die Verdienstmöglichkeiten. Dann muss er entscheiden, in welcher Form er mit welchem Arbeitgeber Kontakt aufnimmt.
Bewirbt sich der Arbeitslose in einer solchen Situation gar nicht, sei dies nach allgemeiner Lebensanschauung auch als eine einheitliche Verhaltensweise zu werten. Ist diese als versicherungswidrig zu beurteilen, könne auch nur eine Sperrzeit bei Arbeitsablehnung eintreten.
Längere Prüf- und Bedenkzeit bei Stellen außerhalb des Pendelbereichs
Eine Besonderheit sieht das BSG in diesem Fall: Die ersten beiden Angebote lagen außerhalb des Pendelbereichs und hätten einen Umzug erforderlich gemacht. Schon deshalb sei dem Kläger eine etwas längere Prüf- und Bedenkzeit einzuräumen. Jedenfalls unter diesen besonderen Umständen, so das BSG, war die Prüf- und Bedenkzeit des Klägers noch nicht abgelaufen, als er am Folgetag das weitere Arbeitsangebot erhalten hat.
LINKS:
Das Urteil vom BSG liegt noch nicht vor. Die Pressemitteilung ist hier nachzulesen.
In welchen Fällen Sperrzeiten beim Arbeitslosengeld in Frage kommen, können Sie hier lesen.
Sperrzeiten bei dem Bezug von Arbeitslosengeld
Und hier noch ein interessanter Fall: Keine Sperrzeit bei Umzug zum Lebensgefährten
Das sagen wir dazu:
Ein gutes Ergebnis, auf das der Kläger außergewöhnlich lange warten musste. Die Sperrzeiten stammen aus dem Jahr 2011!
Es ist richtig, die unterbreiteten Vermittlungsvorschläge als einheitlichen Vorgang anzusehen, der nur zu einer einzigen Sperrzeit führen kann. Die Wertung des BSG ist dabei lebensnah. Denn es stellt darauf ab, dass der Arbeitslose nur ein Arbeitsangebot annehmen kann und die Ablehnung auch nur eine einheitlich motivierte Handlung ist.
Längere Bedenkzeit bei Jobangeboten außerhalb des Pendelbereichs
Wie immer hat das BSG aber über einen Einzelfall entschieden. Zu einem anderen Ergebnis könnte man vielleicht schon kommen, wenn alle angebotenen Jobs am Wohnort des Klägers gewesen wären. Denn das BSG spricht dem Kläger eine längere Bedenkzeit zu, da zwei der Jobangebote nicht in Sachsen, sondern in Bayern und im Schwarzwald waren.
Diese Argumentation könnte im Umkehrschluss bedeuten, dass bei ortsnahen Angeboten ohne längere Bedenkzeit das Jobangebot am Folgetag nicht einheitlich mit den ersten beiden Vermittlungsvorschlägen zu sehen wäre. Dann wäre von zwei Pflichtverstößen und zweifacher Sanktion auszugehen.
Nicht geklärt ist mit dem Urteil, ob die Rechtmäßigkeit einer sogenannten zweiten oder dritten Sperrzeit voraussetzt, dass zuvor ein Bescheid über eine erste Sperrzeit ergangen ist. Darauf kam es dem BSG nicht mehr an.
Das sagen wir dazu