Das Sozialgericht (SG) Dortmund gewährte dem streitbaren Interessenvertreter von Langzeitarbeitslosen Eilrechtsschutz. In seiner Entscheidung vom 09.11.2017 ordnete das SG die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen die Hausverbotsverfügung des Jobcenters aus Juni 2017 an.
Kein Hausverbot bei einmaligen Verstoß gegen Lichtbildaufnahmeverbot
Zwar habe der Antragsteller in der Wartezone des Jobcenters ein Foto von einem Vordruck der Behörde gemacht, der seines Erachtens datenschutzrechtlich zu beanstanden sein ist.
Hierbei handele sich um einen einmaligen Verstoß gegen das allgemeine Verbot von Lichtbildaufnahmen in den Räumen des Jobcenters. Dies aber stelle, so das SG, keine massive oder nachteilige Störung des Geschäftsbetriebes dar.
Das Hausverbot sei somit übermäßig. Hier reiche schon die Androhung eines Hausverbots aus, um weitere Verstöße gegen das Lichtbildverbot zu verhindern.
Unverhältnismäßige Dauer des Hausverbots
Überdies sei die Dauer des Hausverbots bis zum 31.12.2018 unverhältnismäßig lang. Da es sich um eine einmalige Störung des Dienstbetriebes handelte sei es nicht notwendig, den Antragsteller für mehr als 18 Monate von einer Tätigkeit als Beistand von Leistungsbeziehern auszuschließen.
Das sagen wir dazu:
Aktiver Beistand von Leistungsbeziehern „auf frischer Tat ertappt“
Zur Durchsetzung effizienten Sozialdatenschutzes erschien es dem Beistand von Leistungsbeziehern erforderlich, die vorsätzlichen Rechtsverstöße des Jobcenters Märkischer Kreis, bestmöglich zu dokumentieren und der Bundesbeauftragten für Datenschutz (BfDI) zur Kenntnis zu bringen. Dazu machte er am 16.06.2017 ein Beweisfoto, dass er an die BfDI sandte, verbunden mit der Bitte, dem Sozialdatenmissbrauch ein Ende zu machen.
Eine offenkundig übereifrige Jobcentermitarbeiterin ertappte den Beistand mit einem Handy in der Hand in den Räumen des Jobcenters und sah sich veranlasst, diesen ungeheuren Vorfall der Geschäftsführung zu melden.
Zum Schutz der Mitarbeiter*innen und Kunden*innen 18 monatiges Hausverbot verhängt
Offenkundig ging man im Jobcenter Märkischer Kreis davon aus, dass Gefahr im Verzug besteht. Die Geschäftsführung (http://jobcenter-mk.de/site/geschaeftsfuehrung/) sah sich zu schnellem Handeln veranlasst.
Der stellvertretende Jobcenter-Geschäftsführer (GF) des Jobcenters verhängte gegen den Beistand ein 18 monatiges Hausverbot. Es hätte Sinn gemacht, vor Abfassung des Hausverbots, sich über Sinn oder Unsinn eines solchen Verbots Gedanken zu machen. Hier ein Auszug aus dem Schreiben an den Beistand:
„Ich gehe davon aus, dass Sie wissentlich gegen die Hausordnung des Jobcenters Märkischer Kreis verstoßen haben.
Ich fordere Sie auf, die unerlaubt im Jobcenter aufgenommenen Fotos sofort zu löschen und eine Veröffentlichung zu unterlassen. Bei einem Verstoß dagegen, werde ich Schadensersatzansprüche prüfen lassen.“
Sowohl zum Schutze meiner Mitarbeiter(innen) als auch der Kunden(innen) spreche ich Ihnen daher hiermit ein Hausverbot für die Dienststellen des Jobcenters Märkischer Kreis aus.
Das Hausverbot gilt ab sofort bis einschließlich 31.12.2018. Ein weniger als 18 Monate
andauerndes Hausverbot wäre zwar im Vergleich zu dem 18-monatigen Hausverbot milder, aber nicht unbedingt gleich geeignet, um den Schutz meiner Mitarbeiter{innen) und den ungestörten Dienstbetrieb zu gewährleisten. Bei der Entscheidung habe ich pflichtgemäßes Ermessen ausgeübt und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit unter Berücksichtigung Ihres oben beschriebenen Verhaltens beachtet.“
Überzogene Reaktion wirft Fragen hinsichtlich der Geeignetheit des stv. GF auf
Wenn man diese Zeilen liest, muss man sich fragen, ob der stellvertretende Geschäftsführer des Jobcenters Märkischer Kreis tatsächlich eine Funktion innehat, derer er gerecht wird.
Es ist schon erstaunlich, wenn er den interessierten Leser wissen lässt, dass er bei seinem völlig überzogenen Hausverbot „pflichtgemäßes Ermessen ausgeübt und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachtet“ haben will. Seine Reaktion lässt vielmehr die Vermutung aufkommen, dass ihm offenkundig nicht bekannt ist, was unter „pflichtgemäßen Ermessen“ und dem „Grundsatz der Verhältnismäßigkeit“ zu verstehen ist.
Das Ermessen scheint, wie bei manch anderer Sozialbehörde, auch in dieser Sache nur in Form eines Textbausteins vorhanden zu sein.
Es ist zu hoffen, dass der stv. GF die Entscheidung des SG Dortmund mit der gebotenen Ruhe liest und diese auch versteht. Sollte ihm dies gelingen, dann ist zu hoffen, dass er zukünftig von solchen „Schnellschüssen“ Abstand nimmt wie dies in der Sache des aktiven Interessenvertreters von Leistungsbeziehern der Fall war.
Das sagen wir dazu